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Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 08 Jun 2018, 21:17
von Shayaria
Vademecum
von
Shayaria Askirsdottir


Meine Reise mit Asleif Phileasson


Prolog
Geneigter Leser, mein Name ist Shayaria Askirsdottir, geboren im Jahre 978 BF im wunderschönen Olport. Dies hier schildert meine abenteuerliche Reise mit einer tollkühnen Mannschaft von Gefährten, die ich heute Freunde nenne. Manch einer von ihnen hat mir mehr als einmal den Hintern gerettet – so wie ich ihnen. Aber ich will nicht zu viel vornweg nehmen.

So viel sei gesagt:
Ich selbst stamme aus einer recht jungen Ottajasko. Mein Vater ist Hetmann und selbst Abenteurer, während meine Mutter Zauberweberin der in Olport lebenden Firnelfen ist. Für mich stand nie außer Frage, dass ich Skalde werden würde und eines Tages wohl auch einer der bekanntesten meiner Zunft in ganz Thorwal. Hinzu habe ich auch den Abschluss als Schiffsmagier an der Runajasko gemacht, zunächst um meinen Vater nicht zu enttäuschen. Inzwischen aber verfolge ich ebenso als Elementarist reichlich ehrgeizige Ziele wie meine Aufzeichnungen offenbaren werden.

Noch ein Wort vornweg:
Leider habe ich erst spät angefangen, sehr genaue Aufzeichnungen anzulegen, sah unsere Fahrt doch zunächst nach einem gewöhnlichen, wenn auch sehr großen, Abenteuer aus. Meine Freunde Milene und Ilcaryon haben mir geholfen, auch vom Beginn unseres Erlebten genaue Niederschriften vorzunehmen, in deren Genuss ihr nun kommt. An dieser Stelle sei ihnen dafür gedankt.
Sollte euch interessieren, wer die Abenteurer und Freunde im Folgenden sind, so findet ihr im Anhang einige genauere Erläuterungen zu ihnen. Und sollte euch das Gelesene einmal gar zu fantastisch erscheinen, so erinnert euch, dass es für mich keinen Grund gibt, ein Märchen zu erzählen. Das hier ist meine Geschichte.

Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 08 Jun 2018, 21:22
von Shayaria
~ Mut zur Lücke ~

Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 08 Jun 2018, 21:23
von Shayaria
Eintrag vom 13. Phex 1008 BF
Es hat eine Weile gedauert, zu verarbeiten und in Worte zu fassen, was in den letzten Tagen passiert ist, sodass ich es hier niederschreiben kann. Noch immer fühlt sich alles merkwürdig fremd an, so als wäre es nur ein übler Witz aber nicht wirklich passiert – ist das so, wenn man etwas nicht glauben kann oder will?
Am 28. Tsa tauchte eine Gruppe von Chirakas im Dorf auf. Sie sprachen davon, dass ihre Jäger verschwinden würden und von der Jagd nicht zurückkehrten. Die eigene Suche nach ihnen habe nur zu dem Ergebnis geführt, dass sie wie von Dere verschluckt wären und so baten sie uns um Hilfe. Asleif, Raluf und Eigor waren so weit fertig mit dem Aufbau von Brokscal, dass auch sie sich neben den üblichen Landstreichern (Ilcaryon, Milene, Chalomir, Horatio und mir) sowie auch Ramon der Expedition anschlossen. Die Chiraka führten uns fünf Tage durch den Dschungel ihrer Jagdgebiete bis wir eine erste Spur fanden – einen herrenlosen Köcher an einen Baum gelehnt. Doch die Spurensuche blieb wie zu erwarten erfolglos, zumindest bis auf einen abgebrochenen Ast in einiger Höhe, sodass mir eine üble Idee kam. Ich informierte die anderen über meine Vermutung: Was wenn der Angreifer aus der Luft kam? Und tatsächlich fanden wir im Geäst eine Tasche, die wir den vermissten Mohas zuordnen konnten, sodass recht gewiss wurde, dass die Jäger von Flugechsen entführt worden waren. Mit dieser Erkenntnis machten wir uns auf den Rückweg nach Brokscal, mit dem Plan, die Echsen im Norden, am Loch Harodrol, aufzusuchen und ggf. zur Rede zu stellen.
Als wir am 8. Phex gegen Mittag dann aber Brokscal erreichten, bot sich uns ein Bild, auf das wir nicht im Ansatz gefasst waren. Schon von Weitem wirkte der Ort befremdlich, sodass ich eine Weiße Mähn rief, um einem aufkommenden, beklemmenden Gefühl nachzukommen und die letzte Strecke mit Asleif zusammen in fliegendem Galopp zu überwinden. Ilcaryon hatte wohl eine ähnlich ungute Vorahnung, sodass er selbiges tat ohne dass wir ein Wort hätten sprechen müssen. Und tatsächlich lag das Tor in Schutt. Stattdessen war eine Presche geschlagen, die wir wie in Trance durchquerten. Vor uns rannten die Tiere, Kühe, Schweine, Ziegen und Enten wild durcheinander aber von ihren Hirten war keiner zu sehen. Auch auf unser Rufen antwortete niemand. So fanden wir den Weg zum Travia-Tempel und dort trieb es nicht nur mir die Tränen in die Augen: abgebrannt, nur mehr Schutt und Asche war er. Davor jedoch lag ein Körper leblos am Boden – jemand, den wir gut kannten. In Händen hielt er seine Skraja und an der Wand neben ihm lehnte noch immer seine Laute: Ohm. Meine Knie gaben nach als meine Augen ungewollt seinen Körper nach Wunden absuchten. So hockte ich eine Weile bei ihm, während andere ihre Wut und Trauer, ihr Entsetzen anders zum Ausdruck brachten oder weiter nach Anzeichen Überlebender oder Spuren dessen, was hier passiert war, suchten.
Es war Asleif, der schließlich begann, in den Trümmern des Tempels nach einem Hinweis auf Schwester Shaya zu suchen – wohl um sich zu vergewissern, dass sie nicht getötet worden war. Und nach und nach rafften wir uns auf, ihm zu helfen. Was wir in den Trümmern fanden jedoch hatten wir nicht erwartet: Es war eine tönerne Tafel, die mich zugegeben sehr an jene in Khunchom damals erinnerte. Die Inschrift war ein wenig schwerer zu lesen.

Die Zeit der blutigen Schwerter
ist angebrochen.
Doch vergeht euch nicht an etwas
dessen Macht ihr nicht abschaetzen koennt.

Es ist nur einer
den ihr besiegen muesst.

Manchmal muss man sich mit dem Boesen
verbuenden um das Boese zu besiegen.

Handelt im Sinne des goettlichen Phex
und ihr werdet vielleicht wiederkehren.


Was immer das bedeuten sollte. Zunächst aber hatten wir nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn jemand rief plötzlich nach uns und als wir suchten, fanden wir Mansour, den beinlosen Veteran, nebst Abdallah, dem Waisenkind, in einem Palisadenturm. Es tat gut, nach dieser Zerstörung und diesem Schmerz jemanden zu sehen, der wohlauf war und der uns berichten konnte, was hier vorgefallen war: Mansour sprach von einer Armee der Echsen die schon zwei Tage nachdem wir aufgebrochen waren hierher kam. Mit Donnerechsen hatten sie ohne Mühe das Tor niedergerissen und die geringe Gegenwehr zerschlagen, die sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Ausnahmslos jeden – bis auf die drei Leichen und Mansour, der sich mit Abdalla ihm Turm versteckt hatte – hatten sie mitgenommen. In uns keimte sofort die Hoffnung, dass unsere Gefährten noch am Leben waren und der Plan, sie zu verfolgen, musste nicht ausgesprochen werden. Dennoch saß der Schock tief und ob der Prophezeiung wussten wir, dass es hart werden würde. Doch zunächst nahmen wir uns die Zeit, Ohm und die anderen beiden Toten auf dem Boronsanger beizusetzen. Der Abschied war mehr ein Versprechen auf Rache denn alles andere – dazu war heute und hier vermutlich keiner in der Lage. Und so begannen Milene und Ramon nach einer kurzen Besprechung damit, Heiltränke zu brauen, während andere die frei herumlaufenden Tiere einfingen. Wir bereiteten uns auf die Verfolgung vor. Und auch die Chiraka, mit denen wir bis hierher unterwegs gewesen waren, wollten uns weiter begleiten. Sie brachen aber zunächst auf den Weg in ihr Dorf auf, um zu berichten, was wir herausgefunden hatten und was in Brokscal passiert war. Sie wollten uns später auf der Strecke wieder einholen – immer der Spur der Echsen und ihrer etwa dreihundert Gefangenen nach.
Noch am Morgen rief ich den Humus-Dschinn herbei, der mir bei den Obstbäumen zur Hand gegangen war, damit er nun einen Mond lang ein Auge auf Mansour und Abdallah haben würde. Dann machten wir uns auf den Weg, schweigsam, in Trauer aber auch mit etwas Hoffnung im Gepäck.
Am Abend des 10. Phex holten uns tatsächlich drei Dutzend Chiraka ein, wohl ebenso in der Absicht, ihre Stammesbrüder nicht kampflos aufzugeben. Unser weiterer Weg führte uns zuerst noch nach Südosten, dann weiter nach Süden. Etwa gegen Mittag des 12. Phex erreichten wir eine Lichtung etwas abseits unserer Spur, auf die uns die Chirakaspäher aufmerksam gemacht hatten. Dort lagen, den wilden Tieren, Sonne und Regen unseren Schätzungen nach bereits seit über einer Woche ausgeliefert, zwanzig tote Männer und Frauen, Söldner, erschlagen aus der Luft wie der Achaz, den Horatio bei den Echsen am Loch Harodrol gefunden hatte. Als wir sie mit einiger Überwindung durchsuchten, fanden wir ein blutverschmiertes aber noch lesbares Soldbuch. Dort hatten diese Menschen ihre Aufträge vermerkt, so auch den letzten, den allerdings kein Auftraggeber unterzeichnet hatte: Sie sollten am Knüppeldamm zu einem bestimmten Tag einen relativ detailliert beschriebenen Achaz töten und dafür 120 Dukaten erhalten. Weiterhin war, wenn auch kein Name im Buch steht, sehr genau beschrieben, was für einen Armschmuck der Auftraggeber, ein Achaz, trage: einen etwa einen Spann langen, goldenen Armreif der einen Schlinger zeige und mit Rubinen verziert ist. Dazu fanden sich bei den Söldnern die 60 Dukaten Anzahlung. So langsam ergab sich für uns an dieser Stelle das Bild, dass es hier ein Achaz auf den Krieg der Echsen mit den Menschen abgesehen haben könnte.
Und um den zu verhindern schlug ich Milene und den anderen vor, uns zwei Flugechsen zu rufen und so einen Umweg über das Achazdorf am Knüppeldamm zu machen, um mit den Echsen dort so schnell wie möglich unsere Erkenntnisse zu teilen. Seit wir von Port Corad zurückgekommen waren wussten wir ja, dass die Achaz den Knüppeldamm für Warmblüter gesperrt hatten und es war nur eine Frage der Zeit, wann diese Sperrung zu Kampf und damit zu weiteren Toten führen würde, wenn das nicht bereits geschehen war. Tatsächlich dauerte es auch nur etwa zwei Stundengläser um die Strecke auf Flugechsen zurückzulegen, was für mich ein unglaubliches Erlebnis war. Für eine Weile konnte ich so meiner Trauer und Wut entkommen und staunen, wie klein die Welt von oben aus wirkte.
Aber obschon wir es schafften, im Dorf mit jemandem vom Ältestenrat zu sprechen, konnten sie uns wenig weiter helfen, sondern verwiesen uns darauf, dass die wichtigen Entscheidungen und so auch die Sperrung des Knüppeldamms Sache der Priester in H’Rezxem seien. Und nachdem Milene annahm, dass wir uns ohnehin auf den Weg dorthin befanden, verabschiedeten wie uns höflich, um zurück zu den anderen zu gelangen.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass Milene nicht begeistert von dieser Art des Reises war, vor allem da sie ihre Flugechse noch weit höher lenkte als ich meine. Hätte ich geahnt, dass das nur einen Grund hatte, nämlich dass sie einen Paralü sprechen wollten konnte für den Fall dass sie abstürzte, nun, ich hätte mir vermutlich ein bisschen weniger Sorgen gemacht. Auf dem Rückweg fiel sie tatsächlich von ihrer Flugechse, war aber - dank des Üaralü den sie auf sich im Fall wirkte - zum Großteil unversehrt, als ich sie endlich im Dschungel auf einem Baum wiederfand. Ich weiß nicht, ob ich im freien Fall die Courage hätte, einen solchen Zauber zu wirken statt nur panisch zu kreischen. Hoffentlich muss ich das nie herausfinden. Wir entschieden uns, die Nacht abzuwarten, und ich ließ Milene schlafen, ehe wir die anderen am nächsten Tag erneut auf Flugechsen wieder einholten.


Eintrag vom 14. Phex 1008 BF
Noch am Morgen kamen wir an die Baumgrenze des Dschungels und vormittags führte die Spur, der wir folgen, uns zu einem Anstieg, einer Treppe auf einen Berg hinauf. Unten stand ein Altar mit einer Eidechse, die sich häutet verziert. Darauf lagen Blumen, also haben wir ebenso Blumen dargebracht. Wie sich herausstellte war das allerdings nur der erste von insgesamt acht Altären auf dem langen Weg nach oben. Ich kann nur vermuten, dass es sich dabei um die Götzen der Echsen hält: Der Eidechse und vielen (1664) Stufen, auf denen uns Warnungen entgegen geflüstert (?) wurden folgte ein Altar mit einer Schildkröte, auf dem Flussmuscheln dargebracht waren. Sich schier endlos ziehenden Stufen (832), auf denen Rowena fast aufgegeben hätte, folgte ein Schlangenaltar in Form eines Beckens an dem Smaragde und Obsidiansplitter geopfert wurden. Nach (416) weiten Stufen, auf denen u.a. Horatio in Panik verfiel, konnten wir allerdings nicht hinnehmen, was wir dort abgebildet vorfanden: eine Seeschlange im Begriff einen Wal zu verschlingen an dem auch noch Delphinflossen niedergelegt waren. Kurz entschlossen zerschlugen Raluf, Eigor und ich wuterfüllt diese Gotteslästerei, auch wenn es im Nachhinein nicht schlau gewesen sein mag, sich mit solchen Mächten anzulegen. Auch Horatio überkamen hier solch abscheuliche Gedanken, Bilder und Gefühle, dass er zurück, die Treppe wieder hinab floh und nur mit Mühe zurück hinauf geholt werden konnte. Nach weiteren (208) Stufen fanden wir eine Kröte auf einem Ei an der Vermutlich Echsenblut geopfert wurde, die so eine Angst in einigen von uns schürte, dass beispielsweise Ramon sogar (und nur) um den Altar herum kletterte, um nicht daran vorbeigehen zu müssen. Die Treppe erwies sich als überaus anstrengend aber wir erreichten nach (104) Stufen einen Altar einer verwitterten Geflügelten wo Vogelopfer lagen. Während die anderen sich noch hierher vorkämpften, ging einer der Mohas, Ho-iaya-yo („Geht voran“) weiter und es ist nur Horatios schnellem Eingreifen zu verdanken, dass er noch lebt, denn er wollte sich nur ein paar Schritte hinter dem Altar in die Tiefe stürzen. Als ich Horatio beistehen wollte aber wäre ich selbst beinah gesprungen, wenngleich ich mich nicht erinnern kann, was genau passiert ist oder wer mich davon abgehalten hat. Dies war der Punkt an dem Raluf und Eigor die Kletterhaken auspackten und ich mit einem Wolkenlauf voranging, um die Haken in den Fels zu schlagen. Kaum einer von uns ist diese Stufen (52) gelaufen, ich weiß nur von Milene. Oben erwartete uns ein geschmolzener Brocken, Steine, bei denen Milene Fackeln ablegte. Mithilfe eines Seiles ging Horatio ab hier voran, sodass wir ihm daran leichter folgten konnten, auch wenn wir ein schlechtes Gefühl dabei hatten. Als nächstes erwartete uns nach diesen (26) Stufen eine Höhle links in den Felsen getrieben. Dort stand, wie süßlicher Verwesungsgeruch ankündigte, ein Altar mit dolchlangen Zähnen. Daneben lagen die Leichen von 13 Mohas, auch unser Ynu. Man kann sich kaum vorstellen, welche Wut und Trauer aber auch welches Entsetzen uns ergriff. Es fiel mir schwer, mich zu beherrschen, doch standen noch weitere (13) abscheuliche Stufen vor uns, die wie Ilcaryon und Milene herausfanden, schreckliche Schmerzen bereiten. Hier entschieden alle, die letzte Strecke hinauf zu klettern, was allerdings aufgrund eines Überhanges zu einem schwierigen bis tödlichen Unterfangen wurde. Viele schafften es allein, obschon Horatio sich Schürfwunden zuzog. Vor allem Ramon, Istima Tonko („Hört im Schlaf den Schreivogel nicht“), Ho-iaya-yo und ich taten uns schwer, hier weiterzugehen. Als Istima Tonko das erste Mal abrutschte, landete er noch recht glücklich, sodass ich ihn versorgen konnte. Auch Ho-iaya-yo fiel in den Abgrund, weiter hinab. Also entschied ich mich zu meditieren, um Letzteren mit einem Applicatus Adlerschwinge wieder hinauf zu holen. Allerdings wollte Istima Tonko wohl nicht länger warten und wagte erneut den Aufstieg, der ihn das Leben kostete. Ramon schließlich war wohl der Tapferste von uns denn er wagte mit Hilfe von Heiltränken das Ersteigen ganzer acht dieser Stufen ehe Milene ihn mit Ilcaryons Motoricus-Handschuh hinauf levitierte. Völlig erschlagen, körperlich wie seelisch, standen wir auf einer kleinen Fläche, umgeben von gleißendem Sonnenlicht, das von poliertem Stein zurückgeworfen wurde, aber doch ohne genug Zeit um zu trauern. Im Tal sahen wir just eine Flugechse aufsteigen, vermutlich zu einem Erkundungsflug, Also eilten wir die sich hier anschließenden Stufen in ein weites Tal hinab, um dort Schutz unter dem Blätterdach zu suchen.


Eintrag vom 15. Pex 1008 BF
Ich fühle mich nicht wohl hier im Tal der Echsen und wenigstens Raluf und Eigor geht es ebenso. Mag sein, dass mein Magen ohnehin schon rebelliert, seit wir den Ohm leblos in Brokscal gefunden haben und mir der Appetit vergangen ist. Aber hier kann ich kaum schlafen, sondern werde stattdessen von Alpträumen geplagt. Vielleicht werde ich mit Rowena darüber sprechen.
Vorerst haben wir uns in eine Aushöhlung der das Tal umgebenden Felswand zurückgezogen, die uns vor neugierigen Blicken schützen sollte. Ilcaryon hat zunächst allein die Umgebung erkundet und herausgefunden, dass der Dschungel an einem Fluss zu enden scheint, von dessen Ufer aus er auf der anderen Seite Tempelgebäude der Echsen entdeckt hat. Nur eines steht auf der hiesigen Seite des Flusses, ebenso wie ein Observatorium ähnlich dem das wir nordwestlich von Brokscal im Dschungel gefunden hatten. Überraschend hat uns am Abend ein Achaz aufgesucht und in den nahen Tempel eingeladen, wofür er uns drei Kristalle brachte. Das Tempeloberhaupt wolle uns sprechen. Erstmal aber war ich viel zu verdutzt, dass unsere Anwesenheit hier so rasch bemerkt worden war. Dennoch machten Milene, Asleif und ich uns gestern (15. Phex) auf in den Tempel. Die Kristalle in Händen wurden wir von den Achaz dort erwartet und von anderen nahezu ungeachtet vorbeigelassen – wir müssen also davon ausgehen, dass von den Kristallen eine Art Zauber ausgeht und vermuten so etwas wie eine "Harmlose Gestalt", ein Zauber, den Ana Hata Milene beigebracht hat.
Im Tempel wurden wir eine Etage nach oben gebracht, wo uns ein Mischwesen, halb Mensch, halb riesige Schlange, erwartete – Zsintiss, das Tempeloberhaupt des H'Szint-Tempels in dem wir uns hier befanden wie sich herausstellte. Und auch wenn der menschliche Oberkörper von Zsintiss zugegeben attraktiv aussieht so jagt sie mir doch einen Schauer über den Rücken. Was ist das? Eine Schimäre? Sie spricht jedenfalls Garethi und beantwortete uns einige unserer Fragen, auch die zu unserem Hiersein. Offensichtlich hat sie gewusst, was unten am Knüppeldamm vor sich gegangen war – dass dort Menschen Achaz getötet hatten, darunter den Hohepriester hier aus H’Rezxem namens Zza'Xel und damit das Oberhaupt echsischen Glaubens. Ihrer Aussage nach war sie es gewesen, die den Achaz geschickt hatte, den Horatio tödlich verwundet gefunden hatte, um den Hohepriester zu warnen (ich glaube er hieß Xzelfasr). Doch leider hatte er diesen nie erreicht und so war das Komplott von Xch'war vorerst geglückt. Mir schwirrt der Kopf. Ich muss mir eben aufschreiben wer diese Echsen alle sind, soweit ich es noch zusammen bekomme, zu denen uns Zsintiss etwas sagte: Im Tal gibt es sieben Tempel von denen einer verfallen ist – passend zum vorletzten Teilstück der Treppe ins Tal hinauf auf dem wir keine Auswirkungen festmachen konnten (26 Stufen). Oh und sie gab auch an, dass nur die linken Stufen der Tempel ausgetreten sind, weil die rechten Aufgänge den H’rangar vorbehalten sind.
Zza'Xel, ein Achaz, war der oberste Priester des Zsahh-Tempels und zugleich Hohepriester von H'rezxem. Er starb bei einem Komplott durch Menschenhand am Knüppeldamm. Wie wir wissen hat Xch'war zwanzig Söldner angeheuert um ihn töten zu lassen. Mit ihm starben alle seine Schüler, sodass der Tempel gerade keinen obersten Priester und damit keine Stimme bei einer Wahl hat.
Xch'war, ein Maru, ist der Tempelvorsteher des Kr'Thon'Chh-Tempels von H'rezxem und nach Zza'Xels Tod zum neuen Hohepriester von H'rezxem gewählt worden. Er gibt offiziell den Menschen die Schuld am Tod seines Vorgängers und schürt so den Kriegsgedanken. Unterstützt wird er von Ssirissa, oberster Priesterin des Chr'Ssir'Ssr, und Yszassar, dem obersten Priester der Charyb‘Yzz. Darüber hinaus soll er über eine Streitmacht an Marus verfügen und verfüttert Mohas an einen Schlinger, der das heilige Tier des Kr'Thon'Chh ist und den er vorerst aufgrund der Anwesenheit der Menschen im Tal in eine Höhle gesperrt hat.
Ssirissa, eine Achaz, ist die oberste Priesterin von Chr'Ssir'Ssr, dessen Tempel ganz im Süden des Tals liegt. Sie ist verbündet mit Xch’war und befürwortet dessen Kriegstreiberei gegen die Menschen. Das heilige Tier Chr'Ssir'Ssrs ist die Flugechse.
Yszassar ist der oberste Priester der Charyb’Yzz, deren Tempel sich im See unterhalb der Wasseroberfläche befindet. Er ist ebenfalls mit Xch’war verbündet. Und aufgrund der Darstellungen auf dem Altar an der Treppe muss ich annehmen, dass die Seeschlange das heilige Tier Charyb’Yzz, vielmehr noch dass dies nur ein anderer Name für Charyptoroth ist. Außerdem erzählte Zsintiss uns, dass Yszassar einige der Menschen hatte direkt opfern wollen, da sie Waffen aus Seeschlangenzahn bei sich führten. Insofern hegt er einen Groll gegen jene, vermutlich Indira, Phanta und Shaya.
Xriskls, ein Achaz, schließlich ist der oberste Priester von Kha, einem H’rangar dessen heiliges Tier die Schildkröte ist. So gibt es hier im Tal eine uralte, riesige Schildkröte namens Xangyam, die die Kha-Priester verehren und mit der sie umherziehen. Xch’war gegenüber verhalte Xriskls sich neutral und so auch bei der Wahl eines Hohepriesters.
Zsintiss ist die oberste Priesterin der H'Szint und wir wissen von Ramon, dass sie Dämonen mithilfe des Buches der Namen in ihre Dienste zwingt. Sie ist ein Halbmensch / Halbschlange – Mischling und will sich mit unserer Hilfe und dem Aufdecken des Komplotts Xch’wars selbst zur Hohepriesterin von H’Rezxem aufschwingen. Sie würde unsere Freunde, die Gefangenen aus Brokscal und die Moha, immerhin gehen lassen. Allerdings müssen wir, damit Xch’war gestürzt werden kann, mit den anderen Priestern sprechen und mindestens noch einen Tempelvorsteher dazu bringen, Ssirissa oder Yszassar, sich von Xch’war abzuwenden, damit dieser keine Stimmenmehrheit mehr hat.
Mir gibt an dieser Stelle zu denken, dass sie nach dem Gespräch versucht hat, Asleif zu küssen, wäre Milene nicht dazwischen gegangen. Ich selbst war völlig neben mir, fassungslos und irgendwie so schockiert, dass ich von Handlungsunfähigkeit in diesem Moment sprechen muss. Ich danke also Milene und muss wirklich zusehen, dass mich meine Gefühle für Asleif weniger ablenken, gerade in solchen Situationen. Denn wie der später beschrieb habe ihn irgendetwas in Zsintiss benommen gemacht, sodass sich seine Sinne auf die Tempelvorsteherin fixiert hätten. Ich will nicht herausfinden, was es mit ihrem Kuss auf sich hat.
Um unsere Handlungen voranzutreiben und herauszufinden, ob Zsintiss uns vielleicht doch belogen hatte, brach ich am Nachmittag allein als Luchs, getarnt durch einen Pectetondo Milenes, auf, um das Tal weiter auszukundschaften als es Ilcaryon möglich war. Aufgrund der niedrigen Wolkendecke konnten wir leider nicht fliegen. Also gelangte ich als graugrün gescheckter Luchs zum Wasserfall und von dort weiter zum Zsahh-Tempel, wo die Geweihten oder Anhänger fasziniert von mir schienen und mich sogar weiter verfolgten. Am Steinbruch sah ich unsere Freunde nur kurz da es mich weiter zum Kr'Thon'Chh-Tempel drängte, wo ich eine Arena oder dergleichen erblickte, dessen Südtribüne gut bewacht war. Dahinter in einer Höhle konnte ich den Schlinger hören, von dem Zsintiss gesprochen hatte. Die Kha-Anhänger hatten wenig Interesse an mir, während ich über den großen Xangyam staunte. Ganz im Süden fand ich vor einem Felsvorsprung das Priesterhaus des Chr'Ssir'Ssr und schließlich kam ich an den See, in dessen trübem Wasser nicht viel zu erkennen war. Insofern konnte ich aber nun den anderen eine grobe Skizze des Tals geben und berichten, dass Zsintiss uns wahrheitsgemäß ausgesagt hatte. Es entbrannte eine längere Diskussion über unser Vorgehen beim Essen während Milene sich mit Ramon zu einer Besprechung zurückzog – sie wollten eine dieser gefiederten, fliegenden Schlangen untersuchen.
Ich will kurz einen Versuch unternehmen, die Treppenabschnitte den H’rangar, die hier angebetet werden, zuzuordnen. Zsintiss sagte es wären auch Ssad'Huar und Ssad’Navv dabei, obschon deren Tempel unten am Loch Harodrol stünden.
Zsahh – eine sich häutende Eidechse – Blüten – 1664 Stufen
Kha – Schildkröte – Flussmuscheln – 832 Stufen
H'Szint – Schlangen – Smaragd- und Obsidian-Splitter – 416 Stufen
Charyb’Yzz – Seeschlange – Delfinflossen – 208 Stufen
Ssad'Huar – Kröte auf Ei – angetrocknete Flüssigkeit (Echsenblut?) – 104 Stufen
Chr'Ssir'Ssr – Geflügelte Statue – Vogelopfer – 52 Stufen
Ssad'Navv – geschmolzene Steine – ? – 26 Stufen
Kr'Thon'Chh – Altar mit dolchlangen Zähnen – Mohaopfer – 13 Stufen
Es bleibt also offen, welches Opfer wir womöglich an Ssad’Navv entrichtet haben, da uns auf den Stufen nichts zugestoßen ist. Natürlich hoffe ich für mich, dass er als Satinav immer noch ein Auge auf mich hat. Der Tage habe ich mich sogar bei dem Wunsch ertappt, mein altes Hautbild zurückzuhaben… der Dreizehngehörnte.
Nun, über zahlreiche Spekulationen, Planungen und Ideen zum nächsten Tag war es Milene, die den Abend unterbrach als sie mit Ramon, danach mit Asleif gesprochen hatte und die drei uns eine ungeheure Offenbarung beibrachten. Ramon hatte der mirhamer Magierin offenbar berichtet, was seine wahre Natur war und sie hatte es, so muss ich annehmen, korrekt direkt dem Käpt‘n weitergegeben. Das Raunen war trotzdem unheimlich und der Schock tief, als wir nach einem kräftigen Schluck Premer Feuer von Asleif erfuhren, dass Ramon ein Gestaltwandler ist.
Es hat eine Weile gedauert bis die anderen wirklich verstanden haben, was damit gemeint war. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich alle verstanden haben. Manche fanden es sogar zunächst „toll“ oder „gut“ womit ich davon ausgehe, dass sie nur so weit gedacht haben, dass er seine Gestalt verändern kann. Oh ja, und wie er das kann. Schließlich habe ich ihnen gesagt, dass ein Gestaltwandler ein Dämon ist, ein Quitslinga auch genannt. Es folgte Ruhe, angemessene Ruhe, und fragende Blicke. Soweit haben sie es wohl aufgenommen, allerdings fällt es vielen schwer, ihr beinah freundschaftliches Verhalten gegenüber Ramon anzupassen, das beobachte ich immer wieder. Aber wie soll man sich auch einem Dämon aus der Sphäre des Täuschers gegenüber verhalten? Vor allem wenn er so unverfroren ist sich dem schlechten Bild, das wir von Dämonen haben, gegenüber damit zu rechtfertigen, dass es überaus unangenehm ist, wenn man mittels Zauber in unsere Sphäre gezwungen wird. Ich weiß es nicht und kann dazu nichts sagen aber dass Dämonen keine Freunde der Menschen sind sollte ich den anderen nicht sagen müssen, oder?
Wie dem auch sei, diese neuen Umstände haben nicht nur mich an unsere aktuelle Prophezeiung erinnert, von der wie bis hierher davon ausgingen, dass wir uns mit einem Teil der Echsen verbünden müssen um die anderen Echsen besiegen zu können – zuerst jene am Knüppeldamm, dann Zsintiss. Aber was wenn damit ein Dämon gemeint ist?
„Die Zeit der blutigen Schwerter ist angebrochen.“
Ich denke das meint die momentane Situation, das Blut zwischen Menschen und Echsen geflossen ist, angefangen bei der Ermordung Zza’Xels.
„Doch vergeht euch nicht an etwas dessen Macht ihr nicht abschaetzen koennt.“
Eine Warnung, ich nehme an zur Macht der H’rangar. Nicht nur ich habe hier unentwegt ein schlechtes Gefühl und es ist nicht abzustreiten, dass diesen Götzen eine Macht innewohnt, von der wir keine Ahnung haben.
„Es ist nur einer den ihr besiegen muesst.“
Da habe ich keinen Zweifel, dass es sich um Xch’war handelt, der zumindest nicht dumm zu sein scheint, wenn er tatsächlich seinen Vorgänger töten und sich zum Hohepriester aufschwingen konnte.
„Manchmal muss man sich mit dem Boesen verbuenden um das Boese zu besiegen.“
Das ist die Stelle von der ich spreche. Wir wissen nicht, was das Böse ist, mit dem wir uns verbünden sollen. Je nachdem, wen man fragt, wird das etwas anderes sein. Aber es ist auch nicht gesagt, dass es sich dabei um eine einzelne Form des Bösen handelt. Wieso sollten nicht Echsen und Ramon, also ein Dämon gemeint sein?
„Handelt im Sinne des goettlichen Phex und ihr werdet vielleicht wiederkehren.“
Phex… der Listenreiche, der Heimliche, der Schutzherr des Gesindels wie Diebe und sogar Meuchler… Dass wir uns überlegt und heimlich anstellen sollen haben wir verinnerlicht, denke ich. In einem offenen Angriff hätte das hier im Tal in einem Blutbad geendet. Und sicher ist es nicht das Dümmste, überlegt oder gar listig zu handeln.
Ramon sagt er kann uns helfen, uns mit Illusionen verstecken. Er sagt aber auch, dass er seinen Freunden, derer sich Zsintiss dank dem Buch der Wahren Namen bedient, helfen will. Und es kostet uns dieses Buch im Heiligsten des H'Szint-Tempels zu finden und ihm zu überlassen. Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Haben wir eine Wahl? Was will ein Dämon mit einer Liste Wahrer Namen von Dämonen, die dieses Buch angeblich ist? Ich glaube ihm nicht dass er es vernichten will. Vielmehr vermute ich, dass er sich damit unter Seinesgleichen aufschwingen und ihnen womöglich selbst befehligen kann. Ohne es auszusprechen frage ich mich, wie diese Begegnung ausgehen wird. Erschlagen wir Ramon, wenn er das Buch hat? Ist das überhaupt möglich? Oder ist das die Gelegenheit etwas Neues über Dämonen zu erfahren? Wird unser Ehrgefühl dafür Sorge tragen, dass ein Dämon (!) einfach ziehen kann, weil wir ihm unser Wort gegeben haben?


Eintrag vom 16. Pex 1008 BF
Manchmal habe ich das Gefühl, dass niemand von uns eine Entscheidung treffen will, weil wir Angst haben, dass es einen anderen der Gruppe das Leben kosten könnte und damit liegen wir vermutlich nicht einmal so falsch. Im Moment sind alle sensibel, vorsichtig, denn der Tod unserer Freunde sitzt uns nach wie vor im Nacken und wir haben Angst, noch jemanden zu verlieren. Trotzdem dürfen wir nicht gelähmt sein, wenn wir den anderen helfen wollen, ja sogar sollen wie die Prophezeiung uns anweist. Heute nun sind Chalomir, Horatio, Ilcaryon und Milene endlich los, um zum Zsahh-Tempel bzw. zum Kah-Tempel zu gehen und dort mit den Priestern zu sprechen. Eigentlich war auch geplant, dass Asleif und ich zum Chr’Ssir’Ssr-Tempel fliegen aber als die anderen weg waren und ich ein paar Momente Ruhe hatte fiel mir auf, dass wir mit meiner spärlichen Astralkraft weder zurückkommen könnten, geschweige denn dass wir kampffähig wären. Der Schlafmangel, nein die Alpträume bereiten mir Schwierigkeiten. Manchmal kann ich keinen klaren Gedanken fassen und fühle mich mit einfachen Aufgaben überfordert. Aber ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Um mich vielleicht doch etwas zu erholen, habe ich fast den ganzen Tag verschlafen oder es versucht.
Wie die anderen berichteten sind sie dann auch noch einer Maru-Patrouille in die Arme gelaufen. Es kam wohl zum Kampf in dessen Verlauf sie acht der Krokodilwesen erschlugen. Laut Zsintiss sucht Xch’war nach uns und ich befürchte dass es so oder so eine blutige Konfrontation geworden wäre. Dennoch hoffe ich, dass uns das nicht noch zum Nachteil gereicht wenn wir irgendwann in der Lage sein sollten, mit den Echsen zu verhandeln. Aber nein, ich bin froh, dass die vier weitgehend unversehrt zurückgekehrt sind. Sie haben ihren Weg anscheinend gemeinsam in den Zsahh-Tempel fortgesetzt und dort berichtet, was wir vermuten, nämlich dass Xch’war die Söldner angeheuert hat um Zza’Xel zu ermorden. Sie warnten uns, dass wir solche Anschuldigungen den anderen Priestern, vor allem Ssirissa und Yszassar gegenüber, nicht hervorbringen sollten ohne sie mit dem Soldbuch untermauern zu können. Gut zu wissen, denn genau dorthin wollte ich ja mit Asleif. Darüber hinaus boten die Zsahh-Gläubigen an, uns in ihrem Priesterhaus zu verstecken.
Nachdem die Ergebnisse dieses Ausflugs eher dürftig waren, beschlossen Ilcaryon und ich auch noch einmal, unser Glück zu versuchen. Immerhin war ich dank eines Ruhe Körper Zaubers des Elfen recht ausgeruht. Auf leisen Sohlen und ich in Luchsform machten wir zwei uns also auf den Weg, um diesmal am Zsahh-Tempel das Soldbuch vorzulegen und so unsere Worte zu untermauern. Und auch zu Xangyam wagten wir uns, um bei der von Büschen bewachsenen Schildkröte mit den Kha-Priestern zu sprechen. Viel gebracht hat es allerdings nicht, da diese sich tatsächlich dem Sammeln von Wissen aus der Geschichte der Echsen verschrieben haben, es wohl aber nicht nutzen oder anwenden. Außerdem kann der Oberste Priester des Kha ohne sichtbare Anstrengung in den Gedanken lesen, was ich gleichermaßen erschreckend wie faszinierend finde. Ich habe ihm ein paar Orte gezeigt an denen wir auf Achaz oder Echsenrelikte gestoßen sind. Fragen hat er aber keine beantwortet.
Da wir uns nach diesen eher dürftigen Erfolgen nicht lumpen lassen wollten, sind wir noch zum Tempel von Chr’Ssir’Ssr aufgebrochen. Dort haben uns die Maru-Wachen nur so eingeschüchtert, dass wir unentdeckt wie unverrichteter Dinge aber mit einem Eindruck von einem Felsvorsprung und guter Bewachung wieder von dannen gezogen sind. Uns bleibt also ein Tag um herauszufinden, ob Zsintiss lügt und mindestens Ssirissa oder Yszassar davon zu überzeugen, dass Xch’war unrechtmäßig Hohepriester ist.


Eintrag vom 17. Pex 1008 BF
Gestern haben wir einen zweiten Versuch unternommen, um mit dem Chr’Ssir’Ssr Tempelvorsteher zu sprechen. Ursprünglich wollten wir hinfliegen aber nachdem mir gleich die erste Hilfreiche Tatze misslang und sich unsere Astralkräfte schröpfen, wurde mein Vorschlag, als Sklaven dorthin zu gehen, gerne und ohne Diskussion angenommen. Milene und Horatio zogen vor, bei den anderen zu bleiben, also bin ich mit Ilcaryon und Chalomir aufgebrochen. Als wir uns in den Steinbruch „geschlichen“ hatten, trafen wir Abdul, Shaya und Indira gesund an. Indira war es dann auch, die uns zum Chr’Ssir’Ssr Tempel begleitete, damit wir zusammen den schweren Stein und das auf dem richtigen Weg fortbrachten, der uns als Tarnung diente.
Ich glaube ich habe noch nicht erwähnt, dass unsere Freunde und die Bewohner von Brokscal hierher entführt worden sind, um in einem Steinbruch neben dem Kr'Thon'Chh-Tempel zu arbeiten, von wo die abgebauten und behauenen Steine zu den meisten Tempelgebäuden gebracht wurden, um diese Instand zu setzen. Wir wissen nicht, ob der Verfall der Gebäude auf ein Ereignis oder fehlende Pflege zurückzuführen ist. Die Menschen (Warmblüter sagen die Echsen) schleppen die Steine über Holzstämme zu den Tempeln, wo sie ihnen von den Echsen abgenommen werden. Nur die Mohas wurden stattdessen in eine andere Höhle gebracht, in der sich ein Schlinger befindet – ich zweifle es aufgrund der Geräusche von dort nicht an. Xch’war „opfert“ sie seinem heiligen Tier, heißt er verfüttert sie und wir können ihnen nicht helfen…
Nun, als wir dort ankamen, herrschte an der Steilwand beim Priesterhaus ziemlicher Tumult. Dort hatten sich ein paar Dutzend Achaz versammelt. In Milenes Tarnumhang gehüllt schlich ich näher heran und sah einen Moha, dem ein mit Federn geschmücktes Gewand angelegt wurde. Anschließend führte man ihn zu der Treppe im Stein die zum Felsvorsprung in etwa dreißig Schritt Höhe führt, wo ich einen weiteren Achaz auf einer Flugechse ausmachte, Ssirissa die Tempelvorsteherin. Um den Moha womöglich zu retten ergriff ich die Gelegenheit und schritt vor ihm die Treppe hinauf, nur um erschrocken festzustellen, dass mir das, was mich dort überkam, nur zu bekannt vorkam: Mich durchdrang die gleiche Euphorie wie auf der Treppe hier ins Tal hinauf, als ich mich hinabstürzen wollte. Noch bei Sinnen wirkte ich einen Wolkenlauf, ehe mich oben angekommen wirklich ein Hochgefühl von der Klippe springen ließ. Die anderen sagten ich hätte sogar noch einen Salto gemacht. Dabei verrutsche dann wohl auch der Mantel, sodass man meiner gewahr wurde und mich fassungslos anstarrte. Ich wiedersetzte mich ihren Wachen bis Ssirissa etwas von einem Gottesurteil sagte, nach dem sie mit mir sprechen würde. Leider war es mir in diesem Moment nicht möglich, den Moha zu retten, mit den Wachen im Nacken und einer unbekannten Aufgabe vor mir. Schwer zu sagen was ich gedacht habe. Sicher war meine Stimmung nicht die beste. Vielleicht ging mir der Schlinger durch den Kopf, den ich vor Jahren in den Sveltsümpfen getötet hatte. Wahrscheinlicher aber dachte ich an Flugechsen und wie wundervoll es war, auf ihren Rücken die Wolkendecke zu durchdringen, als sie mich zu einem düsteren Platz vor einem Höhleneingang brachten. Daraus kam eine Flugechse, die wohl ähnliche Gedanken hatte: sie packte mich mit ihren Krallen und trug mich in schwindelerregende Höhe. So schnell ich konnte sprach ich abermals eine Hilfreiche Tatze, sodass bald eine zweite Flugechse unseren Steigflug begleitete, die ich bat, mich abzufangen und sicher nach unten zu tragen, sobald möglich. Es war schließlich ein Moment, der mir unvergessen bleiben wird, als die Echse, die mich gepackt hatte, in einen Sturzflug überging und erst kurz vorm Boden losließ. Es war knapp, sehr knapp, als ich im freien Fall auf der anderen Flugechse landete, und diese gerade so noch abdrehte, ehe ich am Boden zerschellt wäre. Ich konnte das Laub der Bäume und Äste unter uns krachen hören.
Die Achaz immerhin sahen es wohl als Zeichen ihres Götzen und so konnte ich mit pochendem Herzen mit Ssirissa sprechen und ihr das Soldbuch vorlegen als ich ihr berichtete, wessen wir Xch’war beschuldigten. Sie wirkte überrascht, verärgert und fassungslos soweit ich das sagen kann, denn die Emotionen der Achaz zu lesen ist nicht einfach. Sie wollte wissen, wo wir das Buch gefunden hatten und ich hoffe es spielt keine Rolle, dass sie dort keine Leichen mehr finden, da ich diese ja mithilfe eines Humusdschinns zumindest unter die Erde gebracht habe. Hinzu schien ihr, für den Fall dass die Menschen das Tal verlassen würden wenn Xch’war angeklagt wurde, wichtig, dass die Tempel dennoch wieder Instand gesetzt würden. Ich sagte ihr zwar zu aber ich glaube nicht, dass wir die Zeit dafür haben werden. Vielleicht mit Hilfe eines Erzdschinns…
Jedenfalls haben die Echsen am Tempel uns zu verstehen gegeben, dass wir gehen sollen und so ging es zurück zum Steinbruch. Ilcaryon dachte geistesgegenwärtig an Milenes Mantel, während ich immer noch weiche Knie hatte. Und auch wenn meine Freunde von dem Flug beeindruckt waren, wissen sie so gut wie ich, wie gefährlich das war. Das ist nicht das erste Mal, dass ich mich frage, wie weit ich für diese Reise gehe oder gehen kann. Asleif hatte in Khunchom klargemacht, dass ihm unsere göttlichen Aufgaben unter Umständen über Menschenleben gehen könnten. Aber es ist nun einmal etwas anderes, sein eigenes Leben selbst zu riskieren als das eines anderen.
Ohne Indira schlichen wir uns zurück in die Höhle zu unseren Freunden, die immer noch Ramon bewachte. Er hatte sie inzwischen bereits einige Male erfolgreich verborgen. Dort ließ ich Chalomir berichten, was geschehen war – ein Fehler. Hätte ich geahnt, dass der Tulamide so weit ausholen und vor allem übertreiben würde, ich hätte ihm wohl eine Ausbildung als Skalde angeboten. So will ich aber besser gar nicht wissen, was die anderen nach dieser Darstellung von mir denken. Wir hatten Erfolg, denke ich zumindest, und nur das ist wichtig. Wir haben einen Verbündeten für Zsintiss gewonnen, einen mehr der sich gegen Xch’war stellen könnte.
Zsintiss. Sie wollte das Buch, das Soldbuch. Also sind Milene und ich am Abend nochmal los, um es ihr zu bringen und dafür das Daimonicon zu holen. So war es jedenfalls ausgemacht. Und nachdem wir nicht wussten, was sie bei unserem letzten Besuch mit Asleif angestellt hatte, ließen wir die Männer zurück. Es waren auch nur noch zwei Kristalle da, die uns verbargen, nachdem Chalomir einen auf unserem Weg zum Steinbruch verbraucht hatte.
Bei Zsintiss berichteten wir, was wir erreicht hatten. Doch anstatt einfach die Bücher zu tauschen, ging sie mit Milene ins Heiligste des Tempels und machte recht deutlich, dass ich zurückbleiben sollte. Es wurmt mich, dass ich mir das habe gefallen lassen. Klar sollten wir uns nicht mit der Halbschlange anlegen solange wir sie brauchen aber ich habe keine Erklärung dafür, dass Milene, als sie mit dem Buch zurückkamen und es mir (!) übergaben, im H'Szint-Tempel geblieben ist. Alleine. Kann diese Schlange nicht nur Männern den Kopf verdrehen? Dabei wirkte Milene eigentlich wie immer und es klang auch logisch als sie sagte, sie könne im Tempel mehr bewirken. Ich hoffe es geht ihr gut. Und jetzt habe ich das Daimonicum im Gepäck. Scheiße.
Als ich zurückkam hatten die anderen bereits gepackt, denn nachdem Asleif erfahren hatte, dass die Zsahh-Priester uns ihren Schutz in ihrem Tempel angeboten hatten, hielt ihn hier nichts mehr. Ich konnte indes nicht sicher berichten, ob Milene vielleicht doch aus freien Stücken im H'Szint-Tempel geblieben war, also beließen wir es zunächst dabei in der Hoffnung oder vielmehr weil wir uns nicht vorstellen konnte, dass Milene dort etwas zustoßen würde. Dennoch traf es uns, dass Zsintiss ihr Wort nicht gehalten hatte was das Buch anging, auch wenn wir es wiederhatten. Es fühlte sich vielmehr so an als hätten wir Milene dagegen eingetauscht auch wenn das niemand sagte. Wichtiger war jedoch, dass Zsintiss bereits die anderen Priester informiert hatte und eine Ratssitzung für den 18. Phex einberufen war, wie ich berichten konnte. Sie wollte die Anklage gegen Xch’war führen, nach wie vor, immerhin. Sie hatte mit uns auch darüber gesprochen, dass die Beweise nach wie vor dürftig waren für das, was wir erreichen wollten. Also hatten wir überlegt und beschlossen, die Leiche eines der toten Söldner zu beleben und befragen. Zunächst wollte oder sollte Zsintiss das übernehmen und wir würden den Leichnam des Besitzers des Soldbuches bergen. Im Gespräch mit der Mannschaft kamen wir dann aber doch schnell zu der Einsicht, dass wir keinen unversehrten und vor allem vollständigen Toten würden finden, da die wilden Tiere bereits über eine Woche an ihnen genagt hatten. Da würden wir uns anders behelfen müssen und so war es Ramon, der das Wort ergriff und uns informierte, dass er in der Lage sei, sich auch in eine vermoderte, stickende Leiche zu wandeln. Der Gedanke ließ in mir zwar Übelkeit aufsteigen aber es war damit das Beste, wenn auch wir diese Leiche befragen würden, ganz gleich was ich zuvor Zsintiss über unsere Fähigkeiten dahingehend gesagt hatte. Ilcaryon bot sich an, die vermeintliche Beschwörung durchzuführen und damit war es beschlossen.
Am Abend brachten wir unsere Sachen in den Zsahh-Tempel, wo sich nicht jeder von uns wohlfühlte aber es war besser als die Höhle. Ich nutzte die Möglichkeit, um mehr über die Achaz zu erfahren indem ich mich mit den Priestern unterhielt. Wenn ich es richtig verstanden habe kennen die Echsen keine monogamen Beziehungen und ziehen ihre Jungen nicht in einer Familie auf. Es gibt einen Stamm und in diesem gibt es die Rolle des Brutpflegers, welcher sich um die gelegten Eier kümmert. Niemand weiß also wer seine Eltern sind, es gibt nicht einmal das Wort „Eltern“ oder „Familie“ im Echsischen abgesehen von „Stamm“. Ich stelle es mir so ähnlich wie eine Ottajasko vor oder vielleicht mehr wie bei den Norbaden.

Heute waren Ilcaryon und ich die „Leiche“ holen, die während der Anklage befragt werden soll. Dafür haben wir uns ein paar Stunden im Dschungel herumgetrieben und ich bin auf einem Baum versteckt meinen Gedanken nachgehangen während Ramon und der Elf etwas zu essen besorgt haben. Immerhin haben sie verstanden, dass ein Skalde besser darin ist auffällig zu sein und sich Gehör zu verschaffen als leise und ungesehen an Marus vorbei zu schleichen. Ich finde es nach wie vor bedenklich, dass wir so sorglos mit Ramon umgehen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er wie ein gewöhnlicher Mensch aussieht… oder eher aussah, denn wir kamen mit einer hässlichen Leiche zurück, welche uns die Achaz am Zsahh-Tempel direkt abnahmen, um sie mit irgendetwas einzureiben. Weder Ilcaryon noch ich waren bös‘ darum.
In der Zwischenzeit nutzte Horatio die Gelegenheit, um mehr über die Arena herauszufinden, von der die Südtribüne deutlich stärker bewacht wird während unter der Nordtribüne Waffen lagern. Merkwürdig, auch wenn mir das schon früher aufgefallen ist. Was also ist wichtiger als die Waffen? Später erfuhren wir, dass die Zsahh-Priesterschaft einen neuen Tempelvorsteher gewählt hat, um morgen bei der Anklage eine Stimme zu haben. Zudem sind Horatio und ich nochmals zum H'Szint-Tempel aufgebrochen, um zu sehen ob es Milene gut geht und sie eigentlich mitzunehmen. Aber ganz gleich welchen Versuch wir unternommen haben, um sie davon zu überzeugen, mitzukommen, sie hat ihn einfach abgetan, zusammen mit Zsintiss. Auch Horatio kam das ungewöhnlich vor, nur haben wir keine Möglichkeit gesehen, dieses Rätsel ohne Konflikt mit der Schlangenfrau, die wir nicht verärgern wollen solange die Lage im Tal nicht geklärt ist, zu lösen. Also müssen wir warten und hoffen, dass alles gut ausgeht. Phex steh‘ uns bei. Morgen ist die Anklage gegen Xch’war.


Eintrag vom 19. Pex 1008 BF
Der gestrige Tag begann unerwartet mit der Einsicht, dass Ilcaryon nicht bei der Anklage würde sein können während er im Tempel der H'Szint das Buch der Namen stahl. Dabei hatte er sich auf die Scheinzauberei und auch die Fragen an Ramon als Geist vorbereitet – und doch nicht so weit gedacht. Mir kam diese Erleuchtung beim Frühstück, sodass ich realisierte, dass ich würde eines davon übernehmen müssen, v.a. wenn es glaubhaft sein und es entsprechend ein Magier machen sollte. Ob die Echsen einen Zauber kennen, der sie Magie erkennen lässt, weiß ich aber nicht, kann es nur vermuten. Zunächst wollte ich den Diebstahl des Buches übernehmen und suchte das Gespräch mit den anderen, um ihnen klarzumachen, dass meine Magie mich zwar verbergen konnte, dies allerdings nicht sonderlich lange, so wie meine astralen Kräfte hier wieder und wieder zusammenschrumpften und sich nicht so recht erholen wollten. Also würde ich niemanden mitnehmen können. Fieberhaft ging ich im Kopf einige Szenarien durch doch die Einsicht war ernüchternd. Schließlich beschloss Ilcaryon, die Schriftstücke im Alleingang zu holen, was immer der Käpt‘n zu Alleingängen gesagt hatte, und niemand konnte oder wollte dem Elf das jetzt hier ausreden. Also holte ich meine beste Magierrobe aus dem Rucksack und auf ging es zur Anklage für mich. Ilcaryon indes stieg in den Fluss und ließ sich zum Tempel der Schlange treiben.
In der Arena waren auf den Tribünen alle hiesigen Tempelgemeinschaften zusammengekommen, während der Rat, bestehend aus den sechs Tempelvorstehern, in der Mitte stand. Wir stießen zu ihnen und, nachdem uns widerwillig das Wort erteilt wurde, trug Horatio eine Rede vor, die noch einmal darlegte, was vorgefallen und weswegen wir hier waren – und immer wieder von einem höhnenden Xch’war unterbrochen wurde. Wir legten unsere Beweise vor, während Zsintiss ihn wegen des Mordes an Zza’Xel anklagte. Es war Ssirissa, die eine Pause verlange, als die Sprache auf Xzelfasr kam. Ganz offensichtlich wollte sie herausfinden, wer von ihrem Tempel diesen erschlagen hatte. Wir sprachen noch die Söldner an, die ja ebenso von Flugechsen aus erschlagen worden waren, und legten das Soldbuch vor, dann wurde ihrer Bitte nachgekommen. Es war diese Pause die Ilcaryon ausreichte, um zu uns aufzuschließen und das nach vollbrachtem Diebstahl. Sein Diebesgut hatte er gut versteckt. Es erleichterte mich, dass wir würden gemeinsam zaubern können, denn mich nun ganz abzulösen – oder zu erlösen von dieser Aufgabe – hätte in der Arena zweifelsohne komisch ausgesehen.
Nachdem geklärt war, dass wir Magie wirken durften, machten wir uns also nach der Pause daran, einen vermeintlichen Geist zu beschwören. Ilcaryon und ich ließen Nebel aufziehen als sich von dem Leichnam ein durchscheinender Schemen löste und vor uns stehen blieb. Und so befragten wir Ramon und seine Illusion, vor der selbst ich in diesem Moment etwas zurückwich, zu den Ereignissen am Knüppeldamm, wo die Söldner Zza’Xel erschlagen hatten. Schließlich überließ ich Zsintiss die finale Frage nach dem Auftraggeber der Söldner, woraufhin der Schemen in einer dramatischen Geste auf Xch’war deutete, um ihn zu beschuldigen. Der Rat hatte genug gesehen und gehört. Die List war gelungen und so zogen sie sich zu einer Urteilsfindung zurück.
Die Pause dauerte etwa bis Mittag, dann kehrten alle zurück und der Rat nahm vor Xch’war Aufstellung. Doch noch ehe das Urteil verkündet werden konnte, schwang sich der Maru auf, sprang in einem einzigen Satz auf das Tempelgebäude des Kr'Thon'Chh und schrie, dass nur Kr'Thon'Chh selbst über sein Schicksal entscheiden würde. Es war der Moment, in dem der Schlinger aus der Höhle heraus kam und ein erbitterter Kampf in der und um die Arena herum entbrannte. Sicher vier Dutzend Marus quollen aus den Türen unter der Tribüne und drohten die Tempelvorsteher einzukesseln, als Ssirissa jedoch von ihrer Flugechse geholt wurde und Yszassar mit einem Sprung über die Tribüne das Schlachtfeld verließ. Nur einen Moment später wurden wir Zeugen kristallomantischer Zauberei: Wasserblasen schwebten und zerplatzten an Schutzschilden, Arme wurden zu um sich beißenden Schlangen und kleine, dämonische Flugschlangen wuchsen zu gigantischen Schlangenbastionen gegen Angreifer. Leider, so muss ich sagen, hatte sich an der Loyalität der Parteien nichts getan. Wenn wir wenigstens Ssirissa hätten überzeugen können… aber nein, sie und Yszassar kämpften mit Xch’wars Marus gegen die anderen drei Tempelgemeinschaften. Ich kann nur vermuten, dass es zwischen den Priestern und ihren Glaubensrichtungen noch weit mehr Fehden, Komplotte oder kleine Intrigen gab oder gegeben hatte, als wir hier in den wenigen Tagen beobachtet hatten.
Immerhin standen wir zusammen und auch Milene war inzwischen bei uns – wie auch Zsintiss, I‘Gss und Xriskls, die wir erst noch zu schützen versuchten aber von denen recht schnell deutlich wurde, dass sie dessen sehr wohl allein fähig waren. Entschlossen bahnten wir uns daher unsere Waffen voran einen Weg durch zwei Reihen von Marus, um auf den Kr'Thon'Chh-Tempel zu kommen, wo Xch’war stand. Eigor, Raluf, Asleif und auch Chalomir, Ilcaryon und Horatio stürmten voran, während Milene sich in der Mitte hielt und Rowena und ich die Nachhut bildeten. Der Tempel war voll von Marus, die auch in Scharen nachrückten. Oben auf dem Tempel entbrannte der Kampf gegen Xch’war, der sich mit einem Kampfesschrei gehäutet hatte, wobei er sicher auf die doppelte Größe gewachsen war und sich rötlich verfärbt hatte. Für mich wirkte es so, als hätte sein Gott ihm eine Kampfgestalt gegeben sofern das nicht ein Zauber war. Beides denkbar. Viel habe ich von dem Kampf nicht mitbekommen, da ich ihm den Rücken zugekehrt hatte, um etwa drei Dutzend Marus daran zu hindern, uns nachzustellen. Zum Glück blendete Milene sie mit einem Flimflam sodass wir Zeit gewannen. Hinzu versuchte ich, Eigor in Formation mit uns zu bringen aber ich weiß nicht, ob der Zwerg nicht eher neben Milene gehört.
Eine überraschende Wende nahm der Kampf, als Xch’was plötzlich die Treppe hinab stürmte – in unsere Rücken – und Eigor über den Haufen rannte. Als er dabei auch noch stürzte, kamen Rowena und ich endlich dazu, ihm auch einzuschenken. Gern hätte ich ihn zu Brei geschlagen, gebe ich ihm doch die Schuld am Tod von Ohm und Ynu. Allein sein Schlinger kam uns zuvor, denn mit einem Male beugte sich dieser nach vorn und schnappte zu. Entsetzt wie freudig zugleich sah ich einen Moment dabei zu, wie Xch’war von seinem eigenen heiligen Tier gefressen wurde. Dann besonnen wir uns und traten den Rückzug von diesem Tempelgebäude an. Kr'Thon'Chh hatte mehr als deutlich über seinen obersten Priester gerichtet und so kam auch der Kampf langsam zum Erliegen.
Wir hatten es nun eilig, zu unseren Freunden und den Bewohnern von Brokscal in den Steinbruch zu kommen. Dort fanden wir zu unserem Entsetzen etwa dreißig Leichen. Wie Indira uns berichtete, hatten die Wächter, Marus, sie angegriffen und es hatte eine Weile gebraucht, bis sie etwas gefunden hatten, um sich zu wehren. Immerhin geht es Shaya, Abdul, Phanta und Indira gut. Betroffen mussten wir allerdings für uns und im Stillen feststellen, wie einfach es gewesen wäre, ihnen ein paar Waffen dazulassen. Sicher mache nicht nur ich mir Vorwürfe…
Asleif entschied, die Dorfbewohner zum Zsahh-Tempel zu bringen, da ihnen dort nichts mehr passieren würde. Sie waren zumindest wieder frei und hatten ihre Wächter selbst erschlagen. Währenddessen gingen Ilcaryon, der irgendetwas gesehen hatte, Milene, Chalomir, Horatio und ich zurück zur Arena. Dort führte der Elf uns unter die Südtribüne, wo wir überraschend eine Treppe nach unten fanden. Tatsächlich lag dort unter der Arena ein Raum, in dem ein leuchtendroter Kristall Licht spendete, das auf dutzende von Eiern fiel, Eier sehr unterschiedlicher Größen. Ein Schauer lief uns den Rücken beim Anblick dieser Kammer hinab. Ich will mir gar nicht vorstellen, was aus einem Ei schlüpft, das so groß ist wie ein Mensch. Ein Drache kam mir aber durchaus in den Sinn. Was also wäre geworden, wenn Xch’war diese Armee hier gegen die Menschen in den Krieg geführt hätte? Doch keiner von uns wagte, auch nur einen Schritt in die Kammer zu setzen. Mit einem Odem Arcanum gab Milene aber zum Besten, dass der Kristall nicht magisch sei, wohl aber einige der Eier… Was das heißt? Ich weiß es nicht.
Wir hatten genug, genug von Echsen. Und so machten wir uns auf den Weg zurück zum Zsahh-Tempel, wo sich inzwischen, nachdem der Kampf gänzlich eingestellt worden war, viele Verletzte einfanden, um versorgt zu werden. Auch einige unserer Kämpfer waren ziemlich mitgenommen. Ich entsinne mich, dass Raluf allein in diesem Gefecht zwei Heiltränke gebraucht hatte, wobei er einmal bereits bewusstlos am Boden gewesen war. Horatio sah auch übel aus, ganz zu schweigen von seiner zerbeulten Rüstung. Asleif hatte seinen Schild verloren. Doch niemand von uns war gestorben, der Rest ersetzbar. Immerhin.
Während Horatio sich verarzten ließ fiel ihm unten am Fluß beim Wasserfall ein Ritual auf, bei dem ein Maru, der im Kampf einen Arm verloren hatte, unter Wasser getaucht wurde. Als er nach einiger Zeit wieder herausgezogen und an Land gebracht wurde, häutete er sich, um vollständig und wie aus dem Ei gepellt dazustehen. Wahnsinn. Und während wir staunten, war er es, der in Windeseile Phanta nahm und mit ihr zum Wasserfall ging. Natürlich waren wir neugierig genug, um ihm zu folgen. Und so diskutierten oder philosophierten wir eine Weile mit dem Zsahh-Priester, was wohl passieren würde, wenn er das Ritual an einem Menschen vollführte, der sich nicht häuten konnte. Nach einigem Hin und Her überredete Horatio ihn, das Ritual mit Phanta durchzuführen, die immer noch jammerte, weil die Zorganpocken ihr Aussehen entstellt hatten. Ich muss nicht erwähnen, wie froh ich nach wie vor bin, dass Ana Hata mir das erspart hat als er mich auf dem Gipfel dieser furchtbaren Krankheit heilte.
Phanta wurde also mithilfe einiger Priester der Zsahh rituell gewaschen ehe man sie in einem eigenartigen Kokon ans Ufer legte, aus dem wir sie eilig befreiten. Anders als eine Echse beim Häuten brauchte sie die Hilfe auch. Die Achazpriester staunten nicht schlecht, was man alles mit Lippen machen kann, als wir sie beatmen mussten bis sie wieder zu sich kam und erstmal Wasser spuckte. Menschen können nicht unter Wasser atmen – das war neu für die Echsen. Nachdem Phanta kurze Zeit später wieder stabil atmete, staunten wir alle – diesmal über die Wirkung des Rituals. Die Narben waren weg, wenngleich ihre Haut unglaublich empfindlich war. Ich glaube sie lenkt sich immer noch mit meinem Spiegel ab… Und natürlich mussten einige von uns, ich auch, an Mansour denken, den ich am liebsten sofort hierher geholt hätte. Was würde der Veteran sagen, wenn es eine Möglichkeit gab, dass er seine Beine wieder erlange?
Vorerst aber wurde es langsam ruhiger. Die Verwundeten waren versorgt und am Abend wurde ein kleines, bescheidenes Fest zum Sieg über Xch’war gefeiert. Dabei ist es selbst für mich noch immer schwer vorstellbar, dass wir nach allem, was passiert ist, friedlich mit den Achaz zusammensaßen, gegessen und getrunken und sogar ein wenig musiziert haben, wofür die Echsen erstaunlicherweise nichts übrig haben. Musik und Gesang sind an sie verschwendet. Und ich will erwähnen, dass einige von uns gar nicht feiern konnten oder wollten, da sie der Toten gedachten – sowohl der Dreißig die im Steinbruch gestorben waren, als auch Ynu und Ohm. Schließlich bin ich mit Chalomir, der nach wie vor kein Freund der Echsen ist und nahezu pausenlos über sie herzieht, aufgebrochen, um unter der Tribüne der Arena bei den Waffen nach Ynus Schwert zu suchen. Man ließ uns sogar ein, jedoch blieben wir erfolglos auch wenn wir die ganze Nacht mit der Suche verbrachten. An Erholung war also einmal mehr nicht zu denken.
Als wir zurückkamen wurde direkt gepackt und alles abmarschbereit gemacht. Wir mussten auch nicht lange warten, bis der Rat verkündete, dass Zsintiss zur neuen Hohepriesterin gewählt worden war. Nun, keine Überraschung, nachdem weder Ssirissa noch Yszassar es sich gerade leisten konnten, für das Amt zu kandidieren, I’Gss gerade einmal einen oder zwei Tage lang Tempelvorsteher war und Xriskls sich um so eine Position nicht bemühte. Hinzu würde es etwas dauern, bis der Kr'Thon'Chh-Tempel wieder einen Vorsteher haben würde – ganz offensichtlich sollte der sich beweisen, indem er den im Tal nun frei herumlaufenden Schlinger besänftigte. Zsintiss ließ uns ziehen mit der Zusage, dass die Echsen Brokscal nicht erneut angreifen würden. Es gab zwar immer noch das Bedürfnis, die Tempel auszubessern, aber dieses Problem würden die Echsen allein lösen müssen. Bei all den Menschenopfern haben sie sich bestimmt keine Gunst von auch nur einem von uns verdient, wenngleich allerdings unsere fortbestehende Neugierde und den Gedanken, dass man Mansour hier würde heilen können.
Skeptisch waren unsere ersten Schritte auf den Stufen hinab. Doch als nichts geschah bargen wir Ynus Leichnam und halfen den Dorfbewohnern, hier möglichst rasch wegzukommen. Am Fuße des Berges, da wo der Dschungel beginnt, trafen wir auf Ramon, der vorausgeeilt war, um etwas für uns zu besorgen, was den Handel mit dem Buch der Namen komplettieren würde. Zunächst aber zahlte Milene astrale Kraft, um eine Information über den fünfgehörnten Dämon zu erhalten, den wir in der Sargassosee bekämpft und besiegt hatten. Ramon erzählte, dass es sich um einen Mactans aus dem Gefolge der Charyptoroth handelte, der ihren Zwängen entkommen war und dort in der See einen Teppich gewoben hatte, der in sich aufnahm, was ansonsten die Verschlingerin in die Tiefe gezogen hätte. Nun würde er einen neuen Weg suchen müssen, um aus den Niederhöllen zu entkommen, oder sein Schicksal dort fortführen müssen. Und dass er sich gegen die Herrin der Seeschlangen gestellt hatte, erklärt seine Anfälligkeit gegenüber den Waffen aus ihren Reißzähnen.
Für das Buch schließlich übergab der Quitslinga uns eine Kiste mit der Aufschrift „Taubralir“, was so viel bedeutet wie Zauberschiff. Wo auch immer er es her hatte, er überließ uns ein magisches Schiff, verkleinert, in einer Truhe, das Milene sofort analysierte. Wie sich herausstellte wirkt wahrlich große Magie darin, denn es wird uns auf die Inseln im Nebel bringen – sobald man es auf Wasser setzt wird es zu einem Elfenschiff heranwachsen, Kurs setzen und wie von Geisterhand aufs Meer hinaus segeln, wo es uns in eine andere Sphäre bringt, wenn ich es richtig verstanden habe. Sogar den Kurs kann das Schiff auf magische Weise allein korrigieren und führt einen Vorrat an Trinkwasser mit sich. Milene sagte es würden ganze sieben Infinitum mit diversen Zaubern wirken. Mich würde wirklich interessieren, woher Ramon das Schiff hat…


Eintrag vom 9. Peraine 1008 BF
Endlich, wir sind zurück in Brokscal! Schon seit 26. Phex aber es gab so viel zu tun, dass ich nicht zum Schreiben gekommen bin. Die Stimmung ist unterschiedlich, der Glaube an ein Zuhause fernab von Gefahren endgültig erstickt. Die Brokscaler wissen jetzt, dass sie auch hier nicht mehr oder weniger sicher sind, als an einem anderen Ort. Ich frage mich, ob die Leute, die wir aus Port Corrad mit hierher gebracht haben, bleiben werden. Gut, es sind hier andere Gefahren, die ihnen drohen. Mit Mohas und Achaz sollte es vorerst keine Probleme mehr geben. Und natürlich hoffen wir, dass Sklavenjäger den Ort nie finden werden. Trotzdem hat Horatio es sich nicht nehmen lassen, ihn einigermaßen befestigen zu lassen, jetzt sogar mit einer Zugbrücke, sodass keine Donnerechse mehr das Tor einfach niederrennen kann. Eigor hat geholfen, die Palisade weiter zu befestigen und den Turm am Tor wehrhafter auszustatten. Was genau er mit Mansour aufgebaut oder zumindest geplant hat kann ich nicht sagen. Aber wir verlassen Brokscal morgen in einem akzeptablen Zustand. Der Travia-Tempel ist natürlich wieder aufgebaut und wir haben den Bewohnern beigebracht, was auch immer ihnen helfen könnte. Ilcaryon hat sogar neues Zwölfblatt für Eysel geholt, obwohl er die meiste Zeit darauf verwendet hat, einen Hesinde-Schrein zu errichten. Auch ein Lied hat er ihr zu Ehren, oder um sich zu entschuldigen, komponiert. Er träumt schlecht seit er Ramon die Liste der Wahren Namen übergeben hat, sehr schlecht, sodass er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen. Jetzt, mit dem Schrein, scheint es langsam besser zu werden. Unser gläubiger Elf…
Für mich steht fest, dass ich mindestens noch einmal hierher kommen werde, um zu sehen, wie sich der Ort entwickelt hat. Ich habe Mansour gebeten, ein Auge auf Abdallah zu haben, denn jetzt und heute kann ich, können wir ihn nicht mitnehmen. Die Wettfahrt ist einfach zu gefährlich für einen kleinen Jungen, wie die letzten Wochen gezeigt haben. Außerdem glaube ich, dass er noch zu sehr im Hier und Jetzt lebt und nicht an Morgen denkt, ein kleiner Junge eben. Und es spricht auch Nichts dagegen, wenn er das noch eine Weile sein darf. Außerdem bekomme nicht nur ich den Gedanken einer eigenen Flugechse nicht aus dem Kopf – Milene scheint trotz ihres Sturzes darüber nachzudenken und dafür müssen wir auf jeden Fall wieder hierher.
Und auch wenn das alles positiv klingen mag, sitzen uns der Verlust von Ohm und Ynu tief im Nacken. Zwar weiß ich nicht sicher, wie die anderen darüber denken oder damit fertig werden, aber es fällt schwer, loszulassen. Ynu hat mir im ewigen Eis beim Kampf gegen den unsichtbaren Gletscherwurm das Leben gerettet – das werde ich nie vergessen. Und der Ohm… das macht mich ehrlich richtig fertig. Ich habe Asleif gesagt, dass ich nicht weiß, ob ich mich überwinden kann, allein an der Saga weiter zu schreiben. Er meinte ich solle mir Hilfe bei Ilcaryon oder Milene holen, die könnten auch ganz gut musizieren wie man an dem Lied für Hesinde gesehen habe. So eine Aussage macht einmal mehr deutlich, dass er keine Ahnung vom Komponieren hat oder von den Ansprüchen, die Ohm an so ein Werk hatte. Er fehlt mir, auch als Freund.

Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 08 Jun 2018, 21:33
von Shayaria
Eintrag vom 13. Peraine 1008 BF
Am 10. Peraine haben wir Brokscal verlassen – querfeldein in Richtung Westen, immer Schwester Shaya hinterher. Ich frage mich, welcher Eingebung, welchem Gefühl sie gefolgt ist, als sie uns so sicher und schnell durch ihr absolut unbekanntes Terrain geführt hat. Nach nur drei Tagen haben wir heute schon die Küste erreicht und sind sehr wahrscheinlich etwas südlich von Mengbilla.
Milene hat es tatsächlich schon in Brokscal geschafft, unsere Artefakte aufzuladen, sodass wir noch Zeit hatten, Kräuter zu sammeln und Heiltränke zu brauen. Es ist merkwürdig, ein begrenztes Kontingent von etwas so Wichtigem zu haben. Gewiss, nicht jeder denkt so wie Meror, Mandrion und ich vor Jahren noch. Aber ich vermisse es – unser Fässchen voll Heilung. Genau weiß ich es nicht mehr aber ich meine als der Lindwurm damals auf mir herumgekaut hat – die Erinnerung schmerzt immer noch in der linken Schulter – brauchte es drei Heiltränke, bis wir ihn so weit hatten, dass er zusammengebrochen ist. Im Augenblick würde ich also vielleicht zögern, solch ein Unterfangen auf mich zu nehmen.
Wie dem auch sei, zum wesentlichen Teil der Ereignisse. Schwester Shaya hat sich am Strand abgesetzt, um ungestört meditieren zu können. Chalomir hat es sich nicht nehmen lassen, sie heimlich zu bewachen. Guter Mann. Asleif, ich und ein paar andere haben derweil die Gelegenheit genutzt, zu schwimmen, ehe wir noch einmal Nahrung sammeln waren. In dieser Zeit muss es gewesen sein, dass jemand zu Shayas Meditation erschien, mit dem wir nicht gerechnet haben. Chalomir sagte, gerade als er einschreiten wollte, habe diese Frau, von der wir annehmen, dass es Pardona (!) war, ihn erstarren lassen. Er habe gesehen, wie sie Shaya Federkiel und Papier reichte auf dass diese anfing zu schreiben. Pardona habe dann die Prophezeiung gelesen und anschließend in Streifen geschnitten, sodass wir keinen Anhalt haben, wie das Ganze zusammen gehört. Nur merkwürdig ist, dass sie die Botschaft nicht gestohlen oder zerstört hat. Milene würde das jetzt wieder philosophisch erklären, dass getan wird, was getan werden muss, sei es durch uns oder andere Helden. Aber ehrlich, ich frage mich, welche Beweggründe Pardona hat. Wir haben es aus dem Sinn vorerst so zusammen gepuzzelt:

Im Westen hinter den Nebeln liegen Inseln, die nicht den Schutz der Zwölf kennen.
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Dort leben die Erben derer, deren versunkene Pracht ihr schauen durftet; und der Bruder vergießt das Blut des Bruders,
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denn es gibt keinen, der von allen anerkannt wird, so lange der eine noch lebt, der zur Legende wurde.
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Ihr braucht die Macht eines alten und des jungen Weisen, den Weg zu finden und das Ritual zu vollenden.
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Der Tod wird in eurer Mitte wüten, und das ist gut so,
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denn nur unter den Wellen, im Pantheon der toten Helden, werdet ihr erfahren, wo der hohe König gefangen gehalten wird.
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Achtet gut auf das verzauberte Holz, das euch den Weg durch den Nebel gewiesen hat, denn nur mit seiner Hilfe werde ihr den Weg zurück in eure Welt finden.
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Der Weg zurück führt über den Rand des Kessels, den die Lebenden eine Nacht vor den Krallen des alten Feindes schützen müssen.


Harte Worte. Sie machen mir Angst. Niemand sollte sterben müssen. In die Welt der Toten gehen fernab der Mächte Borons? Das klingt nicht einfach nur nach einem Abenteuer, sondern tollkühn. Eine Heldentat wird es nur, wenn sie von Erfolg gekrönt ist. Dass es eine Metapher ist, kann ich leider nicht annehmen. Und auch wenn ich denke, dass sich der Teil mit dem Ritual einmal mehr bereits auf die nächste Aufgabe beziehen könnte und daher ans Ende gestellt werden sollte, ändert das doch nichts an den inhaltlichen Aussagen dieser zehnten Aufgabe.

Wir haben noch am selben Abend das Schiff aufs Wasser gesetzt und durften mit ansehen, wie es mit jedem, der an Bord gegangen ist, wuchs bis es schließlich sogar ein Unterdeck hatte in dem wir Hängematten zum Schlafen fanden. Dort stehen auch Krüge mit frischem Wasser, eine große Schale an köstlichem Obst, süßes helles Brot und Elfenwein… jaja, das Elflein: Ilcaryon hat es sich nicht nehmen lassen, den Wein ausgiebig zu probieren und ihn sich anschließend noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen wie es so schön heißt. Ich finde der Wein schmeckt etwas zurückhaltend und ich bin weit davon entfernt, zu viel davon zu trinken. Es erinnert mich ein wenig an die Monate in Punin, wo es ja auch nahezu kein Premer Feuer gab und Eilif und ich uns mit tulamidischem Wein begnügen mussten. Meinen Studien dort hat es gewiss nicht geschadet.
Nun, als das Schiff gen Westen aufs offene Meer hinaus Fahrt aufnahm, zog recht bald Nebel auf, der schließlich so dicht wurde, dass wir den Rumpf des Schiffes kaum noch zu sehen vermochten. Aber wir hörten das Wasser und spürten die Bewegung und durch diesen Nebel hindurch wurde es hell und auch wieder dunkel, sodass wir zumindest eine Orientierung haben, wie viele Tage wir jetzt unterwegs sind. Da ich keine Ahnung habe, ob sich das mit unseren Tagen deckt, werde ich fortan erst einmal von Seetagen sprechen und das Ganze prüfen, wenn wir wieder auf Dere wandeln.

Am dritten Tag auf See
Milene hat den Nebel analysiert. Sie meinte, es würde sich dabei tatsächlich um den Limbus handeln, der quasi einen Sprung weit von uns entfernt um das Schiff herum ist. Wir mit dem Schiff befänden uns in einer Art Ausstülpung unserer Welt, die sich durch den Limbus bewegt. Wir reisen also in eine andere Sphäre. Wie sicher das ist, darüber will niemand von uns nachdenken.

Am vierten Tag auf See
Einige von uns, Milene, Schwester Shaya und Rowena, beginnen, Melodien zu hören und sagen, der Nebel würde sich lichten aber davon bemerke ich nichts. Es wäre wie Zaubermelodien, die an ihr Ohr getragen würden.

Am fünften Tag auf See
Ilcaryon und Chalomir hören es nun auch. Der Elf meinte sogar, wenn er den Stimmen zuhören würde, könnte er Aspekte ausmachen, die ihn weiter hin zu den magischen Melodien tragen würden, die andere recht grob Zauber nennen. Ihm und Milene wäre es sogar gelungen, einzelne Zauber daraus zu erkennen und sogar auf diese Weise zu studieren. Ich bemühe mich aber ich sehe nicht, dass der Nebel sich lichtet.

Am sechsten Tag auf See
Es ist mir gelungen, endlich! Jetzt sind die Melodien nicht mehr wie weit entferntes Rauschen, sondern ganz klar und deutlich zu differenzieren, wenn ich mich darauf konzentriere. Auch der Nebel hat sich endlich für fast alle von uns gelichtet und wir sehen kleine Eilande im Wasser, die ich meist noch nicht Inseln nennen möchte. Außerdem hat uns etwas angegriffen (?), das ich grob als Wasserwesen bezeichnen kann. Wobei angegriffen ist vermutlich zu viel gesagt, denn diese Wesen schienen spielen zu wollen. Sie haben einige von uns nass gespritzt und das Schiff im Wasser tanzen lassen wie eine Nussschale aber es ist niemand verletzt worden. Fraglich was passiert wäre, wenn jemand über Bord gespült worden wäre.
Gegen Mittag waren wir an einer Inseln, auf der sich erstmals ein Landgang gelohnt hat. Zwischen den Dünen haben Ilcaryon und Milene einen Schemen ausgemacht, der etwas erjagt zu haben schien. Erst dachten wir es handle sich um eine Taumvision wie bei Niamh im Zauberwald damals aber vorerst gehen wir von einem Trugbild aus, da es sehr verschwommen und unscharf war.

Am siebten Tag auf See
Wir folgen der Inselkette. Die Inseln werden größer auch wenn wir längst nicht auf jeder an Land gehen. Vielmehr nutzen vor allem Ilcaryon, Milene und ich die Zeit, um den Zaubermelodien zu lauschen. Ich habe mich mit bisher zwei Zaubern dabei auseinandergesetzt, die mich interessieren. Das eine ist ein Traumzauber, eine sogenannte Traumgestalt. Die Idee, mittels eines Zaubers kommunizieren zu können, fasziniert mich. Kann man so bei seinen Liebsten sein auch wenn man auf Abenteuer ist? Vielleicht, denn ich muss noch die Gelegenheit finden, es auszuprobieren. Der andere Zauber ist eine Möglichkeit, einen Schadenszauber abzuwehren indem man ihn bannt. Ich hatte Hinweise darauf in einem alten Buch, das wir vom Himmelsturm mitgenommen haben, gefunden. Unglaublich, dass ich jetzt eine so alte Formel lernen konnte indem ich lediglich einer Melodie folgte. Außerdem habe ich versucht, etwas von der astralen Kraft zurückzugewinnen, die ich in meine Bannaxt gesteckt habe. Dieser Ort ihr wird durchströmt von Magie, wie Milene mit ihrem Occulus bestätigte, also will ich sehen, ob auch das womöglich leichter ist.

Am achten Tag auf See
Endlich ein lohnender Landgang. Ilcaryon und ich waren jagen, das heißt es gibt heute Hirschbraten. Die anderen berichten von einem geschuppten Wesen im Wasser, das riesig gewesen sein soll. Allein was sie sahen würden sie auf dreißig Meter schätzen. Jedoch hat das Wesen seinen Angriff oder was es war abgebrochen und ist abgedreht einige Meter bevor es die Taubralir gerammt hätte. So wie es scheint gehört das zu den vielfältigen Zaubern, die unser Schiff umgeben, eine Art Abwehrzauber sagt Milene.

Am neunten Tag auf See
Heute stießen wir auf eine immens große Insel – eine Eisinsel. Sie wird von einem Zauber umgeben nehme ich an, denn während es auf dem Schiff angenehm warm ist, ist es nur den Steg hinab an Land plötzlich eisig kalt, ja ich würde von lebensfeindlicher Firunskälte (-30°) sprechen. Als Ilcaryon in der Ferne einen Eissegler entdeckte, entschieden wir uns trotzdem für einen Kundschaftsausflug, der immerhin hin und zurück mit acht Stunden veranschlagt wurde. Allerdings haben wir schon lange keine winterfeste Kleidung mehr, haben wir doch das Bornland schon vor Monaten hinter uns gelassen. Und während die anderen, sprich einmal mehr Milene, Ilcaryon, Horatio und Chalomir, in gewöhnlicher Kleidung loszogen, entschied ich mich für die Gestalt meines Seelentiers. Immerhin habe ich als Firnluchs recht dickes Fell und rutsche nicht so schnell.
Ungeduldig wie ich bin habe ich natürlich nicht auf die anderen gewartet. Gut, die Dauer der Adlerschwinge spielte natürlich auch eine Rolle. Also bin ich vorgerannt und fand einen Eissegler, in dem vier Elfenleichen lagen, noch nicht allzu lange tot. Im Segler waren Kleidung und Vorräte zu finden, von denen ich mir ein paar warme Sachen auslieh. Wie es aussah waren die vier Elfen im Kampf gestorben, durch Pfeile und unversorgte Wunden. Ich habe dann versucht, den Segler den anderen entgegen zu lenken, allerdings mit mäßigem Erfolg, sodass ich ihn erst einmal wieder reparieren musste. Als die anderen aufholten sprach Milene davon, dass dennoch Magie in den Leichen zu sehen wäre, obschon diese sich eigentlich hätte verflüchtigen sollen. Sehr merkwürdig. Wir entschieden, uns mit dem Segler auf den Rückweg zur Taubralir zu machen.
Gerade als wir ablegen wollten, machte Ilcaryon in entgegengesetzter Richtung ein Lager von Elfen aus, Bewegungen erst nur. Doch als wir entschieden, unserer Neugier nachzugeben um hier endlich auf jemanden zu treffen, wurden zwölf Eissegler erkennbar, die um ein Lager standen. Elfen wärmten sich an Feuern und grüßten uns entgegen. Eben bremsten wir ab, um sie freundlich zu begrüßen, da machte nicht nur Ilcaryon eine erschreckende Beobachtung: in einiger Entfernung näherten sich von einer anderen Seite weitere Eissegler – mit dem Banner einer goldenen, geflügelten Sonne. Pardona! schoss uns augenblicklich durch den Kopf. Jedoch als wir die Elfen warnen wollten sahen wir, wie sie sich kampfbereit machten. Und dann hörten wir von ihnen, wie sie aus dem Himmelsturm entkommen waren. Als nächstes sahen wir uns Emetiel (!) gegenüber und neben all der Überraschung, der Unfassbarkeit, dem eigentlichen Zeitparadoxon und weiteren rasenden Gedanken war in uns der Wille geboren, ihm unbedingt zu helfen. In einem wirklich unglaublichen Redeschwall an klaren Argumenten, die ich selbst nie hätte so plausibel vortragen können, überredete Milene den Anführer und Sternenträger, sein Heil in der Flucht zu suchen. Und so wurden eilig alle Eissegler mit Habseligkeiten bepackt, wenngleich sie vollkommen überladen waren, ehe eine unbarmherzige Verfolgungsjagt begann. Schließlich lieferten Horatio und Milene die sichere Prognose, dass wir es nicht rechtzeitig zum Schiff zurück schaffen würden, sondern uns die Angreifer zuvor einholen würden. Als ich dies Emetiel in Gedankenbildern mitteilte, ließ er stoppen und aus den Eisseglern einen Verteidigungswall in einem Halbkreis aufstellen.
Derweil versuchte ich, die Elfen davon zu überzeugen, zumindest einen Eissegler mit den Kindern, die ich bei ihnen gesehen hatte, und vielleicht auch den schwer Verletzten weiterfahren zu lassen. Letztendlich war ich es, die diesen Eissegler lenkte und so ihre Gefährten im Gefecht zurücklassen musste. Mein schlechtes Gewissen kämpfte gegen die Hoffnung um das Leben der Kinder und bei der Erinnerung an das Grabmal im ewigen Eis auch um Hoffnung für meine Freunde. Aber ich blickte voraus, die eine Frage im Kopf, ob wir wirklich… ob es uns wirklich vergönnt war, die Vergangenheit zu ändern.
Zur Erinnerung: Emetiel war mit seinen Getreuen im ewigen Eis des hohen Nordens auf dem Weg oder der Flucht vom Himmelsturm zum Heiligtum der alten Götter gefallen. Dort stand nun ein Grabmal aus Eis, errichtet von den wenigen Überlebenden, die ihre Geschichte in den Wänden verewigt hatten, wo sicher hundert gefallene Männer und Frauen bestattet waren. Wir wussten noch, dass einer der alten Götter, Pyrdacor, ein Drache und Herr über die Elemente, in den Kampf eingegriffen hatte, aus ebendiesen Bildern, doch so viele waren tot.
Und so berichteten mir meine Freunde, was sie heute erlebt haben. Seite an Seite waren sie mit Emetiel dem Pfeilhagel der Angreifer ausgesetzt gewesen, hatten Elfen im falschen Glauben die Stirn geboten und gegen eine Überzahl von etwa 250 ausgeruhten und gut vorbereiteten Angreifern gegen 100 Flüchtende am Ende ihrer Kräfte die Stirn geboten. Doch ganz gleich was sie versuchten, am Ende waren es zwanzig Pfeile, die den Hochelf trafen und in die Knie zwangen. Über die Bemühungen Horatios und Milenes, ihn am Leben zu halten, verblasste schließlich die Erinnerung oder legendäre Illusion und ließ meine Gefährten allein, ohne Winterkleidung und ohne Eissegler im kalten Eis zurück, immerhin weitestgehend unversehrt. Ich derweil fuhr zu diesem Zeitpunkt einen Segler in vollem Tempo, als er sich unter meinen Füßen auflöste, ebenso wie meine Kleidung und die restliche Besatzung. Es war ein harter Sturz aufs Eis aber ich lebe noch, genau wie meine Gefährten und nun haben wir eine Geschichte mehr zu erzählen, die uns keiner glauben wird. Aber was wissen die Menschen in Thorwal schon von Emetiel oder den Inseln im Nebel… bis jetzt.
Zurück auf der Taubralir wärmten wir uns auf und berichteten, was vorgefallen war. Genug Abenteuer für heute. Und so legten wir ab, weiter dieser mysteriösen Inselkette folgend. Ich habe den Abend noch dazu genutzt, um mit den anderen ein paar Melodien für den Zauber Elfenstimme auszumachen, um auf diese Weise Nachrichten übermitteln zu können –auch an jene, die keine Gedankenbilder wahrnehmen aber für ein Signalhorn zu weit weg sind.

Am zehnten Tag auf See
Auf einer bewaldeten Insel waren Ilcaryon und Phanta jagen, während Chalomir und ich dort Kräuter gefunden haben, die an sich gar nicht im Wald wachsen, beispielsweise Wirselkraut. Horatio berichtete nach seinem Landgang, dass er sah, wie ein Elf eine Echse erlegte – wieder eine der Illusionen.
Als ich die Kräuter zum Trocknen zu Schwester Shaya brachte, kam sie mir ein wenig schwermütig vor. Also habe ich sie darauf angesprochen und erfahren, dass sie sich merkwürdig fühlt, um nicht zu sagen gottlos. Sie berichtete, dass alles, was sie sonst mit Freude erfüllte als Geweihte der Travia, nun seltsam und leer sei, das Beten, das Kochen. Wir haben kurz darüber gesprochen, ob unsere Götter hier wirklich keinen Einfluss haben, denn so deute ich ihre Worte im Hinblick auf die Prophezeiung. Es tut mir wirklich leid für sie und ich denke ich sollte sie in nächster Zeit einfach öfter in den Arm nehmen, auch wenn ich nur erahnen kann, wie sich das anfühlen muss. Irgendwie scheint es nur den Elfen, also Ilcaryon und mir, hier richtig gut zu gefallen, wenngleich bislang niemand unruhig ist.
Am Nachmittag haben wir eine Elfe namens Tibanna auf einer Art treibender Insel gefunden. Bei ihr waren Robben. Ansonsten wirkt sie sehr verwirrt und scheint einen Teil ihrer Erinnerungen verloren zu haben. Sie sucht einen gewissen Brianissim, weiß aber weder wer das ist noch wo er ist. Vorerst bleibt sie bei uns und berichtete, dass es hier eine Stadt der Zauber namens Gwandual gibt sowie eine Insel oder Stadt namens Tir Nan Og, die größte und zentrale von allen. Außerdem wird das Meer hier der Lyr genannt. Tibanna war zudem übermäßig darüber schockiert, dass ihr ein Zauber misslungen zu sein scheint. Sind die Elfen hier vielleicht zu verwöhnt von ihren Melodien oder was auch immer die Leichtigkeit der Zauber hier ausmacht? Ich muss es annehmen.

Am zwölften Tag auf See
Gestern war es ruhig, nur das Gewöhnliche, bis auf das mich Horatio um Gesangsunterricht gebeten hat und wir Zeit dafür fanden.
Heute aber haben wir eine erschreckende Entdeckung gemacht. Als wir an eine Küste kamen, sahen wir dort Schiffe – nicht irgendwelche Schiffe, sondern thorwalsche Drachenboote! Und dann mussten wir mit ansehen, wie diese Flotte eine Stadt mit weißen Türmen angriff. Tibanna erklärte uns, dass diese Stadt Djanilla, die Perle, heißt bzw. hieß. Es gab nur einen Thorwaler, der unserem Wissen nach hier war und dennoch überraschte es uns, als wir Beorn auf einem der Schiffe entdeckten. Die anderen Schiffe aber waren hauptsächlich von Elfen befahren, die mit ihm zusammen diese Stadt angriffen. Fassungslos sahen wir dem Ganzen von der Taubralir aus zu – die Elfen in Djanilla wurden förmlich überrannt. Ilcaryon oder Milene, einer der beiden, entdeckte bei Beorn einen Elf im Wolfspelz, der wichtig zu sein schien. Ansonsten gewannen wir den Eindruck, dass die Bewohner der Stadt nicht mit einem Angriff gerechnet hatten. Tibanna erklärte und, dass die Elfen auf den Schiffen sogenannte Wilde waren, die hier mit Beorn plünderten. Doch woher konnte dieser eine Flotte haben, auch noch Drachenboote?
In der Hoffnung, dass es sich auch hierbei um eine Illusion handelte, versuchten wir, das Gesehene zu verarbeiten. Tibanna half uns ein wenig. Sie erklärte uns, dass einige der Elfen auf den Inseln die Städte verlassen hatten, um in der Wildnis der Wälder zu leben. Diese wurden die Wilden genannt. Ihre Absicht war, den Weg zurück zur Natur und Natürlichkeit zu finden, um für den Namenlosen kein leichtes Ziel geballt an einen Ort darzustellen – so ihre Lehre, die sie aus dem Untergang Tie’Shiannas zogen. Die in der Stadt verbliebenen Elfen würden hingegen von den „Vislani“, den Barden beschützt, die die Geisterkrieger befehligten. Viel konnten wir uns erstmal nicht darunter vorstellen aber aus Tibannas Erzählen ging hervor, dass die Vislani gute Zauberweber sein müssen im Gegensatz zu den Elfen anderer Gilden.
Später sahen wir einen Elfen, der am Ufer einen Hirsch erlegte. Und nach dem Gesehenen haben wir so viele Fragen, dass für uns feststeht, dass wir mit jemandem reden müssen der mehr weiß als Tibanna, die immer noch verwirrt zu sein scheint. Also haben wir Kontakt zu dem Elf aufgenommen oder es versucht, denn er schulterte seinen Hirsch und rannte in den Wald. Zum Glück versteht sich Ilcaryon aufs Spurenlesen, sodass wir ihm folgen konnten, zumindest bis wir von Elfen im Wald aufgegriffen wurden, wie man es nur aus den Erzählungen anderer kennt: Vor uns traten zwei Elfen, die Bögen gespannt, aus dem Unterholz. Unsicher, wie viele sich noch verborgen hatten, kamen wir der Aufforderung nach, unsere Waffe abzulegen, um sie in ihr Dorf begleiten zu können. Dort hatten wir endlich jemanden vor uns, Palil, der ein paar Fragen beantworten konnte, doch zunächst unsere Geschichte hören wollte. So berichtete ich, wer wir waren und woher wir kamen. Mit dem Meisten jedoch schien er nicht viel anfangen zu können. Dann berichtete er uns von den Wilden, die zurück in die Wälder gegangen waren und hier leben und nichts an sich tragen, das nach ihrem Tod nicht binnen von 3 Jahren verrottet. Man hielt uns gleich vor, davon viel zu viel mit uns zu führen – ein Wink zu unseren Waffen. Offensichtlich hielt Palil es für ein Aufnahmegespräch bei den Wilden. Na jedenfalls sprach er gerade vom Licht, aus dem die Elfen getreten sind, um in diese Welt… oder auf Dere zu gelangen, als plötzlich etwas über unseren Köpfen aufglühte. Dann prasselten brennende Pfeile ins Unterholz und auf einmal brannte der Wald um uns. Es war der eine Moment, in dem man sich einbildet, dass es zu einer Geschichte gehört. Dann waren wir alarmiert, denn die Wilden warnten nun jeden via Gedankenbilder über diesen Angriff.
Palil war fort und wir standen unbewaffnet in der Mitte dieses Dorfes. Immerhin lagen unsere Sachen nicht weit von hier, sodass die einen sich kampfbereit machten während die anderen nach einem Ausweg suchten. Der Ausruf „Vislani!“ machte auch sehr schnell klar, wem dieser Angriff zu verdanken war und schon sahen wir sie – Geisterkrieger. Sechs Rüstungen wurden in unsere Richtung befehligt. Wir besonnen uns auf den Solidirid um über das Feuer zu kommen und Ilcaryon webte den Zauber, während die Kämpfer, allen voran Raluf, die Rüstungen aufhielten. Niemand von den Wilden kümmerte sich mehr um uns und auch von Tibanna war mit einem Male keine Spur mehr zu sehen. Dafür verfolgten uns die Rüstungen noch ein ganzes Stück durch den Wald als wir die Beine in die Hand nahmen, wohl wissend, dass dies nicht unser Kampf ist.
Enttäuscht davon, dass wir noch immer keine Antworten hatten, suchten wir die Küste, um die Taubralir wieder aufs Wasser zu setzen. Wir warteten bis wir meinten, dass der Kampf beendet sein musste. Dann schickten Milene, Ilcaryon und ich gemeinsam eine Nachricht, Gedankenbilder, auf den Weg, um herauszufinden, ob dort jemand war. Eine Antwort erhielten wir nicht, also machten wir uns einige Zeit später auf den Weg, weiter der Inselkette folgend.

Am vierzehnten Tag auf See
Während wir unsicher sind, wo wir nach Elfen suchen sollen, die unsere Fragen beantworten können, gibt es von Asleif ein klares: auf dem Wasser. Und tatsächlich hatten wir an Land bislang nur seltsame Begegnungen. Wir fragen uns wohl alle, ob das mit den Wilden eine Illusion war oder echt. Für den Moment des Erlebens hat es zweifelsohne sehr echt gewirkt. Umso enttäuschender für uns also, dass jedwede Versuche ins Gespräch zu kommen vorerst gestorben sind.
Aber immerhin einer hat Grund zur Freude: Chalomir zeigt urplötzlich Begabung für den Axxeleratus! Ich weiß nicht wieso oder woher, keiner hier weiß das, aber als er sich mit den Melodien in Einklang bringen wollte, scheint auf einmal etwas passiert zu sein und nun trägt er keine Rüstung mehr sondern rennt wie von der Maraske gejagt übers Deck! Unfassbar, oder? Ich meine niemand erhält auf einmal und einfach so einen Astralkörper. Aber er scheinbar doch? Oder hat seine Rüstung bislang jedwede Magie erstickt? Es ist ein Rätsel.
Und während wie uns mit Chalomir an Deck in gemütlicher Runde über Magie unterhielten sollte Asleif Recht behalten: wir trafen Elfen, See-Elfen! In Katamaranen oder so etwas sind sie auf dem Meer unterwegs und sie haben als Zeichen der Freundschaft uns oder eher Asleif einen Stirnreif geschenkt, wirklich hübsch muss ich sagen. Da ich gerade nichts anderes zur Hand hatte und niemand sonst reagierte habe ich ihnen als Antwort mein Rahjasutra geschenkt… ja das klingt komisch aber es ist wirklich ein Kunstwerk. Ein wenig leidet es mich ja schon aber sie fanden die Bilder hübsch und so war das Eis gebrochen, sodass wir uns am Strand getroffen und in Ruhe geredet und zusammen gegessen und getrunken haben am Abend. Ich bin so froh über diese Begegnung. Nun wissen wir so viel mehr… beispielsweise, dass Tibanna wohl eine Elfe ist, die zur Legende wurde, weil sie mit der Legende des Brianissim so viel Herzleid hatte und sich in ihn verliebte. Angeblich wurde der Elf sogar zu einem echten und nun suchen sie sich. Das geht so weit, dass Tibanna mit den Legenden verschwindet.
Legenden, genau, so nennen die Elfen hier die Illusionen, die sich auf den Inseln abspielen. Es sind ihre Geschichten, ihre wichtigsten geschichtlichen Ereignisse und hier gibt es so viel Magie, dass sie echt werden! Je nachdem, sind sie wohl mehr oder weniger stofflich und wenn eine Geschichte sehr bekannt ist, kann man die Personen darin offensichtlich anfassen und mit ihnen normal agieren. Das ändert nichts an der Geschichte, wie es war, aber man kann so alle wichtigen historischen Ereignisse miterleben – Wahnsinn! Das und die Tatsache, dass hier draußen laut der Seeelfen niemand lebt bringt uns zu dem Schluss, dass die Begegnung gestern also auch nur eine Illusion… eine Legende war. Die Seeelfen sagen, dass die Inselkette entlang auf vielen der Inseln solche Legenden zu finden sind, immer die gleiche Legende je Insel wenn ich es richtig verstanden habe. Allerdings verblassen die Bilder mehr und mehr, wenn die Geschichten in Vergessenheit geraten. Deswegen wurde es vor Jahren die Aufgabe einer Elfensippe hier, die sie Vislani nennen, die Barden hier, diese Geschichten unters Volk zu bringen und so weiterzugeben auf dass sie nicht vergessen werden. Ein Nebeneffekt des Vergessens der Legenden scheint das auseinander driften der Inseln zu sein. Von welchen Zeiträumen hier die Rede war kann ich allerdings nicht sagen. Übrigens sind das dieselben Vislani die auch diese Geisterkrieger, so nennen die Seeelfen die kämpfenden Rüstungen, befehligen. Und die Wilden scheinen sich gegen diese alten Geschichten zu sperren. Dass das ihr Untergang sein kann scheinen sie dabei nicht bedacht zu haben, denn wo sollen sie hin wenn hier alles zerbricht? Oder nimmt die Inselkette vielleicht doch nur eine neue, andere Form an? Das wäre interessant zu wissen, ebenso wie ob sie eventuell diese Zuflucht hier verlassen wollen, womöglich auf diese Weise?
Denn ja, dieser Ort hier, die Inseln im Nebel, sind eine Zuflucht, die laut der Seeelfen – ich kann hier nur das widergeben, was sie uns erzählt haben – vor über fünftausend Jahren geschaffen wurde. Ich sage fünftausend Jahre, die Seeelfen sagen etwa zur Gründung von Tie’Shianna. Wie viele Jahre seitdem hier vergangen sind weiß ich noch nicht. Aber sie sagen, Fenvarien, Orima und Simia hätten diese Zuflucht gemeinsam erschaffen – die drei großen Könige der Elfen. Das muss man erstmal verdauen. Orima. Die Göttin, die wir getroffen haben. Was ist das für ein Ding mit den Elfen die zu Göttern werden (wollen)? Und jetzt Simia! Das ist doch unser Simia, oder? Ich meine den Halbgott, Kind von Tsa und Ingerimm, der Erneuerer, der die Schöpfung seiner Mutter mit dem Handwerk seines Vaters verbindet. Soll das eigentlich ein kreativer Elf gewesen sein? Nun gut, ich will den Göttern sicher nicht vorschreiben, in welcher Gestalt sie Alveran verlassen aber sind dann die Inseln im Nebel eine göttliche Schöpfung? Und wenn ja, aus welchem Grund? Und was ist mit Fenvarien? Wird er auch zum Gott werden, wenn sein Schicksal irgendwann erfüllt sein wird?

Ich habe eine kleine Pause gebraucht und die Gelegenheit genutzt, um mit den Seeelfen über Krankheiten zu sprechen, da ich mich noch immer nicht wieder völlig fit fühle aber es gibt keine Elfenkrankheiten wie es scheint mit Ausnahme der Gliederfäule:
Wir haben den Seeelfen unsere Prophezeiung vorgetragen nachdem sie wissen wollten, was wir hier machen. Und tatsächlich sagt ihnen der Kessel etwas. Das ist nicht, wie wir bislang dachten, eine militärisch eingekesselte Verteidigung, sondern vielmehr ein Artefakt. Dieser Kessel kam vor etwa dreitausend Jahren hierher auf die Inseln als Tie’Shianna fiel. Damals lebten die Alten und die Wilden noch in Frieden. Der Kessel kann jemanden wiederbeleben (!) sofern dessen Körper noch vorhanden ist. Es gibt dafür ein Ritual, für welches er nach Ausbruch der Gliederfäule genutzt wurde, denn das ist wohl die einzige Möglichkeit, diese schreckliche Krankheit zu überstehen, bei der einem binnen weniger Tage die Extremitäten abfaulen. Allerdings ging der Kessel vor etwa zweitausend Jahren an den Schlangenkönig verloren. Dieser tauchte wohl auf einmal auf den Inseln auf, wiederum etwa zur gleichen Zeit als die Gliederfäule ausbrach, und eroberte eine Insel. Dort lebt er nach wie vor, sodass sie die Verlorene Insel genannt wird. Wir wie die Seeelfen müssen davon ausgehen, dass sich dort der Kessel befindet. Jedenfalls wird so langsam deutlich, dass wir wirklich ins Reich der Toten gehen sollen, um herauszufinden, wo Fenvarien ist, und ihn dann zurückzubringen. Doch dazu müssen wir auf diese Verlorene Insel. Und ich habe nach den Berichten der Elfen eine Gänsehaut beim puren Gedanken daran. Allerdings scheinen die Götter uns für würdig zu erachten, daher werde ich versuchen in dieser meiner Wahl Kraft und Zuversicht zu finden.
Wie auch der Schlangenkönig tauchte vor etwa tausend Jahren eine andere Kreatur hier auf, der Tiburun – jene Riesenschlange, die beinahe unser Schiff gerammt hätte, dann jedoch abgedreht ist – vermutlich aufgrund der Schutzzauber, die die Taubralir umgeben. Außerdem warnten uns die Seeelfen vor einem Sternenträger namens Lariel. Im Hinblick auf die Prophezeiung sagten sie uns, dass der junge Elf, der gemeint sein muss, Shadruel wäre. Ein Wilder. Milene fragte einem Geistesblitz folgend, ob er einen Wolfspelz trage. Seitdem wissen wir, dass es sich um den Elfen handelt, der Beorn begleitet. Er ist ein Sternenträger. Da „ein Alter“ nicht weiter spezifiziert wird nannten sie uns dann noch eine Liste ihnen bekannter Sternenträger, darunter Koryphäen, die angeblich mit einem Baum umhersegelten, weil sie in Liaison mit einer Dryade leben. Was es nicht alles gibt! Aber es fiel auch der Name Lariel, der ihnen als eine der wenigen Gefahren auf dem Wasser bekannt ist, da er Jagd auf Rundohren macht. Er habe wohl damals den Rückzug aus Tie’Shianna gedeckt und seither einen Hass gegen Menschen, die damals dem Dhaza gedient haben müssen. Ansonsten gäbe es kaum Gefahren auf dem Wasser. Rote Fahnen an Land bedeuten die Stadt ist von der Gliederfäule heimgesucht. Oh und alles an Land sind Legenden bis hin zu der Insel auf der man wieder und wieder den Fall Tie’Shiannas miterleben kann. Von dort an würden Elfen entlang der Inselkette leben, deren Zentrum eine große Insel namens Tir Nan Og ist.
Zu fortgeschrittener Stunde haben wir wie auch die Seeelfen schließlich abgelegt, um die Nacht auf dem Wasser zu verbringen und dann weiter zu segeln. Wir mussten das erstmal verdauen auch wenn sich direkt viele neue Fragen aufgetan haben.

Am fünfzehnten Tag auf See
Heute ist nicht viel passiert, ich war mit Phanta jagen und habe darüber nachgedacht, ob es hier Rahjalieb oder Zwölfblatt gibt, wo doch unsere Götter hier keine Macht haben. Und wenn es diese Pflanzen oder auch Alveranie hier gibt, haben diese dann die gleiche Wirkung wie bei uns?
Achja, das Gewürz das Mandrion an seinen Obstsalat gemacht hat, war definitiv kein Schnittlauch. Widerlich. Ich muss dringend nach Tiefhusen wenn wir wieder zu Hause sind, und ihn dazu befragen…

Ein guter Moment zu rekapitulieren nach unserem Treffen mit den Seeelfen gestern:

Im Westen hinter den Nebeln liegen Inseln, die nicht den Schutz der Zwölf kennen.
Ich denke das kann man so stehenlassen, wir haben sie gefunden. Nur ist weiterhin fraglich, ob wir noch oder wieder auf Dere sind und das wird nicht so leicht herauszufinden sein.

Dort leben die Erben derer, deren versunkene Pracht ihr schauen durftet; und der Bruder vergießt das Blut des Bruders, denn es gibt keinen, der von allen anerkannt wird, so lange der eine noch lebt, der zur Legende wurde.
Ja, hier leben die Erben der Hochelfen von Tie’Shianna aber sie führen Krieg. Ob wahre Brüder gemeint sind oder ob das eine Metapher ist, ist noch unklar. Aber hier ist offensichtlich Fenvarien gemeint, der hier offensichtlich wirklich wörtlich Bestandteil sehr vieler Legenden auf den äußeren Inseln ist. Woher nur ist bekannt, dass er noch lebt? Was wäre anders wäre er tot?

Der Tod wird in eurer Mitte wüten, und das ist gut so, denn nur unter den Wellen, im Pantheon der toten Helden, werdet ihr erfahren, wo der hohe König gefangen gehalten wird. Der Weg zurück führt über den Rand des Kessels, den die Lebenden eine Nacht vor den Krallen des alten Feindes schützen müssen. Ihr braucht die Macht eines alten und des jungen Weisen, den Weg zu finden und das Ritual zu vollenden.
Hier habe ich vier Schnipsel von Pardona zusammengeführt, da sie nun so und nur so Sinn zu ergeben scheinen. Ich gehe davon aus, dass wir zuerst ins Reich der Toten gehen müssen, um dort die „letzten Getreuen Fenvarien“ zu finden und zu befragen. Wie es aussieht kann man dazu sterben oder hoffentlich auch die Pforte benutzen von der die Seeelfen sprachen und die sich auf Tir Nan Og befinden soll. Und dann kommt der Kessel ins Spiel, jenes Artefakt, mit dem man Tote wiederbeleben kann. Wir müssen auf die Verlorene Insel, um es zu bergen aber so wie das klingt ist es aussichtslos, es von dort weg zu bringen auch wenn das bedeutet, dass wir a) mit Beorn zusammen arbeiten und b) diese zwei, einen alten und den jungen Weisen dorthin mitnehmen müssen. Immerhin befindet sich Shadruel bei Beorn. Und um die Toten zurückzuholen ist dieses Ritual notwendig, wie wir wissen. Ich hoffe das ist alles nicht so übel, wie es hier jetzt klingt.

Achtet gut auf das verzauberte Holz, das euch den Weg durch den Nebel gewiesen hat, denn nur mit seiner Hilfe werde ihr den Weg zurück in eure Welt finden.
Das ist wohl selbsterklärend und ich hoffe das gelingt uns!

Am sechszehnten Tag auf See
Lariel – das müsste eigentlich schon alles sagen – hat uns überfallen. Zuerst haben wir versucht, uns herauszureden. Alle ohne spitze Ohren, also alle außer Ilcaryon und mir, haben sich unter Deck zurückgezogen während Reiter auf Pferden übers Wasser kamen. Da er sofort das Wort ergriffen hat, war es nicht schwer, zu erraten, wer von ihnen Lariel war. Ich habe versucht ihn davon zu überzeugen, dass wir mit ihnen nicht kämpfen wollen und keinen Streit suchen nachdem er sofort gemerkt hat, dass ich ihn anlüge und Menschen an Bord sind. Aber dieser Elf ist ein Fanatiker und da Ilcaryon und ich uns an Deck nicht mit sechs Elfen anlegen wollten, konnten wir die anderen nur warnen, bevor sie uns einschlafen ließen. Aus den Erzählungen meiner Gefährten und dem, wie sie aussahen, schließe ich, dass es einen extrem heftigen Kampf an Deck gegeben hat und viele von uns leben nur noch, weil wir genug Heiltränke dabei haben und unsere Kameraden ebenso wenig zögern, uns diese zu verabreichen, wie wir es würden. Horatio, Milene, Chalomir, Phanta und Raluf hatte es wohl am schlimmsten erwischt. Irgendwann hat Milene mich geweckt, sodass ich mithelfen konnte, diese Eindringlinge zu besiegen. Aber es erfüllt mich mit Trauer, dass jemand so sehr hasst, auch wenn ich es verstehen kann.
Damals, als Tie’Shianna fiel, so haben die Seeelfen erzählt, war es Lariel, der den Rückzug mit seinen Leuten deckte und zurückblieb. Sie jagten jene Menschen, die mit auf der Seite des Namenlosen gekämpft hatten, um sie zur Strecke zu bringen. Aber schlussendlich verfluchten sie die Menschen, sodass sie nicht länger Land betreten konnten, sondern auf dem Wasser bleiben müssen. Außerdem sind sie dazu verflucht, ewig zu wandeln, denn es ist ihnen untersagt, ins Reich der Toten einzukehren. Und so wurde aus einem Sternenträger ein Untoter der nur ein Ziel kennt: die Jagd auf Menschen, um diese zu töten. Er ist von Hass zerfressen und auch seine Begleiter sind so fanatisch, dass sie sich lieber selbst umbringen, als lebendig auf die Rückkehr der anderen in ihre Körper zu warten. Ich würde ihnen gerne helfen aber im Moment ist das nicht unsere Aufgabe. Und da wir nicht wissen, wann sie zurückkehren, wollen wir uns beeilen, die nächsten Tage voranzukommen.

Am siebzehnten Tag auf See
Heute haben uns die Seeelfen eingeholt von denen uns tatsächlich einer begleiten will. Allerdings interessiert er, Ebereon, sich deutlich weniger für uns und unsere Aufgabe als dass wir vielmehr auf dem Weg zu jener Legendeninsel sind, die er besuchen will, um an dem Eisseglerrennen teilzunehmen – ich vermute jenes bei dem Ometheon seinen Bruder Emetiel schlagen konnte. Immerhin sind wir jetzt nicht mehr dreizehn Gefährten, sondern mit ihm vierzehn.
Nach dem auslaugenden Kampf mit Lariel haben wir eine größere, bewaldete Insel angesteuert, um Kräuter zu sammeln. Leider konnten wir keine Eidechsen finden, die für einen Heiltrank nur schwer zu substituieren sind. Daher haben wir, Ilcaryon und ich, versucht, etwas Vergleichbares aufzutreiben und sind daher auf Spinnenjagd gegangen, da diese sich zumindest auch häuten. Allerdings waren wir, als wir eine recht große Baumspinne gefunden haben, die einen Hasen gefressen hat, wohl zu übereifrig, denn wir mussten schließlich die eingefrorenen Einzelteile des Tiers aufsammeln. Ich glaube nicht, dass Milene daraus noch einen Heiltrank herstellen konnte.

Am achtzehnten Tag auf See
Uns kam heute ein sehr großes Schiff entgegen und da wir von den Seeelfen wissen, dass die Legenden auf den Inseln ablaufen, schwankten wir zunächst zwischen Wachsamkeit vor einem Angriff und der Neugier auf andere, hier lebende Elfen. Wie ernüchternd war doch die Erkenntnis, als wir an Bord gingen und dort Kampfspuren vorfanden. Das Erschreckendste: an der Reling steckte ein Stück von einem Schneidzahn, das abgebrochen sein muss. Beorn (!) schoss es uns natürlich durch den Kopf und es kommt einer Ohnmacht gleich zu sehen, was dieser Wahnsinnige hier treibt. Unter Deck lagen, aufgebahrt auf den Ruderbänken, unzählige Tote, wie wir annehmen von den Stadtelfen, ausgeplündert und auf dem Weg ihrer letzten Fahrt den Lyr hinab. Noch nie war mir etwas so zuwider wie dieser Bruderkrieg in den Beorn sich hier einmischt, sodass keine Bewunderung mehr für die Elfen hier übrig ist. Ich schimpfe sie im Stummen Narren und kann nicht fassen, dass sie sich wegen etwas umbringen, dass sie in meinen Augen gemeinsam in Angriff nehmen müssten – den Kampf gegen den Namenlosen. Von uns wollte keiner an diesem Tag den idyllischen Strand anlaufen, der unseren Weg kreuzte. Ich denke die anderen fühlen ebenso.

Am neunzehnten Tag auf See
Wir haben das Schiff verlassen als wir auf einer Insel eine Ruine erspähten. Viel haben wir beim Durchsuchen allerdings nicht gefunden, wenn man von einem magischen, sprechenden Schädel absieht, der im höchsten Palastturm auf einem Thron lag. Ilcaryon meinte, dass es sich um einen Elfenschädel handle. Dieser sprach uns tatsächlich an und bat darum, in einen Fenstersims gelegt zu werden, um aufs Meer hinaus blicken zu können. Natürlich waren wir skeptisch aber schließlich erfüllte Ilcaryon ihm die Bitte und so wurde der Schädel auf einmal merkwürdig ernst, als er sagte:
„Wer einem toten Freund helfen will,
muss sich mit einem lebenden Feind verbünden.“
Das würde ich durchaus nach unseren Erfahrungen eine Prophezeiung nennen, vor allem da sich der Schädel einen Moment später nicht mehr daran zu erinnern schien, so etwas gesagt zu haben oder auch nur mehr auf uns einging, weder auf Drohungen noch irgendetwas anderes mehr reagierte. Dennoch oder vielleicht auch deswegen halte ich seine Worte für wichtig, unterstreichen sie doch, was wir bereits alle befürchten, nämlich dass wir uns mit Beorn verbünden müssen, um diese Aufgabe zu bestehen, allein schon wegen Shadruel. Aber vielleicht spielen die Wilden hier auch eine Rolle.

Am zwanzigsten Tag auf See
Als eine größere Insel von Wald und Wiesen bestanden näher rückte, entschieden wir rasch, an Land zu gehen und uns dort umzusehen. Und auch wenn die Zeit drängt, so möchte ich dennoch möglichst viele der elfischen Legenden sehen und erfahren, um ihre Geschichte zu kennen und auch das, was auf uns zukommt. Hier waren es zwei Elfen, die im Wald über Ilcaryon und Horatio stolperten und so in unser Lager fanden, wo sie und auch wir allerdings recht schnell herausfanden, dass diese Legende für uns zwar sichtbar war, jedoch nicht physisch. Die Elfen griffen einfach durch uns hindurch und als wäre das nicht genug, hielten sie uns für eine sie ausspionierende Illusion. Wie sich herausstellte war dies die Legende eines diplomatischen Gespräches, das zwischen den Echsen und Fenvarien stattfinden sollte. Da wir jedoch nicht in der Lage waren, unser Hiersein verständlich zu erklären, lagen bald zwischen der Delegation und unserer Mannschaft so viele offene Fragen, dass die Absicht, Ilcaryon als Double von Fenvarien zu benutzen, um so einen möglichen Anschlag zu entgehen, wieder eingestampft wurde. Unsere Versuche, es trotzdem zu so einem Treffen kommen zu lassen, gipfelten schließlich und leider sogar in Anfeindungen, sodass wir den Ort des Geschehens nach einem Angriff auf mich mittels Fulminictus verließen. Ich weiß nicht, an welcher Stelle wir uns diese Möglichkeit verspielt haben, ein diplomatisches Gespräch mitzuerleben aber ich befürchte wir wissen schon, dass es nie zu so einem Gespräch mit einem guten Ausgang gekommen sein kann, denn die Achaz und vielleicht auch andere Echsen nennen die Elfen blutrünstig. So aber werden wir nichts über die Geschichte der Elfen und im Speziellen Fenvariens lernen.
Immerhin hatte Milene die Zeit für uns neue Heiltränke zu brauen, da wir weiterhin damit rechnen müssen, dass Lariel abermals auftaucht. Aber auch sonst ist diese Zuflucht der Elfen nicht gänzlich ungefährlich wie sich herausstellte. In der Nacht nämlich hatten wir einen anderen Besuch der unangenehmen Sorte. Wie auch in der Vornacht hatte Ilcaryon das Steuer, um uns sicher durch die Nacht zu bringen, als er in einiger Entfernung ein diffuses Leuchten ausmachen konnte, dass sich beim Näherkommen als humanoide Gestalt entpuppte. Als er an dieser leuchtenden Frau vorbeisteuern wollte, holte diese mit einem Netz, ebenfalls aus Licht, aus, um den Elfen einzufangen. Das war der Moment, in dem ein Ringkampf entbrannte, in dem wir Ilcaryon halfen, sich aus dem Netz zu befreien und relativ unbeschadet an Deck zurückzugelangen. Ebereon berichtete uns später, dass diese Gestalt Meerherrin genannt würde. Nariella, so ihr eigentlicher Name, würde sich öfter Elfen einfangen und sie mit sich unter Wasser nehmen. Nach einigen Tagen würden diese dann wieder auftauchen, jedoch ausgerechnet vor dem Bug der Schiffe, von denen sie entführt wurden, und wenig bereit über die Ereignisse bei der Meerherrin zu sprechen. Es gibt hier wohl doch mehr Gefahren auf See als uns lieb ist.

Am dreiundzwanzigsten Tag auf See
Gestern und heute verliefen nahezu ereignislos. Wir segeln weiter an den Inseln vorbei, die uns zu klein für einen sinnvollen Aufenthalt erscheinen. Lediglich ein Totenschiff der Wilden haben wir heute gesehen - schmucklos und einfach, wie wir es erwartet haben, da sie sich zu Grunde legen, nichts an sich zu tragen, das nicht binnen von drei Jahren verrottet. Ebereon hat es uns bestätigt. Metallwaffen sucht man ihnen also vergebens. Auch über die Meerherrin haben wir noch einmal gesprochen. Es scheint hier noch eine versteinernde Bestie zu geben aber viel konnte uns der Seeelf nicht darüber berichten.

Am sechsundzwanzigsten Tag auf See
Vorgestern sind wir eine Dschungelinsel angelaufen, um ein paar Kräuter zu suchen und vielleicht auf die Legende dort zu stoßen. Es dauerte auch nicht lange bis wir im Unterholz Elfen hörten jedoch nicht sahen. Sie schlichen voran und wir folgten ihnen bis sie ein Lager aufschlugen. Sie besprachen sich, offensichtlich planten sie einen Angriff auf einen Außenposten der Echsen und führten diesen schließlich auch durch. Auch von Leviathanen war die Rede, allerdings sahen wir von diesen ebenso wenig. Von Verletzten und auch einigen Toten war die Rede als die Elfen nach dem gelungenen Überfall Rast machten und hier die Nacht verbrachten. Wie wir aus den Gesprächen heraushörten, handelt es sich hierbei um die Legende von Serleen, der auf dem Weg ist, um seine Braut Lafadiel zu retten, die von Echsen entführt wurde. Über die Hintergründe allerdings haben wir nicht viel erfahren und auch Ebereon wusste nichts weiter darüber zu berichten.
Am nächsten Morgen war die Legende für uns plötzlich sichtbar und wir sahen die Elfen aber vor allem in etwa einem Kilometer vor uns im Tal eine Echsenstadt. Sie trägt den Namen Xch’war! Nun wissen wir also wonach sich dieser Maru im H'Rezxem benannt hatte oder benannt worden war. Allerdings nahmen die Elfen keine Notiz von uns sondern liefen einfach durch uns hindurch. Am Abend erst machten sie sich auf den Weg in die Stadt während wir hier zurückblieben, um den Angriff mit anzusehen oder besser uns von Ilcaryon berichten zu lassen, was genau passierte. Dieser konnte sie Ereignisse mit Hilfe eines Adlerauges sehr genau beobachten zumal er als Elf auch in der Dunkelheit recht gut sehen kann. Als jedoch die Legende für uns in den Morgenstunden stofflich wurde, beschlossen wir zu gehen, um nicht noch in den Kampf mit hineingezogen zu werden und wertvolle Ressourcen aufzubrauchen. Allerdings würde ich schon gerne erfahren, wie das Ganze ausgegangen ist und ob Serleen seine Liebste retten konnte. Inzwischen sind wir wieder an der Küste und die Taubralir trägt uns weiter die Inselkette entlang.

Am siebenundzwanzigsten Tag auf See
Vormittags noch segelten wir an einer Insel vorbei, entschieden dann aber nachmittags, eine besonders idyllische, von Wald bestandene Insel anzulaufen. In Erwartung eines besonders guten Kräuterfundes machten Ilcaryon und Horatio sich zusammen auf den Weg, während Phanta und ich wieder einmal jagen gingen, nun eigentlich vielmehr etwas suchen, das ein bissen Abwechslung auf unseren Speiseplan bringen würde. Es lief ganz gut, denn ich entdeckte eine Vogelkolonie bei der es mir nicht leidtun musste, einige der Nester um ein Ei zu erleichtern. Als wir dann zurück zum Strand kamen, erwartete Phanta und mich ein seltsames Bild: ein grinsender und glucksender Abdul, Raluf und Eigor die sich fast stritten, Chalomir und Shaya ziemlich zerzaust, nur Asleif und Milene wirkten entspannt, während von Horatio und Ilcaryon jede Spur fehlte.
Natürlich entbrannte eine Diskussion um das, was hier los war. Und wie sich herausstellte, saßen wir auf einer Dryadeninsel! Asleif erzählte das so seelenruhig als wäre es das Normalste auf Dere. Immerhin schon einmal habe ich in meinem Leben eine Dryade gesehen und selbst ich muss grinsen, wenn ich daran denke, was mir später mein Freund Mandrion, der eine Weile (…) bei ihr war, berichtet hatte. Jetzt aber muss ich Asleif ansehen und schlucken. Phanta wollte natürlich sofort nach Horatio suchen, während Rowena wohl etwas Unschönes ahnte, denn sie verzichtete darauf, sich der Suche anzuschließen, um keinen dummen Fehler zu machen. Also zogen Milene, Phanta, Indira und ich los, um die Verschollenen zu suchen und fanden schließlich Horatio, der im Wald gerade selbst auf der Suche nach Ilcaryon war. Angekommen an der Stelle, an der Horatio unseren Freund zuletzt gesehen hatte, wirkte Milene einen Occulus Astralis und staunte nicht schlecht, als sie nun alle fünf Schritt einen magischen Baum erkennen konnte – so viele Dryaden gab es hier also. Wir verschafften uns mit einer geschwungenen Axt Gehör und fragten die erscheinenden Dryaden „höflich“ nach dem Elf. Keine wollte ihn gesehen haben. Gerade als ich meine Axt in einem der bewohnten Bäume versenken wollte erschien das Spitzohr direkt vor meinem Axtblatt und das splitterfasernackt. Gut, dass Rowena nicht hier war. Eigenen Aussagen zufolge war er gerade mit einem Leib der Erde entkommen weil wir die Dryade ablenkten. Aber das sollte er schon selbst erklären. Nicht schwer zu erraten was Indira dachte. Ich bin erstaunlicherweise weniger von der Magie der Dryaden fasziniert und auch Milene machte keine Anstalten mehr zu erfahren, weswegen es zügig zum Lager ging, wo Shaya bereits köstliches Rührei für alle zubereitet hatte.
Beim Essen erfuhren wir dann, dass Raluf von einer Dryade in ihren Baum eingeladen worden war, den Eigor mit der Aussage „kein Spitzohr nimmt meinen Freund mit in einen Baum“ gefällt und sogar verbrannt hatte. Interessant wäre nun doch, was mit der Dryade in diesem Fall passiert.
Ganz ähnlich muss es Chalomir und Shaya bei der Suche nach kulinarischer Abwechslung ergangen sein, denn auch wenn sie sich ausschweigen, munkeln wir, dass es da einen kleinen Zwist, vielleicht zwischen Shaya und einer Dryade gegeben hat. Vielleicht erfahren wir es irgendwann einmal.
Für Ilcaryon und Rowena bahnt sich jetzt wohl die erste schwierige Zeit an. Ich bin nur der Beobachter aber sie wirken beide unzufrieden und natürlich gibt der Elf nicht kleinbei. Ist es ein Fehler, eine Verfehlung? Untreue – darum geht es doch. Dabei wird mir so langsam bewusst, dass ich einer anderen Frau, die Asleif verführt, die Augen auskratzen würde bevor ich ihn vermutlich schmoren lassen würde oder Schlimmeres. Eifersucht ist Neuland für mich, daher werde ich später in Ruhe mal mit ihm darüber reden, wenn die Gemüter sich einigermaßen beruhigt haben.

Es war eine seltsame Stimmung auf dem Schiff an diesem Abend und so waren alle recht früh in ihren Hängematten auf der Taubralir, denn Ilcaryon hatte das Steuer, sodass wir die Nacht durch segelten. Wie so oft zogen hin und wieder Nebelschwaden übers Wasser und an uns vorbei. Niemand hätte damit gerechnet, dass aus einer solchen Wolke plötzlich Lariel mit seinen Gefährten springen und uns angreifen würde. Weit gefehlt, denn genau das passierte. Ilcaryon und die Nachtwache bestehend aus Raluf und Eigor suchten den Weg unter Deck, um dem einsetzenden Pfeilbeschuss zu entgehen. Nur knapp kamen Raluf und der Elf nach unten, während Eigor auf der Treppe unters Deck zusammenbrach. Niemand konnte den tödlichen Pfeil verhindern, der den Bewusstlosen traf, doch jeder Heiltrank kam zu spät nachdem wir ihn endlich hinab zu uns hatten ziehen können.
Schließlich zogen Lariel und seine Leute ab als Milene ihre Kugel mit einer Schutzsphäre vor Untoten aktivierte, die die Treppe umgab. Nach einer Weile trauten wir uns wieder an Deck und sicherten es in Windeseile mit einer Eispalisade um Steuer und Steuernden ehe wir uns auf die Suche nach einer Insel bzw. der Inselkette machten, da es uns schwer fiel, uns zu orientieren. Allerdings waren wir uns auch einig, dass wir nicht hier bleiben wollten, wo der Kampf uns hin abgetrieben hatte. Ilcaryon und Milene blieben wach aber wirklich schlafen konnte in dieser Nacht wohl keiner mehr. Derweil nahm ich mich Ralufs an, für den der Verlust schlimmer sein muss als für uns alle zusammen. Eigor war sein bester, vielleicht sein einziger Freund auch wenn ich meine, dass wir alle die wir zur Mannschaft gehören inzwischen so etwas wie Freunde sind. Gerade das macht es aber auch hart, wenn wir jemanden verlieren.

Am neunundzwanzigsten Tag auf See
Während wir gestern und heute noch immer nicht auf Land gestoßen sind – wie weit sind wir abgetrieben? – haben wir das Deck weiter befestigt und auch unsere Sachen unter Deck so umgelagert, dass wir recht schnell eine gute Deckung haben sollten. Vor allem aber habe ich auf Schwester Shayas Bitte hin einen Sarg aus Eis für Eigor geformt, sodass wir ihn weiter mitführen können. Denn natürlich haben wir die Hoffnung, dass dieses Kesselritual ihn uns zurückbringt und so lange wollen wir seinen Körper in einem guten Zustand erhalten. Keiner von uns hat es gewagt, den Zwerg auszuziehen oder ihm etwas abzunehmen. Ich denke das hat er auch seiner Baderesistenz zu verdanken.

Am dreißigsten Tag auf See
Gegen Mittag meinten wir, endlich ein kleines Eiland vor uns zu haben. Beim Näherkommen stellte sich jedoch heraus, dass es sich um ein Baumboot handelte – jene auf denen ein paar der Elfen leben, um mit ihren Dryadengefährten zusammen sein zu können. Ich weiß nicht, ob es sich dabei ausschließlich um Sternenträger handelt nach dem, was uns die Seeelfen erzählt haben, könnte es mir aber vorstellen. Der Hausherr dieses Baumbootes jedenfalls ist ein gewisser Faelandel Windmeister, wie sich herausstellte, denn natürlich steuerten wir ihn an und machten ihm klar, dass wir nicht Beorn und seine Meute sind und ihm auch nichts Böses wollten. Er ließ sich also auf ein Gespräch mit uns ein und konnte uns zu unserer Freude endlich einige unserer Fragen beantworten. So nennt man die Schlangenmagier zu denen der Schlangenkönig gehört beispielsweise Skretchu und er wusste auch, dass sie ausnahmslos magisch begabt sind, ähnlich den Leviathanen wie Milene berichten und hinzufügen konnte.
Er riet uns auch davon ab, auf Tir’Nan’Og durch das Tor ins Totenreich zu gehen, als wir ihm von unseren Absichten und dem Kessel erzählten. Nichts Stoffliches könne aus dem Reich unter den Wellen zurückkehren, also kein Körper, sondern nur das Licht. Und mit Licht meint der Elf offenbar die Seele in diesem Fall.
Er erwähnte noch einen Amanthilada, den Fruchtbringer, der auch ein Sternenträger auf einem Baumboot hier im Lyr ist. Zuletzt erklärte er uns noch knapp die Rituale, die die Elfen kennen, um sie auf Waffen zu legen: Zunächst die Bindung der Waffe, die Voraussetzung für die weiteren Rituale ist: Treue Klinge, Apport, Elementare Weihe, Ritus des elementaren Zorns und Ritus der elementaren Kraft.
Erschreckend fand ich seinen Bericht von versteinerten Schiffen, die hier im Lyr trieben – versteinert mit samt der Mannschaft und das ohne ersichtlichen Grund. Da bekommt man doch direkt eine Gänsehaut und fragt sich, was so etwas verursachen könnte. Soweit ich weiß können Basilisken nur Lebewesen versteinern und das ist bereits schlimm genug.
Wir verließen den freundlichen Elfen, der wohl wirklich den Wind hier lenken kann oder sogar lenkt, wie sein Name sagt. Sofern ihm möglich will er dafür Sorge tragen, dass der Wind hier für uns günstig steht.

Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 06 Jul 2018, 22:43
von Shayaria
Am einunddreißigsten Tag auf See
Nachdem Faelandel Windmeister uns den Weg gewiesen hat, sind wir gestern Abend noch auf Land gestoßen und haben sogar die Nacht auf einer Insel verbracht. Das gab und Gelegenheit, einige Bäume zu fällen, um daraus eine Palisade als Pfeilschutz für den Steuermann zu bauen. Auf den nächsten Besuch Lariels wollen wir vorbereitet sein und so haben sich alle eingebracht. Ich habe neue Phiolen aus Stein geformt, sodass Milene bald neue Heiltränke wird herstellen können. Einige der von Chalomir angefertigten Eimer haben wir mit Dreck befüllt und auch kleine Beutel für den Gürtel angefertigt, an denen man Erde mit sich tragen kann. Wir alle sind dankbar, dass Faelandel uns verraten hat, dass man Lariel in die Flucht zwingen kann, wenn man ihn mit Dreck bewirft. Das mag sicher nicht nett sein aber jedem von uns gibt der Tod von Eigor zu denken. Der erste Kampf mag Glück gewesen sein, weil Lariel nicht wusste, mit wem er es zu tun hat, aber ich denke diese Elfen gehen strategisch vor und greifen uns nicht irgendwie an. Sie sind ein eingespielter Trupp der seit mehreren tausend Jahren gemeinsam nur ein Ziel hat: Rundohren zu töten. Ich würde gerne mehr über den Fluch wissen wollen, der auf ihnen lastet und wegen dem sie nicht auf’s Land können und sogar geworfene Erde ihnen schadet. Wenn ich es richtig verstanden habe ist es auch dieser Fluch, der sie am Dasein erhält – Leben kann ich das nicht nennen.
Oh, Ilcaryon hat erzählt, dass Horatio seit Neuestem Magie sehen kann, wenn er sich darauf konzentriert, das heißt magische Dinge würden ihm rot erscheinen. Was soll das nun bedeuten? Erst geht Chalomir ab wie ein Difar und nun das. Werden hier alle mit der Zeit zu Elfen oder welchen Schluss kann ich daraus ziehen?

Am dreiunddreißigsten Tag auf See
Gestern noch haben wir die letzten Handgriffe getan, um die Palisaden an Deck zu befestigen und so ein wenig Schutz vor Lariel zu finden. Dann setzte recht unvermittelt ein heftiger Sturm ein, der die ganze Nach andauerte und erst heute Morgen nachließ. Wieder wissen wir nicht genau, wo wir sind und wie weit wir vom Kurs abgekommen sein könnten und versuchen, zurück zur Inselkette zu kommen.

Genau dabei sind wir auf eine Elfengaleasse getroffen, die mich sehr an jene in der Sargassosee erinnerte, nur ohne Kelch und Dämon und Spinnenweben, sondern stattdessen militärisch in Schuss und mit echter Elfenbesatzung. Diese hat uns sehr skeptisch beäugt obwohl wir uns via Gedankenbilder vorstellten. Dabei wurde uns schmerzlich wieder ins Bewusstsein gerufen, wie schlecht Beorns Ruf hier bei den Vislani und auch anderen Elfenvölkern ist. Man hielt uns für seine Mannen und wir mussten gefühlt hundertfach beteuern, nichts Schlechtes im Schilde zu führen und mit ihm nichts zu tun zu haben bis man die Waffen senkte. „Das wird man sehen“ sagte ein Elf namens Djundriel, der Erste Offizier dieses Schiffes und Vislani. Er nahm uns höflich aber bestimmt auf sein von Geisterkriegern gut bewachtes Schiff auf, man könnte auch sagen gefangen, um uns in eine Elfenstadt namens Ta‘Lisseni auf der Insel Shaltyr zu bringen, wo ein Tribunal über uns richten soll. Offenbar müssen wir beweisen, dass wir mit Beorn und seinen Machenschaften hier nichts zu tun haben. Zumindest Djundriel scheint uns zu glauben insofern bin ich optimistisch.
Es wundert mich, dass es auf Shaltyr bewohnte Städte gibt, denn zumindest in meinen Gedanken war diese Insel bislang eine der äußeren Inseln auf der sich tagtäglich die Legende vom Fall Tie’Shiannas abspielt und nicht mehr. Wer sollte so etwas schon immer wieder sehen wollen?

Auf der siebentägigen Fahrt nach Ta’Lisseni kamen wir weitestgehend gut mit den Vislani aus, sodass sie uns ein paar ihrer Legenden erzählten, darunter jene von Dagal, dem ersten Legendensänger und damit so etwas wie der Urvater der Vislani. Er habe so gut und schön gesungen, dass die Winde ihm einen Thron erbaut hätten, von dem aus sein Lied über die ganze Welt erklang, zumindest bis – vermutlich – das Dhaza seinen Geist verwirrte. Er sang von Unendlichkeit und als er versuchte, einen Weg aus dieser heraus zu finden, habe er wohl den Anfang seines Liedes vergessen oder vergessen lassen wollen und sei somit gefangen in seiner Melodie. Aber das klingt sehr verworren, sodass ich nicht sicher bin, ob ich das richtig verstanden habe.

Am neununddreißgsten Tag auf See
Gegen Mittag erreichten wir Shaltyr, jene Insel auf der sich nun also die Legende um den Fall Tie’Shiannas wiederholt und wegen der über ihr stetig Rauchwolken stehen. Tatsächlich bilden zwanzig bis hundert Meter hohe Klippen die Küste der Insel, angeblich nicht nur auf der Seite, die wir gesehen haben, ehe wir in den Hafen einliefen. Schon von weitem kann man die Paläste sehen, aus denen die Stadt besteht. Hinter dem Kriegshafen schließt sich ein weiteres Hafenbecken an, das wir nicht einsehen könnten. Denn obschon wir Ta’Lisseni mittags erreichten, mussten wir uns bis abends gedulden ehe wir das Militärschiff verlassen durften.
Die Stadt erstrahlte im Glanz magischer Lichter als wir zu einem der Paläste geführt wurden, wo man uns auch die letzten Waffen abnahm ehe wir vor das Tribunal treten durften, das über unser Leben entscheiden sollte. Ich war guter Dinge nachdem Djundriel auf dem Weg nach Shaltyr noch angeboten hatte, ein gutes Wort für mich einzulegen, um mir die Aufnahme bei den Vislani zu gestatten, sollte das Tribunal für uns entscheiden. Und so berichteten wir ohne große Auspaarungen oder Beschönigungen wie es kam, dass wir, zwölf Fremde nun hier standen und uns Verbrechen erwehren mussten, die wahrscheinlich Beorn begangen hat. In der Anklage hieß es, wir hätten Elfen angegriffen, verletzt, ermordet und das Zauberschiff, die Taubralir, gestohlen. Nachdem ich kurz zusammengefasst unsere Fahrt schildern durfte, führte Milene aus, dass wir das Zauberschiff erhandelt hatten.
Eigentlich hatte ich nicht mit solch harten und verbissenen Verhandlungen gerechnet und wohl keinesfalls mit Feindseligkeit. Aber vermutlich haben diese Elfen dank Beorn ein so schlechtes Bild auf Menschen, dass sie Lariel noch anfeuern würden, uns endlich zu töten. Einen guten Teil dieser Skepsis, die uns hier bislang jeder entgegen brachte, kann ich verstehen. Aber als sich das Tribunal, bestehend aus den drei Elfen Belimone, Sanyarin und Valaria, zurückzog, hätten wir wohl alle ein anderes Ergebnis erwartet. Denn wie wir erfuhren hatte sich eine Elfe aus der Stadt, Oristami die Militärgouvernantin und Sternenträgerin, über das Urteil hinweg gesetzt und angeordnet, dass wir in drei Tagen durch das Schwert sterben würden. Eine Elfe, die wir nie gesehen hatten, die uns nie gesehen hatte, mit der wir nicht gesprochen hatten, hatte also entschieden…

Nach der Verhandlung brachte man uns unter unserem Spott über diese vermeintliche Hochkultur, gut meinem Spott, in ein Gebäude, das man einen Palast nennen kann, das aber unser Gefängnis für die Zeit bis zur Hinrichtung sein würde. Unsere „Zelle“ bestand aus einem öffentlichen Bereich, mehreren Kammern zum Ruhen und einem großzügigen Badebereich. Allein das Gitter, durch welches man auf den Flur zu sehen vermochte, und die Fenster, die in fünf Schritt Höhe ihren Sims hatten, ließen uns nicht vergessen, wo wir waren.
Es war später Abend als die Wachen uns hierher brachten. Djunriel selbst war es, der uns begleitete und der seinen Worten nach ebenso überrascht über dieses Urteil war, wie wir. Er scheint Oristamis Entscheidung nicht zu teilen, sodass er, wie er uns mitteilte, einen Boten zu einem Vadriel geschickt hatte – dem obersten der Vislani. Dies wäre die einzige Möglichkeit, Oristamis Urteil noch umzuwerfen. Allerdings würde der Bote auch eineinhalb Tage bis zu Vadriel brauchen und dieser muss auch noch hierher kommen, sodass wir nur eine geringe Wahrscheinlichkeit sehen, dass dies klappen könnte. Zumal Vadriel noch nicht von unserer Unschuld überzeugt ist oder auf dem Weg etwas passieren kann, sodass er sich verspätet. Wir dankten Djunriel für seine Bemühungen und mich stimmt es etwas milder, zu sehen, dass es auch solche Elfen gibt. Er verriet uns auch, dass der Bote die Taubralir, unser Zauberschiff, mitgenommen hatte, was unsere Stimmung drastisch senkte. Ich weiß nicht, ob er damit rechnet, dass wir fliehen werden, aber auf meine Frage, wo unsere Ausrüstung sei, gab er an, im Raum neben der „Gefängniszelle“ würde diese liegen. Ich denke er ist ein guter Mann.
In unserer Zelle sind wir überraschenderweise nicht allein. Gwyrn, ein Seeelf wie er uns sagte, war noch wach und erzählte uns, dass er seit etwa zwei Wochen hier einsitzen würde, als wir zu ihm gesperrt wurden. Er sagte uns, dass er hier sei, weil er Gespräche zur Versteinerung von Schiffen belauscht habe und einigen Vislani nachgeschlichen sei. Ein anderer Elf in der Zelle nahm kaum von uns Notiz, sondern wirkte vielmehr apathisch zusammengesunken. Gwyrn stellte ihn uns als Salabal den Leidenschaftlichen, einen Sternenträger vor. Die Seeelfen hatten uns bereits von ihm berichtet – er war wie Faelandel ein Sternenträger, der eigentlich auf einem Baumboot lebte und mit seiner Dryadenbraut die Meere befuhr. Und dann war da Lynissien, der bereits schlief. Er gehörte zum Clan der Tlaskelem, der Elfenclan, der sich um die Seebestattungen kümmerte und die Boote für die letzte Reise über den Lyr baute und aussandte.
Aufgewühlt wie wir waren konnte niemand an Schlaf denken, also steckten wir die Köpfe zusammen nachdem unsere Wache den Gang hinunter etwas entfernt saß und uns unmöglich im Auge haben konnte. Man verlässt sich hier wohl sehr auf das Gefängnis. Es gab auch tatsächlich noch etwas zu essen, wobei ich keinen Grund sah, meinen Unmut nicht auszusprechen, denn es war einmal mehr Obst mit süßem Brot. Bin ich undankbar gewesen? Nein, ich glaube frustriet über die ersten Vislani, die wir hier auf den Inseln trafen, trifft es besser. Die anderen mussten das auch einsehen, es gab und gibt für uns keinen Grund, nicht auszusprechen, was wir denken, so wie man uns hier behandelt, schließlich sind wir Todgeweihte. Allerdings sind wir uns ebenso einig, dass wir ausbrechen werden. Als ob eine Wand von fünf Schritt Höhe uns aufhalten könnte! Schon beim zweiten Versuch, eine Menschenpyramide aufzustellen, konnte unser nachtsichtiger Elf einen Blick durch das hohe Fenster hinauswerfen – wo das Gebäude 25 Schritt hinab abfällt. Auch die Stadtmauer ist nicht weit entfernt. Allerdings mussten wir uns nun erst einmal überlegen, was wir machen wollten, wohin wir gehen wollten und wie es weitergehen sollte.
Djunriel hatte uns ja gesagt, dass man die Taubralir fortgebracht hatte und wir wollen sie zurück. Außerdem gab es da noch Vadriel, der vielleicht anders dachte als Oristami und ihr Urteil ändern konnte. Wir diskutierten eine ganze Weile bis Horatio mir etwas an den Kopf warf, dass mir seither Bauchschmerzen bereitet. An sich denkt man sich nichts dabei, wenn jemand flapsig wird, weil man selbst seine üble Laune auch auf der Zunge trägt aber ich musste erstmal nach Luft schnappen und verließ daher die Diskussion, um durchzuatmen. Der Horasier hatte auf den Tisch geworfen, dass ich schwanger sein könnte und was ich zuerst als Kommentar meiner Zickerei verschuldet abgetan habe, sprach er wohl einmal zu oft aus, sodass ich mich zurückzog, um über diese Option nachzudenken, die eigentlich erstmal lächerlich klingt, wenn sie einem an den Kopf geworfen wird. Und ich muss inzwischen aus Erfahrung sagen, dass es Überwindung kostet, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und im Kopf durchzugehen, wo ich durchaus in letzter Zeit weiß und merke, dass ich mich komisch fühle, nur hatte ich mit irgendeiner Krankheit gerechnet. Draußen war noch Asleif zu hören, der mich damit verteidigte, dass ich hätte zu viel um die Ohren hätte – ist es wirklich so schlimm geworden? Jedenfalls bedrücken mich die Symptome zusammengenommen ernüchternd aber ich will zuerst noch einmal mit Schwester Shaya sprechen, bevor ich mir überlege, was ich den anderen dazu sagen will oder kann.
An Schlaf war zumindest jetzt erst Recht nicht mehr zu denken und so belauschte ich die anderen, um mich ablenken zu lassen, bis sie anfingen, auf den armen Salabal einzureden, zu dritt und unangemessen, wie ich fand. Also beschloss ich schließlich, ihn zu erlösen und verließ die gewählte Ruhe, um selbst mit ihm zu sprechen. Und tatsächlich brachte ich ihn dazu, sich schlafen zu legen – etwas das laut Gwyrn selten geschah.

Am vierzigsten Tag auf See
Am folgenden Morgen war der Sternenträger soweit ausgeruht, dass er mit uns sprach und nicht länger ungerührt ins Leere starrte. Er konnte uns berichten, dass die Vislani seine Freundin, eine Dryade, und ihr Baumboot nutzen, während er ihr Druckmittel war. Wofür genau das Baumboot eingesetzt wurde, wusste er jedoch nicht. Allerdings war er schon sehr lange hier – er hatte zuerst die Tage gezählt, aber nach ein paar hundert aufgegeben wie er meinte. Mir scheint er hatte mehr als die Aussicht auf ein Entkommen aufgegeben. Gut, dass wir hier sind. Es fällt mir schwer zu glauben, dass diese Vislani arrogant genug sind, anzunehmen, diese magischen Mauern, die uns das Zaubern erschweren, und fünf Schritt hohe Fenster würden uns aufhalten. Wollen sie, dass wir fliehen oder bilde ich mir das nur ein?
Zu unserer Flucht: Zunächst haben wir eine Menschenpyramide gebildet, sodass ich der Dryade vom Fenstersims aus über die Hilfreiche Tatze einen Vogel mit einer Nachricht von Salabal schicken konnte. Einen Vogel sollte sie verstehen können und wir wollten, dass sie den Hafen und damit den unmittelbaren Einflussbereich der Vislani verließ und sei es unter einem Vorwand. Dann fingen wir bereits an, die Bettlaken der Zimmer hier zu sammeln und zu verknoten, während wir auf den Abend warteten.
In ihrem Schutz schlich ich mit einem Leib des Windes hinaus, um nachzusehen, ob die Arroganz der Elfen hier wirklich so groß war, wie vermutet. Und tatsächlich befanden sich unsere Sachen direkt im Nebenzimmer, wo ich mit einem Silentium versuchte, an Milenes Zauberstab zu kommen, vergebens, er lag unter anderen Waffen begraben im Sichtfeld der Wache, das ich auf keinen Fall betreten wollte. Ich verschaffte mir also einen Überblick und stieg dann durch die Luft zurück, um zu berichten, sodass unsere Fluchtpläne weitere Details erhielten.
Wieder über eine Pyramide und einen Solidirid schlichen diesmal Ilcaryon, Phanta und ich zusammen in den Nebenraum, wo wir begannen, die Ausrüstung zum Fenster hoch zu schaffen, von wo der Elf sie schließlich in ein Laken warf, dass Rowena, Asleif, Raluf und Horatio unten aufhielten. Sie waren die 25 Schritt Außenwand des Gebäudes sicher hinabgeklettert. Nun folgten die anderen, während wir drei immer mehr Zeug, völlig unsortiert durchgaben. Plötzlich hielt Ilcaryon inne, da er unten etwas gesehen hatte und tatsächlich erfuhren wir später, dass unten eine Patrouille aufgetaucht war, die Horatio und Rowena oder Indira, ich weiß es nicht mehr genau, aber recht schnell ausschalteten, indem sie den Vislani KO schlugen. Die Geisterkrieger, die jene stets mit sich führten, waren nur darauf aus, den Bewusstlosen zu bewachen.
Allerdings war auch bei uns plötzlich etwas zu hören, sodass ich Phanta anwies, sich Ilcaryons Zaubermantel überzuwerfen, während wir uns draußen an die Hauswand pressten. Leider war der Versuch, sich zu verstecken, nicht von Erfolg gekrönt, da die Geisterkrieger vermutlich Zaubereffekte, also Illusionen, durchschauen können. Da muss ich wieder an Milenes Theorie zu Dämonen denken aber jedenfalls ging ich wieder rein, um Phanta ein „Spring!“ zuzurufen und ihr meine Hand hinab zu strecken. Übel, wie schnell diese Rüstungen bei ihr waren und auf sie einstachen, sodass sie zusammenbrach. Keine Zeit, schockiert zu sein. Einer Eingebung folgend griff ich den Vislani an, nach wie vor in der Luft, da ich meinen Wolkenlauf weiter aufrecht hielt. So konnte ich den meisten Angriffen entgehen und Ilcaryon bekam Gelegenheit, Phanta hier raus zu schaffen ehe ich den beiden verwundet folgte. Einen Teil unserer Ausrüstung mussten wir zurücklassen und unten die anderen suchen, die sich vor weiteren Überraschungen versteckt hatten.
Unser Fluchtweg führte uns zur Stadtmauer – nicht gen Hafen, wie die Vislani wohl erwarteten, denn wir hörten, wie sie irgendetwas vorbereiteten und ein Lied sangen, das einem Unitatio sehr ähnlich klang. Derweil entschieden wir, durch die Wand hindurch zu gehen, da darüber aufgrund der Wachen nicht sonderlich ratsam war. Mit vereinten Kräften gelang mir ein Metamorpho Felsenform durch die Mauer, den ich hinter uns wieder, zumindest auf Stadtseite, verschloss, sodass uns niemand würde einfach folgen können. In einen Nebel von Ilcaryon gehüllt ging es weiter durch die Presche vor der Mauer hin zum Dschungel, der uns Deckung versprach. Erst als wir uns in relativer Sicherheit wogen, machten wir eine Pause, um die Ausrüstung, die wir hatten beschaffen können, aufteilten. Es war viel zu viel, um es mit durch den Dschungel zu nehmen, also vergruben wir einen guten Teil wie die Bücher mit einem Metamorpho Felsenform im Untergrundgestein und markierten die Stelle in der festen Absicht, zurückzukehren und die Sachen zu holen. Dann liefen wir die ganze Nacht durch und immer weiter bis wir uns am Morgen eine Rast gönnten.

Am einundvierzigsten Tag auf den Inseln
[Ich werde künftig von Tagen auf den Inseln schreiben, da mir das eher zutreffend erscheint.]
Am Morgen hat Ilcaryon einen Steinkreis gefunden, in dem wir wenigstens ein bisschen Ruhe finden konnten, zumindest bis wir kurz nach dem Aufwachen von einem lauten Brummen überrascht wurden. Erst dachte ich noch, die Vislani hätten irgendeine Möglichkeit, uns zu verfolgen und hier aufzuspüren. Doch dann wurden wir einer gigantischen Libelle gewahr, vor der wir ins Unterholz flohen. Nur dummerweise warf der immense Luftstrom, der von dem Tier ausging, einige von uns von den Füßen, sodass es zu einem Kampf gekommen wäre, wären nicht wie aus dem Nichts auf einmal Elfen vor uns gestanden, die das gigantische, ja fast drachengroße Tier mit Pfeilen beharkten und so vorerst in die Flucht zwangen. Einen Moment später sahen wir uns einem groß gewachsenen Elf gegenüber, bei dem Milene nur noch fragte, wer er war, um es getan zu haben. FENVARIEN. Gerettet von einem Namen, der inzwischen für uns zu einer Legende geworden ist, einem Lichtelf, einem Hochkönig. Und ich, ich kam nicht umhin, seinen Arm zu berühren, um zu sehen, wie wirklich diese Legende für uns ist. Und verdammt, sie ist sehr lebendig.
Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll, einem einst so mächtigen Wesen gegenüber zu stehen, das Befehl zum Abrücken gibt. Beinah wie in Trance muss ich gewesen sein, als seine Begleiter uns auf ihre Pferde hievten, um mit uns über die Wipfel hinweg (!) in Richtung einer Stadt zu reiten, die für uns bereits gefallen war, nun aber in vollem Glanz erstrahlte: TIE’SHIANNA, die Gleißende.
Am Abend betraten wir die Stadt durch das Löwentor und Fenvarien hieß einem seiner Begleiter, uns ins Baumpalastviertel zu bringen. Milene hatte ihm gesagt, dass er für uns eine Legende auf den Inseln war, dies alles hier, und er schien das zu verstehen aber wollte sich nicht durch unsere Erzählungen beirren lassen, wahrscheinlich damit wir einen relativ unverfälschten Eindruck der Ereignisse bekommen würde. Aber was hieß das schon, wenn diese Legende das war, was die Vislani erzählten? Ich muss sagen, der Umstand, mit einer Illusion interagieren zu können, vielmehr mit einer Geschichte, kann über alle Maße verwirrend sein. Da wundert es mich wenig, wenn Tibanna dabei selbst zu einer solchen Legende wurde. Viel nachdenklicher aber stimmt mich der Umstand, dass Briannism sich aus der Legende gelöst haben soll, um real zu werden, ein Fenvarien das aber nicht schafft?
Nachdem wir erklärt hatten, dass wir keinen Palast brauchten, sondern uns ein einfaches Quartier reichen würde, sodass man uns einen großen Saal in einem der Baumpaläste zuteilte, gingen wir ins Palastviertel des Hochkönigs, um dort Niamh zu treffen und eine Unzahl an Fragen loszuwerden. Leider sind die Bücher der Legende für uns leere Seiten, auch wenn sich die Figuren stets bemühen, uns zu antworten. So kann man also nicht sehr viel über die Hochelfische Art und Weise von Zaubern lernen. Eine Begrenzung aufgrund fehlenden Wissens der Erzähler oder doch eher Irrelevanz für die Geschichte und damit keine Überlieferung?
Wie dem auch sei, wir besonnen uns in dieser Nacht, dass es Zeit wurde, sich um Eigor zu kümmern, ehe die Vislani ihn in einem Totenboot den Lyr hinab schicken würden. Lynissen schrieb seinen Freunden in Ta’Lisseni eine Nachricht, die zu überbringen wir einem Luftdschinn auftragen wollten, vor allem nachdem Niamh ihre Hilfe angeboten hatte und uns dafür sogar den Kelch des Fenvarien geben würde! Wir kannten das Artefakt ja bereits und wirklich hatte Milene mit ihrer Analyse nicht gefehlt, denn als ich den Largala‘hen in die Hand nahm und das Zauberwort „Wunsch“ aussprach, durchströmte mich ein Gefühl der schier unendlichen Astralkraft, sodass ich freudig ans Werk ging, um unter wachsamen Augen der Elfen und mit Hilfe meiner Freunde einen Dschinn der Luft zu rufen. Und die Vorbereitung war auch notwendig, denn, aus welchen Gründen auch immer, gestalten sich hier die Magiersprüche ungleich schwieriger als elfische Magie.
Als ich mit dem Zauber soweit fertig war manifestierte sich jedoch kein Dschinn vor mir. Dabei wusste ich, dass wir alles richtig gemacht hatten. Der Zauber war geglückt. Alle starrten mich an, sehr unangenehm. Erfreulicherweise brauste nur wenige Momente später ein Luftdschinn herab, auch wenn das in dieser Art neu war. Hier besitzen Dschinne anscheinend immer einen Körper und müssen sich nicht erst manifesten. Es gibt aber keine Überschneidung mit der zweiten Sphäre, sodass der Dschinn den Weg dorthin, wo er gerufen wird, tatsächlich zurücklegen muss. Entsprechend brauchte ich noch einmal die Astralkraft, die ihm mein Lied versprochen hatte. Um den Dschinn dann aber zu überzeugen, unsere Nachricht auch wirklich nach Ta’Lisseni zu bringen, musste ich ihn bestechen und das so ausgiebig, dass der Kelch danach seine gesamte Kraft aufgebraucht hatte. Immerhin gibt es hier Dschinne und ich weiß nun, dass sie schwieriger zu überzeugen sind, einen Dienst zu tun. Trotzdem haben wir es geschafft, eine Nachricht zu übermitteln, die Eigor in gewisser Weise rettet, vorerst. Wir müssen immer noch den Kessel finden und zwei Elfen, die das Ritual durchführen, um unseren gefallenen Freund ins Leben zurück zu rufen. Aber ich feiere es dennoch als kleinen Erfolg für mich, es war mir eine große Ehre diesen Kelch, den Largala’hen benutzen zu dürfen.

Am zweiundvierzigsten Tag auf den Inseln
Schwer zu sagen, wo oder wann der Tag endete, wir haben die ganze Nacht durch recherchiert habe ich das Gefühl, bis wir am Morgen endlich eine Ruhepause einlegten, irgendwann nachdem ich den Dschinn gerufen hatte. Es war auch der Tag, an dem mich Milene beiseite nahm, um mich zu fragen, ob ich wirklich schwanger war. Keine Ahnung, ob es Gerüchte gibt oder ob das nur eine Vermutung von ihr ist aber ich war zunächst ähnlich schockiert wie bei Horatio. Das so ins Gesicht gesagt zu bekommen fühlt sich wie ein Hieb in die Magengrube an, vor allem wenn es wie eine Anschuldigung klingt. Ich habe es ihr gegenüber nicht ausgeschlossen und sie riet mir, unbedingt mit Asleif zu sprechen, auch wenn es mehr wie eine Drohung klang. Ich glaube aber, Milene macht sich in erster Linie Sorgen. Als ob ich darüber nachdenken könnte, wie ich ihm das beibringen soll, wenn wir hier sind, in Tie’Shianna, der Stadt die nicht einfach nur in den nächsten Tagen fallen wird, sondern Ziel des namenlosen Schreckens ist. Wir sollten nicht hier sein.
Es war schon später Vormittag bis wir halbwegs ausgeruht waren und uns auf den Weg zu Niahm Goldhaar machten, um sie nach der geplanten Verteidigung zu fragen. Sie berichtete hingegen von bereits gefallenen Städten, von denen ich – mit Ausnahme des Himmelsturms – noch nie gehört habe. Der Himmelsturm heißt bei den Elfen nach seinem Visionär Ometheon. Simyala war die erste Elfenstadt auf Aventurien, mit prächtigen Gärten und Wäldern im Zentrum des Kontinents gelegen. Isiriel lag zentral in Taubria, das heute Tobiren vielleicht (?), auf dem Dunkelwasser. Mandalaya befand sich im oder auf dem See ohne Grund nahe eines aktiven Vulkans. Und es gab noch Vayavinda, die fliegende Stadt. Doch was waren das für Städte?
Pyr, der Herr der Elemente wie man sagt, Pyrdakor wie man den Drachen heute nennt, einst als Gott von den Elfen verehrt, gab ihnen dereinst die Schlüssel der Elemente berichtete Niamh. Sie sollten sie in diesen sechs Städten verwahren. Tie’Shianna, die Stadt in der wir stehen, ist die letzte der Elfenstädte und die Stadt des Erzes. Der Schlüssel ist aber nicht hier. Die Elfen haben vor langer Zeit mit Pyr gebrochen. Ein Orakel, eine Riesin namens Chalwen, hatte die Elfen in einem Orakelspruch vor der Falschheit des Drachens gewarnt, der daraufhin zornig ihren Thron – den gesamten Berg der Riesin – ins Meer stürzte. Ich frage mich rückblickend, ob dies nicht bereits der Anfang des Vorgehens des Namenlosen gegen die Elfen war, immerhin ist er der Herr der Riesen und kann so den Samen für den Zwist zwischen den Elfen und ihren Göttern gesät haben.
Es gibt die Vermutung, dass Pyr den Schlüssel des Eises geopfert haben soll, um sich mit dem Dhaza zu verbünden. Entsprechend nehmen die Elfen aber auch an, dass ihr Dhaza besiegbar sein muss, wenn es solch mächtige Verbündete braucht. Außerdem haben die Echsenvölker, die Unaussprechlichen wie die Elfen sie nennen, Pyr als obersten Gott verehrt und auch sie gelten als Gefolge des Namenlosen. Wir wissen, dass Pyrdakor den Elfen bei der Flucht aus dem Himmelsturm geholfen hat. Und wir wissen, dass auch Menschen im Heer des Namenlosen beim Fall Tie’Shiannas beteiligt waren. Fakt ist, dass der Tempel des Pyr dereinst zentral in Tie’Shianna stand, dort wo sich heute nur mehr ein großer Platz befindet. Was ist wirklich passiert?
Mit Niamhs Hilfe haben wir die gefallenen Elfenstädte den Elementen zugeordnet und versucht grob ihre Lage auf Aventurien zu skizzieren, sofern möglich. Ometheon kennen wir, die Stadt die den Schlüssel des Eises verwahrte, lag oder liegt jenseits von Yetiland hoch oben im Norden. In Mandalaya verwahrten die Elfen den Schlüssel des Feuers, es könnte irgendwo im heutigen Mittelreich gelegen haben. Simyala war die Heimat des Schlüssels des Humus, auch irgendwo zentral in Aventurien. Tie’Shianna mit seinem Schlüssel des Erzes lag dort, wo heute die Khomwüste ist. Isiriel könnte, wie erwähnt, mit dem Schlüssel des Wassers im heutigen Tobrien gelegen haben. Vayavinda schließlich mit dem Schlüssel der Luft befand sich nicht auf Aventurien an sich, sondern war eine fliegende Stadt. Das hätte ich gerne gesehen. Es ist fraglich ob es noch Ruinen oder andere Überreste der Städte gibt, immerhin sind sie schon lange zerstört und es könnte ähnlich viel Sand oder Erde sie vergraben wie Tie’Shianna. Nur was sind das für Schlüssel und fangen wir mit diesem Wissen an außer dass es unsere Neugier weckt?
Wir haben bei Niamh am Nachmittag erfahren, dass sich das Heer des Namenlosen durch den Dschungel brennt, um hierher zu gelangen. In der Ferne kann man die Rauchsäulen sehen. Meine Nervosität steigt. Ich würde gerne nicht hier sein… aber Fenvariens Truppe zu begleiten würde bedeuten, sich der Gefahr unmittelbar und in kleiner Zahl auszusetzen, wie ich lernen musste. Außerdem reiten sie nach Süden und wir müssen nach Norden, um die Dryade in der versteckten Bucht zu treffen. Also harren wir hier wohl aus und fliehen mit den Elfen, die das hier überlebt haben, wenn es so weit ist.

43. Tag auf den Inseln
Das Heer des Namenlosen ist da. Es bezog am Morgen Aufstellung vor der zwölf Schritt hohen Stadtmauer. Fenvarien reitet immer noch mit seinen Getreuen, alles Sternenträger, aus, um Spione abzufangen. Wir haben uns für einfache Versorgungen innerhalb der Stadt einteilen lassen, nicht zuletzt da wir wissen, wie es ausgehen wird. Überleben heißt die Devise, denn die Belagerung hat begonnen, wie Ilcaryon am eigenen Leib erfahren musste. Er ist heute unter einen Felsbrocken geraten, der in die Stadt geworfen wurde. Zum Glück hört Milene auf mich und braut Heiltränke, Legende hin oder her. Ein paar von uns sammeln im Palastviertel was sie finden können an Zutaten dafür, auch wenn es bedrohlich geworden ist. Die Tränke haben einigen Elfen heute das Leben gerettet. Wir nächtigen inzwischen im Palast von Niamh, weit weg von der Mauer, aber nicht alle haben die Nerven, hier Schlaf zu finden.
Ich habe spät am Abend mit Schwester Shaya gesprochen, privat. Milene hatte erneut die vermutete Schwangerschaft angesprochen und ich wollte Gewissheit. Vielleicht hat sie Bedenken, mich um einen Botengang zu bitten oder will mir ins Gewissen reden. Aber was soll ich machen? Weglaufen kann ich so oder so nicht. Also habe ich Shaya eröffnet, was andere vermuten und ich zumindest nicht widerlegen kann. Sie wirkte bestürzt auch wenn sie mir ein paar Tipps gegeben hat, worauf ich achten soll. Gewissheit zumindest hat es mir keine gebracht aber eine wütende Geweihte als ich ihr sagte, sie solle es nicht Asleif sagen – das sehe ich als mein Recht an. Spätestens, wenn wir die Inseln verlassen, würde sie es ihm sagen und mich nach Hause schicken, musste ich mir daraufhin anhören. Ich war zu übermannt von solch einer Reaktion und den Tränen nahe, weswegen ich einfach gegangen bin. Ich weiß doch so schon nicht was mit mir los ist… wusste… wie soll jemand mit diesen Gefühlen klarkommen?

44. Tag auf den Inseln
Wir haben Niamh nach einem Fluchtplan gefragt, für den Fall, dass die Stadt geräumt werden muss. Es gibt keinen, jedenfalls konnte sie uns keinen nennen. Und wir wissen nicht, inwieweit gesichert ist, dass sie auch in der Legende überlebt, obschon wir gewiss sein können, dass sie überlebt hat. Aber wer auf den Inseln hier weiß schon das, was wir wissen. Ich bin nervös, alle sind es. Trotzdem helfen wir, auch wenn es gefährlich ist. Ilcaryon wurde heute von einer pferdegroßen Libelle angegriffen wie er sagte. Ich höre das Krachen der Bauten die von Geschossen getroffen werden. Wir versuchen mutig zu sein und sammeln weiter Zutaten für Heiltränke die Milene braut.

45. Tag auf den Inseln
Die Elfen formen inmitten der Stadt in Windeseile steinerne Pfeile aus einem Obelisken die eimerweise (!) zur Stadtmauer gebracht werden. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das ist ein ganz anderes Ausmaß an Kriegsführung als ich bei den Menschen gesehen habe. Aber sie wussten doch, dass sie in der letzten Elfenstadt leben. Sie hätten sich vorbereiten können.
Als Horatio einen dieser pfeilbestückten Eimer zur Mauer brachte sah er sich plötzlich einem Oger gegenüber. Es war Glück und vermutlich dem Umstand der Umstehenden Elfenschützen zu verdanken, dass er das überlebt hat. Die anderen berichten ähnlich schockierende Erlebnisse wenn sie aus der Stadt zurückkommen. Überall an der Mauer wird gekämpft.

46. Tag auf den Inseln
Das Sammeln von Kräutern und anderen Zutaten für die Heiltränke hätte Milene heute fast das Leben gekostet. Sie war im Palastviertel unterwegs, als über ihr und ein paar Elfen ein Fass explodierte, sodass brennende Flüssigkeit in alle Richtungen spritzte. Und auch wenn es mir schwer fällt das zu glauben sagt sie, sie hätte sich mit einem Satz auf ein Gebäude und dort durch ein Fenster hinein in ein Wasserbassin gerettet. Ihre Kleidung ist zerfetzt, die Haare versengt und Teile des Viertels stehen in Flammen. Aber Milene springt in einem Satz auf ein Gebäude? Womöglich war sie in Todesangst, ja, das wäre glaubhaft. Ich mache mir Sorgen was da noch kommt, wenn Fässer von Hylayer Feuer auf die Stadt regnen. Wie lange diese Belagerung wohl dauert? Immerhin ist Milene wohlauf und auch den anderen geht es gut bis auf die Unruhe…
Aber die Zutaten für unsere Heiltränke werden in jedem Fall knapp, wenn das Palastviertel brennt. Mindestens die Hälfte der Tränke brauchen wir täglich schon, um Elfen an der Schwelle des Todes zu retten. So viele Balsam wie hier nötig wären… dabei müssen wir unsere astralen Kräfte sparen sollten wir selbst in Bedrängnis geraten. Wir haben mehr zu verlieren als die Darsteller einer immer wieder von vorn ablaufenden Legende. Immerhin kann man aber in den Tempel der Nurti gehen.
Achja, die Tempel und die Götter habe ich noch nicht beschrieben, also ein kleiner Nachtrag: Wir haben bei unserer Ankunft in der Stadt die hiesigen Tempel aufgesucht, zuerst den der Orima, um den Zustand vergleichen zu können. Womöglich haben wir auch gehofft, die Göttin könnte uns einen Hinweis geben, wie wir diese Legende überstehen oder die vor uns liegenden Aufgaben bewältigen. Hier schwebt der Tempel nicht, sondern man kann über die Knospen eine Treppe hinauf zu den Balkonen, also in die Blütenblätter der Tempelrose hinaufsteigen. Drinnen ist es dasselbe Bild wie in der Ruine Tie’Shannas – man entkleidet sich, wäscht sich und tritt dann vor die Skulptur der Göttin mit ihren verbundenen Augen. Ich hätte nur nicht erwartet, dass Milene wütend wird und Orima der schlechten Dinge anklagt, die uns und vor allem ihr widerfahren sind wenn ich an Lailath denke. Sogar den Tod des Ohms hat Milene der Göttin vorgeworfen ehe Ilcaryon sie halbwegs beruhigen konnte. So einen emotionalen Ausbruch erlebt man nicht oft bei der Kollega.
Im Tempel der Nurti sahen wir die sich stetig verändernde Statue, die wir kennen. Die Priester dort dienen der ständigen Erneuerung, hatten aber wenig Zeit für unsere Fragen. Interessanter war da noch der Tempel der Zerzal, den ich im Geist nach wie vor mit dem der Rondra vergleiche. Und das liegt nicht nur an den Löwenstatuen die vorm Tempel stehen. Die Elfenpriester sind hier voll gerüstet – in Metall! Ilcaryon und Horatio hat dieser Umstand nur schwer losgelassen und auch ich finde es faszinierend, dass die Priester einer durchweg magiebegabten Spezies metallene Rüstungen tragen – allerdings aus Metall der Sterne (wahrscheinlich Mondsilber) wie sie sagen. Was für eine Zivilisation muss das gewesen sein, wenn es genug dieses Metalls gibt, um sich ganze Rüstungen daraus zu fertigen? Wie wird dieses Metall von den Elfen gewonnen?

47. Tag auf den Inseln
Scheiße, ich lebe noch. Jetzt weiß ich, wie so ein Leviathan aussieht, kämpft und zaubert. Keine Ahnung, was die anderen in der Stadt erlebt haben aber als dieses große Vieh, das entfernt an eine Riesenkröte erinnert, heute ausgerechnet mich fixierte, als ich jemanden in den Nurtitempel gebracht habe, lässt mich schaudern. Dieses Ding schien richtig Spaß an dem Kampf zu haben, diesen sogar als eine Art Spiel zu betrachten. Ich habe, nachdem ich feststellen musste, dass es deutlich stärker ist als ich, entschieden, wegzulaufen. Dafür habe ich einen Feuerzauber in den Rücken bekommen. Zwei Heiltränke hat es gebraucht, damit ich heute noch hier sitze und schreibe. Meine Rüstung ist hinüber. Und das Übelste: Leviathane, zumindest dieser, explodieren wenn sie sterben und setzen irgendeine brennende Substanz dabei frei. Meine Haare, einfach alles ist hinüber abgesehen von meinen Waffen. Immerhin habe ich es geschafft, dieses Vieh zu töten. Über das Wie im Detail schweige ich lieber und auch Schwester Shaya werde ich besser nichts sagen. Ich hoffe die anderen hatten einen besseren Tag. Diese Belagerung frisst an meinen Nerven.

48. Tag auf den Inseln
Die Brunnen in der Stadt sind trocken gefallen, sodass es aufwendig wird, an Wasser zu kommen. Die Elfen lassen Nebelwände abregnen, um ihre Vorräte aufzufüllen. Als Horatio Wasser holen wollte ist ihm heute etwas passiert, dass wieder einmal deutlich macht, dass dieses Heer da draußen die Elfen auslöschen will. In großen Fässern wurden Giftschlangen und Skorpione in die Stadt geworfen, deren Attacken der Horasier vermutlich nur dank seiner dicken Rüstung entkommen konnte. Es gibt hier keine Achtung, keinen Respekt zweier Duellanten voreinander. Diese Härte mit der erbarmungslos gekämpft wird bereitet mir nicht nur Angst, ich empfinde das persönlich als lebensfeindlich, lebensverachtend und ich verspüre eine tiefe Abneigung gegen diese Art der Kriegsführung, weit mehr noch als in der Schlacht der tausend Oger. Horatio ist den giftigen Tieren entkommen, die vermutlich ebensolche Angst hatten wie er, so eng zusammen eingepfercht und dann noch mit so einem Aufschlag. Da wäre wohl jeder aggressiv geworden. Aber den Elfen die gestorben sind hilft dieser Gedanken auch nicht mehr. Es wird mit allen Mitteln getötet nicht einfach gekämpft und ich fühle eine seltsame Beklemmung.

49. Tag auf den Inseln
Horatio wollte es noch einmal an einem anderen Brunnen versuchen doch auch dieser ist trocken. Als er zurückkehren wollte gab allerdings der Boden unter ihm nach, sodass er in ein tiefes Loch stürzte an dessen Grund er einen großen Tunnel fand. Aufgrund der schlechten Sicht in der Dunkelheit schätzt er den Durchmesser auf mehrere Schritte. Beim Versuch, wieder aus dem Tunnel hinauszusteigen, landete unser Freund allerdings außerhalb der Stadt, dicht vor den Mauern, wo er einen Troll beobachtete, der Ogern in die Stadt, sprich auf die Mauern, half. Kurz entschlossen folgte er seiner Erzählung zufolge diesem Beispiel und ließ sich von dem Troll auf die Mauer heben, der das nicht in Frage stellte, ihn allerdings dabei gehörig verbeulte. Zum Glück konnte er den Elfen auf der Mauer schnell genug klarmachen, dass er zu ihnen gehörte, andernfalls wäre er recht rasch mit Pfeilen gespickt gewesen. Vorbildlich hat er es auch noch geschafft, seine Entdeckung direkt an der Mauer zu melden, sodass sich jemand der Tunnel und ihrer Ursache annehmen wird. Horatio hat da unten etwas gehört, das er nicht genau zuordnen konnte.

50. Tag auf den Inseln
Heute ist der achte Tag der Belagerung. Wie lange wird das noch dauern? So langsam werden wir auch geistig mürbe, vor allem nach dem, was heute passiert ist. Über unseren Köpfen haben wir das erste Mal so nah die Drachen gesehen, die der Namenlose in seiner Armee mitführt. Majestätische Geschöpfe von denen ich leider schon vor langer Zeit lernen musste, dass sie zwar intelligent aber nicht auch gut sein müssen, eher im Gegenteil. Diese hier haben unsere Freunde verzaubert, sodass plötzlich Elf auf Elf und leider auch Horatio auf Milene losging. Was genau mit unseren Freunden passiert ist weiß ich nicht zu sagen aber der Zauber war sehr effektiv, denn selbst zusammen konnten Milene und Chalomir Horatio kaum bändigen oder gar dingfest machen. Vielmehr hätte der fast beide getötet, zumal diese ihn natürlich eigentlich nicht verletzen wollten. Zuletzt aber sahen sie keinen anderen Ausweg mehr, als Horatio niederzuschlagen und zu fesseln. Leider war das zu effektiv, sodass Horatio verblutet ist – an Wunden, die er unter seiner Rüstung erlitten hat, sodass sie keiner gesehen und behandelt hat. Ich hoffe inständig, dass wir den Kessel finden und Horatio zurückholen können, vor allem für Phanta und für uns als Mannschaft. Ich kann noch nicht erfassen, wie tief die Wunden in unserer Gemeinschaft klaffen, die Eigor und der Horasier hinterlassen haben. Ich ertappe mich bei der Frage, wer wohl der nächste von uns ist, den Golgari holt.

51. Tag auf den Inseln
In der Stadt gibt es plötzlich tausende von Ratten. Woher sie kommen ist schwer zu sagen aber der Namenlose wird gewiss nicht grundlos auch Rattenkind genannt. Es ist eklig, nirgendwo gibt es noch einen Platz, um sich zurückzuziehen und aus den Kämpfen herauszuhalten, denn schließlich wollen wir „nur“ überleben, um aus dieser Geschichte heraus und zurück in unsere eigene zu gelangen. Nach einer sehr unruhigen Nacht haben wir uns zu Niamh begeben und dort bis in die Abendstunden auf Fenvarien gewartet, der mit seinen Getreuen, den Sternenträgern die hier um die Stadt kämpfen, eine Ausfall gewagt hatte. Es fällt mir schwer zu glauben, dass diese Elfen es wirklich noch schaffen, die Stadt zu verlassen und da draußen etwas zu tun, das unser Überleben wahrscheinlicher macht, so wie es hier hinter den Mauern bereits aussieht. Was für Kräfte, für Wissen muss das sein, so etwas zu schaffen? Nur zu gerne würde ich von ihnen lernen aber dazu bleibt keine Zeit.
Tatsächlich haben wir am Abend dann erfahren, dass Fenvarien zur Flucht einwilligt, auch wenn er natürlich die Stadt, seine Stadt, nicht aufgeben will. Aber bis zum Horizont reißt diese Armee des Namenlosen einfach nicht ab. Und so hat der Hochkönig Boten in alle Tempel der Stadt entsandt, sodass die Priester noch einmal die Götter um deren Beistand ersuchen sollen. Wir schließen daraus, dass sie dies bereits erfolglos versucht haben. Die Flucht wird vorbereitet und wir bleiben hier im Palast der Hofmagierin bis es so weit ist. Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, wie feige das ist und versuche mich damit zu rechtfertigen, dass dies hier nur eine Legende aus lang vergangener Zeit ist. Diese Elfen sind alle so real und wir müssen doch helfen können, diese spezielle Geschichte – auch für uns – besser enden zu lassen!

52. Tag auf den Inseln
Es ist der zehnte Tag der Belagerung. Wir haben erfahren, dass man wirklich plant, den Tempel der Orima zu entrücken. Sollen wir etwas sagen? Klingt es nicht ketzerisch für die Elfen hier, wenn wir ihnen berichten, dass es nicht funktionieren wird und sie ihr Heil lieber in der Flucht suchen sollen? Vermutlich würden sie uns nicht glauben oder Schlimmeres also nehmen wir es hin und schweigen. Ich kann Milene verstehen aber wahrscheinlich werden wir nie erfahren was geschehen ist auf das hin die Götter der Elfen ihnen ihren Beistand versagten. Da muss damals mehr geschehen sein, etwas das wir nicht sehen, immerhin schickt uns Orima hierher, um nun, nach über 3000 Jahren den Hochkönig zu finden. Und wenn ich in mich gehe kann ich mir zumindest vorstellen, dass eine göttliche Macht verhindert hat, dass die angerufenen Götter helfen, auch wenn das Wie vermutlich weitab dessen liegt, was ich zu begreifen vermag.
In der Stadt musste das Baumpalastviertel aufgegeben werden, es steht in Flammen und es gibt kein Wasser um zu löschen.

53.-55. Tag auf den Inseln
Wir sind nach wie vor im Ausweichpalast von Niamh zurückgezogen. Fenvarien hat nach konkreten Ideen zur Flucht gefragt. Neben der Entrückung des Tempels der Orima in eine andere Sphäre haben wir den Vorschlag aufgebracht, in den Tunneln des riesigen Wurms, der die Stadt untergräbt, aus dieser herauszukommen. In der Luft sind zu viele Drachen um durch die Luft zu fliehen und Deckung gibt es dort auch keine.
Der Hochkönig hat entschieden, dass Oisin mit seinen Männern den Wurm erschlagen soll, damit die Tunnel genutzt werden können. Gwyrn und Chalomir bauen einen Karren damit wir Hotatio mitnehmen können, den Lynissen nach Tradition seines Clans einbalsamiert hat. Unser Sachen sind seit Tagen gepackt und ich denke uns ist anzusehen, dass wir hier weg wollen.
Ich habe Oisin meinen letzten Heiltrank gegeben – unter den strafenden Blicken von Ilcaryon und Milene. Sie können das wohl nicht verstehen aber zu wissen, wie diese Liebe ausgeht… Ich habe auch Niamh beiseite genommen, um ihr zu sagen, dass sie sich von Oisin verabschieden soll und dass er sterben wird. Es bricht mir fast das Herz aber noch habe ich den Mut zu hoffen, dass alles gut enden wird. Würde ich es wissen wollen, wenn Asleif das letzte Mal den Hafen verlässt, um mich zu verabschieden? Ja. Würde ich es glauben, wenn mir jemand vollkommen Fremdes so etwas sagen würde? Vielleicht. Wahrscheinlich würde ich zumindest ein paar Worte mehr wählen, womöglich sogar etwas tun, das ich ohne so eine furchtbare Ankündigung nicht tun würde, um ihn zu schützen. Ich bete, dass es wenigstens einmal ein gutes Ende haben kann, obwohl ich es besser weiß. Warum mich gerade diese Liebe so sehr bewegt, ich weiß es nicht.

56. Tag auf den Inseln
Am Morgen haben wir erfahren, dass der Tunnelwurm tot ist, jedoch Oisin auch. Es tut mir so leid für Niamh – ich muss ständig an sie denken, wie wir sie getroffen haben und ich frage mich, ob sie womöglich in der Vergangenheit lebt und den See als Spiegel nutzt, um nicht zu vergessen, was in Tie’Shianna passiert ist. Oisin – so heißt jetzt der See in Niamhs Zauberwald mit dessen Wasser man den Wald wieder verlassen kann. Ich fühle mich furchtbar und bereue zutiefst, dass ich nicht den Mut hatte, mich Oisin anzuschließen, ganz gleich was die anderen sagen oder wie schlecht meine Chancen gestanden hätten das zu überstehen.
Jetzt müssen die Tunnel jedenfalls freigekämpft werden, um den nicht kampferprobten Elfen der Stadt ein Ausweg von hier zu sein. Immerhin ist die Trage für Horatio fast fertig.

xx. Tag auf den Inseln
Ich habe keine Ahnung, wie viele Tage vergangen sind. Wir sind am Abend des 15. Tages der Belagerung, also unserem 56. Tag auf diesen Inseln, aus Tie’Shianna geflohen, gerade als es begann, Schwefel und Feuer zu regnen. Niamh wurde schon ungeduldig bis wir endlich soweit waren und dann ging es hinab in die dunklen Tunnel – zusammen mit tausenden Elfen. Ganz vorne liefen die Former, die den Tunnel erweiterten und wachsen ließen. Geschützt wurden wir von Lariel und seinen Gefährten, was mir durchaus etwas Unbehagen bereitete. Leider habe ich in den Tunneln nicht sehr viel gesehen, denn es wäre interessant gewesen, was für ein Elf er war. Wie viele Tage wir gelaufen sind kann ich nicht sagen.
Als wir an die Oberfläche zurückkehrten – weit entfernt von Tie’Shianna – war es hell, über uns graute der Morgen. Hier haben wir uns auch von den Elfen verabschiede, denn wir müssen nach Norden, um uns in der Bucht mit der Dryade zu treffen. Dank eines Movimento für jeden von uns erreichten wir am selben Tag noch abends die Küste, heilfroh noch am Leben zu sein, hungrig, durstig und müde. Ich muss gestehen, dass ich mir für den Weg eine Weiße Mähne gegönnt habe, um mich wenigstens etwas auszuruhen. An der Küste habe ich Meerwasser etwa dreißig Meter die Steilküste hinauf geholt dank Wolkenlauf und Milene hat es mit dem Abvenenum trinkbar gemacht, sodass wir endlich unseren Durst stillen konnten. Doch eine Nachtruhe haben wir uns nicht gestattet, auch wenn ich sie verlangt habe, sondern sind gelaufen bis in den frühen Morgenstunden neben uns der Dschungel wieder auftauchte und die Rauchschwaden über dem Inselinneren versiegten.
Erst da genehmigten wir uns eine längere Pause. Ich habe mittels Hilfreicher Tatze ein Schwein gerufen, damit wir etwas zu essen hatten ohne in den Dschungel gehen zu müssen. Den Blick von Ilcaryon habe ich weitestgehend ignoriert, schließlich hatte er Hunger wie alle anderen auch und ich muss mir eingestehen, dass ich in diesem Moment dachte, dass ich wegen des ungeborenen Kindes in mir etwas essen muss und nicht mit Ilcaryons Zaubernahrung weiterlaufen sollte. Es ist ein merkwürdiges Gefühl aber irgendwie wurde eine Schwangerschaft für mich mit jedem Schritt von Tie’Shianna weg realer, wahrscheinlicher und schließlich zur Gewissheit. Ich fühle mich seltsam, erleichtert, fröhlich und zugleich so müde und schwerfällig obwohl wir jetzt bis zum Mittag geschlafen haben. Und ich habe keine Ahnung, wie ich es Asleif beibringen soll.

61. Tag auf den Inseln
Als wir am Mittag mit ein paar Kräutern in den Taschen weiter gezogen sind schien die Sonne und unter uns rauschte das Meer – fast wie Zuhause in Olport wenn man von der Hitze absieht. Die Küste entlang gehend erreichten wir abends schließlich jene Bucht von der Gwyrn gesprochen hatte und dort wartete wirklich ein Baumboot auf uns. Während sich die meisten ob einer möglichen Falle zurückhielten, war Salabal nicht zu bremsen. Nachdem er seine Liebste über zwei Jahre nicht gesehen hat kann ich das gut verstehen, ebenso dass es eine Weile dauerte bis wir ihn wieder zu Gesicht bekamen. Er hat wohl nicht umsonst den Beinamen Salabal „der Leidenschaftliche“. Und schließlich lud uns Salabal auf das Baumboot zu kommen, da wir fort mussten – die Vislani waren und sind auf der Suche danach.
Im Gespräch erfuhren wir beim Essen, dass es vier Tage her war, dass wir in Tie’Shianna aufgebrochen waren, also mussten wir etwa drei Tage in den Tunneln gelaufen sein. Zudem kristallisierte sich schnell heraus, dass wir jetzt erstmal zur Pferdeinsel fahren würden – Salabal wollte nicht mehr weiter ins Territorium der Vislani und damit in Richtung Innere Inseln, da sie ihn verfolgen und suchen, so wie auch uns.

Die kommenden Tage ruhten wir uns auf dem Baumboot aus, erholten uns von unseren Wunden, soweit möglich, richteten den Blick nach vorne. Salabal offenbarte uns, dass er nun eine Ahnung habe, welche Aufgabe ihm als Sternenträger zukommen könnte, nämlich das Aufhalten der Vislani, sodass sie keine Wilden mehr auf die Verlorene Insel bringen sollten. Dafür würde er Verbündete brauchen. Und auch Gwyrn und Lynissen würden nach der Gefangenschaft nicht einfach in ihr Dasein zurückkehren. Sie wollten zunächst mit Salabal unseren Gefährten Eigor aus Ta’Lissienni herausholen – ich nehme an eine Art Dankeschön für ihre neu gewonnene Freiheit aber auch das Wissen, das wir mit ihnen über die Vislani teilten. Wir verabredeten ein paar Elfenstimme Flötenton-Melodien für bestimmte Geschehnisse sowie dass sie Eigor auf die Pferdeinsel bringen würden, wenn sie ihn erst einmal hatten. Hoffen wir, dass es klappt.
Derweil war es vor allem Milene, die sich um Phanta bemühte, die ja mit dem Verlust Horatios zu kämpfen hatte nun da wir zu uns kommen konnten. Zu unserer Überraschung rang die Nivesin nicht mit den Tränen sondern suchte einen Weg einen Krieger, ihren Krieger vermutlich, noch besser zu machen. Sie wollte und will anscheinend herausfinden, wieso Horatio genau gestorben ist und diesen Grund beseitigen. Es ist schwierig mit ihr zu reden und noch weit schwerer, ihr zu erklären, dass das Kriegerhandwerk nun einmal gefährlich ist und man sich nie absolut vor allen Gefahren schützen kann.
Ich selbst habe mit Asleif gesprochen, erstmal um ihn zu bitten, der Mannschaft eine Perspektive und Richtung zu geben nachdem unsere Moral unter den letzten Ereignissen gehörig gelitten hat: Pferdeinsel, eigenes Schiff, Badibrig die Taubralir holen, dort auch die Legende vom Kesselraub ansehen die in der Nähe ist. Und dann habe ich ihm gesagt, dass ich schwanger bin. Danach ging es mir besser obwohl ich von ihm deutlich mehr Reaktion erwartet habe. Ich kann nicht einmal sagen, ob er wütend ist oder sich freut, Vater zu werden. Er sagte er sei besorgt und ich solle mich an Schwester Shaya halten wenn es gefährlich wird. Eine klare, überlegte, strategische Ansage. Wieso sind meine Kerle immer emotionale Trolle? Zumindest ich muss derzeit ständig heulen. Ich befürchte aber auch mit einem Sensibar gäbe es da nicht sonderlich viel mehr zu sehen. Asleif geht ganz in unserer Queste auf und blendet das Drumherum aus. Also habe ich mich den Rest der Fahrt zur Pferdeinsel mit Milene und Salabal zusammengesetzt, um mehr über die hochelfischen Waffenrituale zu erfahren.
Natürlich habe ich der Mannschaft auch diese Neuigkeit offenbart, die sich hätte nicht mehr lange verstecken oder leugnen lassen. Wir werden uns an den Gedanken gewöhnen müssen. Und zumindest ich nehme mir die Freiheit etwas weiter zu denken als bis zur zwölften unserer Aufgaben auch wenn Windeln und Schlaflieder banal erscheinen mögen. Immerhin haben Indira und Phanta mir aufrichtig gratuliert und ich denke ich kann die beiden um Hilfe bitten, wenn es hart wird.

75. Tag auf den Inseln
Endlich haben wir die Pferdeinsel erreicht. Mit ein paar letzten Worten haben Salabal, Gwyrn und Lynissen uns verlassen – ich hoffe sie schaffen es. Unterwegs die Insel zu erkunden trafen wir auf eine Elfe namens Swelfa, die bei ein paar weißen Pferden mit goldener Mähne und goldenen Hufen hockte und wohl gelangweilt war bis sie uns sah. Sie wirkt jung und naiv, unzufrieden und voller Tatendrang. Von ihr erfuhren wir unter anderem, dass die Insel nachts nicht sicher ist, da hier „Schrecken der Nacht“ umgehen und einen angreifen. Sie nennt beispielsweise Golle, die so etwas wie geschuppte Riesen von sieben Schritt Höhe sein müssen, oder gefiederte und giftige Schlangen. Mit ihren Onkeln Gwern und Caradel würde Swelfa hier leben und sich um die Pferde kümmern. Und dann gab es noch einen Elf namens Valvarin, der die geschwächten Pferde versorgte.
In der Villa, dem Haus in dem sie alle wohnen, haben wir dann recht schnell begriffen, dass Gwern und Caradel vor allem das Verschwinden der Tiere interessiert, weniger ihr Zustand, und sie dies wohl bereits sehr lange erforschen – ich nehme an ein paar hundert Jahre. Die beiden wirken jedenfalls sehr altehrwürdig und weise, auch wenn mich Caradel direkt überraschend aufbrausend zurechtwies, ihm nicht ins Wort zu fallen. Ich habe mich wie an der Akademie gefühlt und muss annehmen, dass die beiden Gesellschaft in so einer Zahl nicht gewohnt sind. Sie fassten zusammen, dass die ersten Pferde etwa 200 Jahre nach dem Fall Tie’Shiannas verschwunden seien, was also vor 3000 Jahren war. Ich habe mir die Freiheit genommen, sie über den Zauber Weiße Mähn in Kenntnis zu setzen und durfte ihn den beiden direkt vorführen. Sie wollen den Spruch erforschen – und wir ein Schiff bauen.

76. Tag auf den Inseln
Noch vorm Frühstück waren Ilcaryon und ich Eidechsen erschrecken damit Milene in den nächsten Tagen unsere Vorräte an Heiltränken wieder auffüllen kann. Ansonsten verstehen Gwern und Caradel unter „erforschen“, dass sie den Zauberspruch Weiße Mähne lernen wollen. Derweil hat Chalomir einen guten Platz gefunden, um das Schiff zu bauen. Wir diskutieren, ob es ein Katamaran, wie die Seeelfen sie fahren, oder eine Snekka oder etwas Mittelländisches werden soll, denn eigentlich wollen wir von den Vislani nicht aufgehalten und erst recht nicht für Beorn gehalten werden. Auf einem Katamaran ohne Unterdeck Lariel in die Arme zu segeln halte ich zwar für gewagt aber für ein kleines Handelsschiff bräuchten wir mindestens doppelt so lang und auch wesentlich mehr Holz für den Bau.
Am Nachmittag haben Asleif und ich es geschafft, zumindest für eine Stunde ungestört zu sein und die Zeit genutzt, zu baden und ein paar belanglose Sachen zu besprechen. Aber so ganz kann er wohl doch nicht abschalten, denn so sehr ich es versucht, ihn aufzuziehen, abzulenken, am Ende landen unsere Gespräche doch bei der Wettfahrt. Es ging um die Taubralir und um Beorn – ich bin gespannt, was passiert, wenn wir ihn treffen und wie wir zusammen diese Inseln am Ende wieder verlassen werden. Vieles dürfte wohl von Schwester Shaya abhängen.

77. Tag auf den Inseln
Gwern hat uns von der Verlorenen Insel erzählt, dass es auf dieser Äußeren Insel früher eine Legende zu sehen, hören und bestaunen gab, in der ein Elfenfürst dereinst über Echsen triumphiert hatte. Diese Legende wurde von Kräften manipuliert und verändert, sodass in der Illusion auf der Insel der Elfenfürst unterlag und die Echsen obsiegten. Das war bevor der Schlangenkönig hierher kam und dieses Eiland für sich beanspruchte.
Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind. Aber im sich fortsetzenden Gespräch horchten wir, Milene, Ilcaryon und ich, auf, als Gwern beiläufig Iamarituale erwähnte – ein Punkt, an dem wir natürlich nachhakten und die Verlorene Insel oder unser Anliegen, nämlich herauszufinden, ob einer der Zwillingselfen uns auf die Verlorene Insel begleiten würde, völlig vergaßen. Es gibt Rituale für Iama! Ich fasse es nicht. Als wären die Rituale der Elfen für Waffen nicht schon unglaublich, kann man sein Musizieren verändern und sogar damit zaubern! Also, geordnet: Diese Rituale nennen sich Iama-Klänge und ich kann es nicht fassen aber man kann ein neues Iama binden! Wieso sollte sich jemand sorgen, wenn er sein Iama verliert? Hätte ich das vor fünf Jahren gewusst… . Also die Bindung eines Iama, mit der man ein solches an sich bindet. Mit einem Ritual namens Veränderter Klang kann man sein Iama wie ein beliebiges anderes Instrument klingen lassen. Vorbei sind die Tage, an denen ich Violine, Laute und Flöte mit mir herumtragen musste! Die Zauberklänge schließlich kann man nutzen, um die elfischen Zauber nicht zu singen sondern zu musizieren und so einen Bonus für den Zauber über seine Fähigkeit darin hinaus (!) zu erlangen. Der Weittragende Schall verändert die Reichweite eines Zaubers, ich glaube auf Hörweite. Die Gemeinsame Harmonie ersetzt tatsächlich den Unitatio innerhalb der Hörweite des Zaubers, der von jedem Zaubernden weiter getragen werden kann, der sich daran beteiligt, sodass man gewaltige Areale oder Distanzen überbrücken könnte. Und mit dem Widerhall des Iamas kann man einen Zauber bereithalten, der erst dann seine Wirkung entfaltet, wenn man das Musizieren beendet. Schließlich kennen die Elfen auch den Apport – zumindest dieses Ritual kenne ich und habe es auf mein Iama gelegt. Egal wie lange es dauert, ich denke ich kann nicht anders als diese Ritualkunst zu erlernen – Zaubern mit Musik, das ist so unglaublich! Kein Wunder, dass wir vergessen haben, was wir eigentlich wollten.
Asleif war natürlich nicht so begeistert wie ich, als ich ihm von den Ritualen berichtet habe und hat mich schroff an unsere Aufgabe erinnert. Er will jetzt morgen selbst mit den beiden sprechen, da liegt jemandem wohl zu viel Magie in der Luft. Immerhin hat Milene es geschafft, am Nachmittag mehr Heiltränke zu brauen und ich frage mich durch, woher wir hier neue Kleidung bekommen, da niemand von uns auch nur mehr Wechselsachen besitzt. Shaya ist nur mit Kochen und Waschen beschäftigt.
Gerade als auch die letzten von uns schlafen gehen wollten – Milene und Ilcaryon hatten eigentlich vorgehabt, sich wegen der Schrecken auf die Lauer zu legen um diese zu analysieren – erreichte uns ein Gedankenbild: Alarm, ein Goll. Wir, die wir den Zauber können, informierten die anderen und liefen mit unseren Waffen hinaus. Wie versprochen hielt ich mich im Hintergrund und rannte, als es seitens der Zwillinge hieß „Weg vom Haus!“. Allerdings erwischte dieses riesige, geschuppte Ding von sieben Schritt, das mit einem Baum herumfuchtelte, Asleif, der ins Unterholz krachte. Als ich ihn krank vor Sorge fand hielt er bereits einen Heiltrank in der Hand aber ich werde den Anblick vermutlich nicht so schnell vergessen. Danke dafür Milene (falls du das mal wieder liest – ja ich weiß es). Im Folgenden erlegten Raluf und vermutlich Swelfa, die auf dem Goll nahe des Kopfes stand, diesen recht rasch. Noch ehe der zusammensackende Körper den Boden erreichte, löste er sich in dunkle Schwaden und schließlich in Luft auf, so als wäre der Goll nie da gewesen.

78. Tag auf den Inseln
Eigentlich wollten Ilcaryon und ich uns heute aufmachen, um die Insel zu erkunden und das Riff im Norden nach Brauchbarem von alten Schiffswracks zu untersuchen. Jedoch hat sich unsere Abreise verzögert nachdem Milene mehr Wirselkraut für mehr Heiltränke brauchte. Ich mache mir jetzt mehr Sorgen, die anderen zurückzulassen, nachdem wir so einen Goll gesehen haben. Fraglich auch was wir machen, wenn wir, also Ilcaryon und ich, zu zweit einem Goll begegnen. Einen Fulminictus bündeln wie Gwern mit seinen Astralspeichern am Haus können wir nicht und auch nicht solche Kunststückchen wie Swelfa muss ich zugeben.
Asleif hat inzwischen mit den beiden Sternenträgern gesprochen, von denen uns einer unter gewissen Bedingungen begleiten wird: wenn wir Beorn und eine realistische Möglichkeit finden, zum Kessel zu kommen, um dort das Ritual zu vollführen. Entsprechend sieht sein momentaner Plan vor, den Schiffsbau zu beenden und dann beim legendären Elfenschmied Goibnywn einen kurzen Stopp zu machen ehe wir die Wilden und damit Beorn suchen. Ich bin gespannt auf den Schmied, der gerne Schmiedewerk verschenkt, wenn man ihm ebenso Geschenke macht.

79. Tag auf den Inseln
Wir konnten endlich aufbrechen. Am Morgen habe ich noch gehört, dass Milene sich etwas von Gwern zum Infinitum hat beibringen lassen aber dafür habe ich keine Zeit, leider. Wir nehmen den direkten Weg zum Riff im Norden mit gerufenen Pferden, damit sie nicht einfach unter uns verschwinden, wie es wohl durchaus schon vorkam.

80. Tag auf den Inseln
Mit Hilfe eines Delfins, Hilfreiche Tatze, haben wir eine Grotte gefunden, in der einige Fässer stehen. Ilcaryon sagte, es wäre Getreide darin aber vermutlich auch Trinkwasser. Wir haben die Stelle am Ufer markiert, aber sonst nichts weiter als vermoderte Kleinstreste von Schiffen oder Ladung im Riff gefunden.
In der Nacht hat uns eine gefiederte Schlange besucht, die Ilcaryon aus seiner verschlafenen Wache gerissen hat. Während des kurzen Kampfes ist er fast gestorben, was mir sehr zu denken gibt, auch wenn das eher an seiner vorangegangenen Meditation lag, wie er mir sagte, und nicht an dem Gift. Trotzdem frage ich mich, was ich den anderen sagen würde, wenn nur einer von unseren Erkundungen zurückkäme.

81. Tag auf den Inseln
Wir haben die Suche ausgedehnt und uns an der restlichen Küste auf der Umrundung zurück umgesehen, leider ohne Erfolg. Dafür waren wir schon am Nachmittag zurück bei den anderen und haben beschlossen, die Fässer als Schiffsrümpfe für den geplanten Katamaran zu verwenden. Dafür wollen wir die Fässer hierher holen indem wir aus ihnen ein Floß bauen.
In der Nacht hat uns einmal mehr ein Geräusch geweckt, diesmal allerdings im Haus. Wie sich herausstellte, hatte jemand die Fenster geöffnet und so war eine der geflügelten Schlangen, Legenden, ins Haus gelangt. Natürlich hat sie Ilcaryon angegriffen bis dieser sich zurückzog. Der Arme, wir müssen etwas tun um ihn zu schützen.

84. Tag auf den Inseln
Nachdem wir aufgrund der Schlange eine unruhige Nacht hatten, haben wir den Aufbruch zum Riff und den Fässern einen Tag verschoben und die Zeit genutzt, ein paar stärkende Kräuter wie Gulmond zu suchen. Außer Ilcaryon und mir sind Chalomir und Raluf dabei, um die Fässer zu holen. Hoffentlich dauert das nicht allzu lange, die Reisen erschöpfen mich mehr und mehr.
Auf der kleinen, vorgelagerten Insel angekommen, habe ich mit Hilfe des Elfen einen Tunnel zur Grotte hinunter geöffnet, Metamorpho Felsenform, sodass wir zunächst die Fässer genauer untersuchen konnten. Es ist kein Wasser darin, sondern zu Essig vergorener Wein und neben Getreide auch noch ein paar Stoffe. Außer dem Essig haben wir noch einiges an Getreide wegkippen müssen, um aus den Fässern sinnvoll ein Floß bauen zu können. Es ging recht zügig, sodass wir uns nach einer letzten Nacht hier morgen früh auf den Rückweg machen wollen.

85. Tag auf den Inseln
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir rudernd zu langsam vorankommen, weswegen wir noch etwas mehr Getreide weggekippt sowie einen Mast mit Segel improvisiert haben. Trotzdem wird die Reise an der Küste entlang länger dauern als erhofft, auch da wir nur tagsüber segeln und die Nächte am Strand verbringen.
Unterwegs habe ich, mit Ankündigung Asleif gegenüber bevor wir aufgebrochen sind, eine Traumgestalt versucht. Der Zauber scheint komplizierter zu sein und eine eher geringe Reichweite zu haben. Als der Traum, in den ich eingedrungen bin, endlich deutlicher war, habe ich versucht, unsere Ankunft anzukündigen aber viel mehr war mir nicht möglich.

98. Tag auf den Inseln
Endlich sind wir zurück bei der Villa und den anderen Mannschaftsmitgliedern. Jetzt können wir endlich den Katamaran zimmern und diese Insel verlassen. Und ich kann es ein wenig ruhiger angehen lassen, auch wenn ich natürlich den Bau unterstütze. Der Metamorpho Wogenform hat sich als geeignet erwiesen, um Holz zu trocknen. Außerdem füllen wir unsere Vorräte an Heiltränken und anderen Kräutern wie Gulmond weiter auf. Außerdem liefern sich Milene und Gwen einen kleinen Kampf, wer der beiden mit einem Animatio besser Mehl aus dem mitgebrachten Korn aus den Fässern mahlen kann. Schwester Shaya wird also backen.
Und wer auch immer mit ihr gesprochen hat, Swelfa scheint sich zudem inzwischen zurückzunehmen, nachdem sie Raluf und auch Chalomir erfolgreich verführt hat, wie mir zu Ohren gekommen ist. Eigentlich dachte ich, zwischen Schwester Shaya und Chalomir wäre etwas aber wenn er so schnell bei einer anderen ist, muss ich mich geirrt haben. Shaya scheint allerdings ein wenig neben sich zu stehen, was aber auch daran liegen kann, dass so ein Goll sie während unserer Abwesenheit beinah umgebracht hat. Soweit ich mich entsinne war es das erste Mal, dass sie ernsthaft verletzt wurde auf unserer Fahrt.


Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 23 Sep 2018, 22:44
von Shayaria
114. Tag auf den Inseln
Fertig! Swafnir sein Dank haben wir dieses Schiff endlich fertiggestellt und müssen nicht länger hier herumsitzen, während mein Bauch immer dicker wird. Ich kann mich noch immer nicht mit dem Gedanken arrangieren, ein Kind zu bekommen und das hier. Eigentlich vermeide ich meistens, darüber nachzudenken. Aber ich befürchte das Segeln wird hart aber ich will nicht jammern. Wir haben den Katamaran nach kurzer Debatte „Wildgans“ getauft, um Schwester Shaya etwas mehr Zuversicht zu geben, die sich hier so weit von ihrer Göttin Travia entfernt fühlt. Gwern und Caradel wollen bis zu unserer Rückkehr beraten, wer von beiden uns am Ende begleitet, sollten wir Beorn und einen machbaren Weg auf die Verlorene Insel finden.

117. Tag auf den Inseln
Die Reise hierher war anstrengend aber weitestgehend ereignislos. Wir haben schon gestern, am Abend, den Schmied Goibnywn erreicht. Er scheint alleine auf seiner Insel zu leben und ich kann nicht sagen, ob er von unseren Geschenken oder Mitbringseln angetan oder gelangweilt war. Er scheint noch älter als die Zwillinge auf der Pferdeinsel zu sein. Dennoch haben wir einen netten Abend mit ihm verbracht, ein paar Geschichten erzählt, gegessen und getrunken.
Heute Morgen schien er noch Zeit für sich zu brauchen, ehe er am Vormittag schließlich fragte, was wir brauchen. Ich glaube er hatte Bedenken, wir könnten sonst länger bleiben, während wir es wohl unhöflich fanden, mit der Tür ins Haus zu fallen. Aber irgendwie scheint klar, weswegen die Leute hierher kommen und ihm Geschenke machen. Und dann hat er geschmiedet. So etwas habe ich noch nie gesehen. Streckenweise hat er nicht einmal auf das hinab gesehen, was er da geschmiedet hat und es ging so unglaublich schnell. Eine Rüstung, ein Schwert oder Wolfsmesser, ein Schild – und alles jeweils innerhalb weniger Momente. Milene hat es analysiert und gemeint, er würde frei zaubern, ohne jedes Muster oder eine Formel. Tatsächlich nimmt er ein Stück Erz aus dem Regal, schlägt mit dem Hammer dreimal darauf ein und hat eine unglaubliche Waffe in der Hand. Bei Rüstungen nimmt er wenigstens noch Maß bei den Leuten aber auch ihre Herstellung dauert nur etwa ein Dutzend Schläge. Für jeden von uns hat er etwas gefertigt und doch schien ihm seine astrale Kraft nicht ausgegangen zu sein. Das und seine Art erinnern mich an Niamh, so eine innere Ruhe die sie ausstrahlen, und ein mildes Lächeln für unsere schier unendliche Neugier, die vielen Fragen, die wir stellen. Ich glaube sie sind beide einsam aber hinterfragt habe ich das natürlich nicht.
Gern hätte ich eine Rüstung gehabt, eine aus Metall, die keine Auswirkung auf die astrale Regeneration hat, so wie Ilcaryon. Aber da das nicht möglich ist bin ich jetzt stolzer Besitzer von Plattenzeug, das man mit jeder Art von Rüstung kombinieren kann und sich bestimmt zur Anfertigung von Artefakten eignet. Gegen Mittag dann haben wir bereits die Insel und Goibnywn dankbar für unsere Geschenke in Richtung Tir’Nan’Og verlassen. Nur kamen wir so gut voran, dass wir jetzt die Nacht auf See verbringen werden. Mal sehen ob ich beim Gedanken an Lariel oder den Tiburun schlafen kann.

120. Tag auf den Inseln
Es war keines dieser Übel, welches uns in der Nacht besuchte. Jedoch sind wir tags darauf auf eine Elfengaleasse gestoßen, die direkt die Verfolgung aufnahm. Nach eiliger Planung stieg ein unsichtbarer Adler in die Höhe ehe wir unser Heil in der Flucht suchten (Visibili, Adlerschwinge). Ilcaryon sorgte für den notwendigen Blickschutz in Form von Nebel, viel Nebel, für den er sich über der Galeasse halten musste. Unsere Aufgabe war es, so schnell wie möglich außerhalb des Sichtbereichs zu kommen. Zuerst einmal aber ging uns Phanta über Bord, während Ilcaryon auf diverse Probleme stieß, wie er später erzählte. Von der Galeasse stieg wohl wenig später ein Vogel auf, um uns zu suchen und zu verfolgen, den er mit einem Fulminictus ausschaltete. Ich bezweifle, dass der Elf den Sturz in Tiergestalt überlebt hat. Kurz entschlossen warf ich derweil Phanta meinen Schild zu, an dem sie sich festhalten konnte, während unser Katamaran halsbrecherisch schnelle Fahrt aufnahm. Wir würden sie später holen und hofften natürlich, dass sie so allein im Meer treibend nicht entdeckt wurde – die Segel waren gesetzt.
Ilcaryon wurde auch mit noch so vielen Odem Arcanum in Sichtvariante nicht entdeckt da er sich in die Höhe schraubte und schließlich hatten wir einen stabilen Kurs, sodass das Valvavin einen Delfin darum bat, die Nivesin zu uns zu bringen. Fraglich, was passiert wäre, wenn von den Vislani drei oder mehr zugleich in Tierformen gestartet wären, um uns zu suchen. Swafnir sei Dank waren wir dann aber wohl doch nicht interessant genug, um die eigene Haut zu riskieren. Der Delfin brachte uns Phanta unversehrt, sodass wir noch einige Seemeilen zwischen uns und die Galeasse bringen konnten, ehe die Nacht uns einholte.
Auch am nächsten Tag war von der Elfengaleasse nichts zu sehen. Und schließlich erreichten wir heute endlich Tir’Nan’Og, sodass wir an Land übernachten können.

122. Tag auf den Inseln
Wir haben entschieden, nach Osten zu segeln, um Beorn auf diesem Eiland zu suchen. Schon zwei Tage später besuchten uns Wilde in unserem Nachtlager und wussten zu berichten, dass Beorn vor ein paar Tagen hier entlang gekommen wäre – allerdings auf dem Weg nach Westen, Richtung einer Stadt namens Pwyll die dort läge. Wir unterhielten uns ein wenig mit ihnen und stellten wohl ein paar sehr seltsame Fragen, wie wir in ihren Gesichtern lasen. Natürlich ging es Großteils wieder um die Zerrüttung des Elfenvolkes und die Aufspaltung in zwei offensichtliche Lager. Ich bin mir nicht sicher, ob die Elfen diesen Umstand noch hinterfragen oder jetzt, vermutlich Generationen später, einfach leben wie die Menschen es täten. Jedenfalls setzten wir morgen unsere Reise in Richtung Westen fort.

125. Tag auf den Inseln
Nachdem wir die letzten Tage nun gen Westen unterwegs waren, haben wir eine Flotte erreicht und sie direkt mit dem Gedankenbilder begrüßt, um nicht angegriffen zu werden. Ich übermittelte den Elfen, Schwester Shaya wolle mit Beorn sprechen. Diesem Umstand ist wohl verschuldet, dass er und Belaska uns direkt entgegengelaufen kamen, als man uns auch ohne Umschweife zu ihnen brachte. Zu diesem Zwecke hatten wir auch vorgegeben, zu Beorn zu gehören, was sicherlich einfacher ist, als ausschweifend zu erklären, wer wir sind und woher wir kommen – jedenfalls an diesen Stelle. Doch was nun kam, hätte ich niemals erwartet zu sehen – und die anderen vermutlich ebenso wenig: Beorn ging auf Asleif zu – waren das Tränen in seinen Augenwinkeln? – und umarmte ihn. Gut, einen Moment später verpasste er ihm auch einen Kinnhaken aber Beorn freute sich, uns zu sehen. Seinen Worten konnten wir schließlich entnehmen, dass er davon ausging, dass wir hier waren, um ihn nachhause zu holen, denn er wunderte sich, dass Asleif immer noch mit derselben Mannschaft unterwegs war.
Recht zügig nun erklärten wir, dass die Wettfahrt noch nicht vorbei war und wir herausgefunden hatten oder annahmen, dass die Zeit hier anders verlief als auf Aventurien. Doch zunächst tauschten wir unsere Geschichten aus, berichteten was wir erlebt hatten und Beorn und die Magierin aus Nersand erzählten, dass sie keinen Weg gefunden hatten, die Aufgabe zu erfüllen, und, seit wir gemeinsam in Tie’Shianna gewesen waren, keine neue Prophezeiung erhalten hatten, obschon sie auf Shaltyr in dieser furchtbaren Legende gewesen waren. Auch beim Orakel Chalwen, einer Riesin auf einer der Inneren Inseln, hatten sie keinen entscheidenden Hinweis erhalten. Also war es an uns, zu offenbaren, was wir am Strand bei Mengbilla vernommen hatten und nach einigem Hin und Her setzte ich den beiden auch die von Pardona in Schnipsel zerschnittene Prophezeiung korrekt zusammen. Wir alle müssen uns wohl daran gewöhnen, von nun an zusammen zu arbeiten, wenn wir hier Erfolg haben und auch wieder fort wollen.
Also berichteten wir Beorn auch von der Taubralir und dem Diebstahl durch die Vislani, die sie nach Badibrig zu Vadriel, dem obersten der Vislani und ein Sternenträger, gebracht hatten unseres Wissens nach. Auch ein Elf war bei der Besprechung zugegen und es fällt nicht schwer zu erraten, dass es sich bei ihm um Shadruel handelte, den jungen Weisen, der in der Prophezeiung genannt war und den wir bald noch dringender brauchen würden als Beorn.
Ich bin ehrlich fasziniert von diesen Sternenträgern und es fällt mir schwer, mir Mandrion hier vorzustellen, als einen von ihnen, denn schließlich war auch er ein Sternenträger, zumindest bis er seine Aufgabe erfüllt hatte. Allerdings wäre das für die Elfen vermutlich wirklich befremdlich, wenn ich sie danach frage, ob der Stern verschwindet, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Vielmehr beschleicht mich der Gedanken, dass da bei Mandrion ganz andere Kräfte im Spiel waren. Oder woher kommen diesen Sterne? Sind sie vielleicht auch hier Auszeichnungen der Götter, Markierungen ihrer Lieblinge? Nur dass es bei Mandrion keiner der alten Götter der Elfen war, der ihn markiert hat, sondern Satinav, der noch nicht einmal ins Pantheonn der Zwölfe gehört. Aber macht das einen Unterschied? Am Ende sind doch alle Sternenträger dazu verpflichtet, ihre Aufgabe zu erfüllen, so wie alle Gezeichneten, ganz gleich von welchem Göttlichen… so wie ich es war und nun, sind wir jetzt frei zu tun was wir wollen, Mandrion, Meror und ich? Oder habe ich hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, jeder von unserer Mannschaft?
Zurück zur Besprechung. Wir haben in der Runde mit Shadruel, Beorn und Belaska auch berichtet, was wir in Ta’Lissienni herausgefunden hatten, was uns dort Salabal, Gwyrn und Lynissen als Gründe ihrer Festsetzung mitgeteilt hatten und das sich daraus ergebende Bild der Verschleppung von Wilden als Sklaven auf die Verlorene Insel. Shadruel fiel es wie Schuppen von den Augen, als er sich nun ausmalte, woher also die Vislani ihre Verpflegung gewannen. Er muss wirklich wütend gewesen sein, denn er stürmte aus dem Zelt hinaus in den Wald. Milene war die einzige, die ihm folgte, aber ich denke auch, dass eine neugierige Magierin genügt, um den Elf zu beruhigen, hätte das notwendig werden sollen.
Zudem war ich mit mir beschäftigt, denn in Belaskas Garderobe fanden sich tatsächlich ein paar Kleider für mich und meinen dicken Bauch. Sie schien zwar verwundert über meine Schwangerschaft aber sie half mir statt dumme Fragen zu stellen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich kann es nicht mehr verstecken und ich fühle mich fett aber was soll ich machen… Wir haben die Zeit auch gleich sinnvoll genutzt, um auszurechnen, wie viel schneller die Zeit hier vergeht. Belaska sagte, sie wären schon zweieinhalb Jahre da, ziemlich genau, und abzüglich der Zeit, die wir jetzt schon hier waren, konnten wir es mit den verstrichenen Monaten auf Aventurien vergleichen, die dort seit unserer letzten Begegnung in der Khomwüste vergangen war. So kamen wir auf etwa das Fünffache, was auch heißt, dass jetzt Zuhause etwa Mitte Ingerimm ist. Horatio hätte das gewiss schneller und genauer ausrechnen können…
Später am Abend habe ich diese Erkenntnis Asleif mitgeteilt, nachdem ich mit Milene zusammen daran gescheitert bin, jemanden zu finden, der uns Iamarituale beibringt anstatt nur meinem Lautenspiel zu lauschen und dabei einzuschlafen… Was ich noch niemandem gesagt habe ist, dass ich beim Spiel heute Abend eine Art Vision hatte aber was soll ich auch über Eindrücke aus einem Wald sagen, wo ich keine Ahnung habe, was das bedeuten soll. Wichtiger ist, dass Asleif wissen wollte, wie viel Zeit uns bleibt um die Wettfahrt zu beenden und auf Aventurien ist das nicht viel: etwas über zweieinhalb Monate. Davon will er noch ein Drittel für diese Aufgabe aufwenden, was uns unter Druck setzt, denn weniger als ein Monat Zuhause sind hier entsprechend weniger als fünf Monate – wir sprechen von vier bis maximal viereinhalb und da habe ich schon grob gerundet. Viel Zeit zum Rechnen blieb mir allerdings an diesem Abend nicht, da Raluf und die anderen Thorwaler eine ganz spezielle Bitte hatten, die auch mir das Herz ein bisschen mit Sehnsucht nach der Heimat füllt: das Jurgalied. Das war das erste Mal auf dieser Fahrt, dass ich es ohne den Ohm spielen musste. Und ich frage mich, was Asleif tun will, wenn die Zeit knapp wird, denn ich befürchte ohne die Lösung dieser Queste kommen wir Fenvariens Befreiung nicht näher und schließlich muss ich davon ausgehen, dass diese am Ende unserer zwölf Aufgaben steht.

126. Tag auf den Inseln
Shadruel hat uns gestern noch ein paar Bedingungen für sein Mitspielen bei diesem Plan oder dieser Aufgabe genannt: zum einen sollen alle von uns eine ganz spezielle Variante des Gedankenbilder lernen, sie nennen sie Kommandovariante. Diese erreicht nur Personen, die auch die Variante beherrschen und vor allem hat sie eine deutlich größere Reichweite als der ursprüngliche Zauber. Ich halte das für sehr nützlich und wer bin ich, mich gegen einen neuen Elfenzauber zu wehren. Interessant hingegen finde ich die Idee, dass wirklich alle Mannschaftsmitglieder ihn lernen sollen, was mich an Helmar erinnert und unsere Versuche vor Jahren, ihm genau diesen Spruch, also den Gedankenbilder, beizubringen. Wir sind also nicht die Einzigen, die solche Ideen haben.
Darüber hinaus hat Shadruel angekündigt, dass er nach erfüllter Aufgabe hier auf den Inseln diese mit uns verlassen und nach Aventurien reisen will, um mit uns gemeinsam Fenvarien zu befreien. Ich hoffe sehr, er fällt uns nicht in den Rücken und boykottiert dieses Vorhaben am Ende aber dann müsste er ein begnadeter Schauspieler sein, denn so wirkt er nicht. Und ich kann mir nur allzu gut vorstellen, dass sich jemand in diesem Chaos hier wünscht, dass der Bruderkrieg ein Ende findet und die Elfen wieder geeint werden. Wenn sogar unsere Prophezeiung andeutet, dass Fenvarien dies vermag, habe ich einen sehr guten Grund, weiter mein Bestes zu geben. Fraglich ist nur, ob Shadruel dann wirklich mit uns, also Asleifs Mannschaft reisen will, denn immerhin ist die Taubralir unser Schiff und Shadruel möchte sie haben, um auf die Inseln im Nebel zurückkehren zu können, sobald unsere Aufgaben bestanden sind.
Erstmal haben wir diesen Bedingungen zugestimmt mit dem Einwand, dass auch Fenvarien die Taubralir beanspruchen könnte und wir sie dann ihm geben werden. Damit schien Shadruel einverstanden. Und das Gespräch mit Beorn überlasse ich getrost Asleif, was Shadruel und dessen Weiterreise angeht – ich denke wir werden alles daransetzen, die Taubralir nicht noch einmal zu verlieren, wenn wir sie erst wiederhaben, auch nicht an Beorn.
Eigentlich wollten wir heute weitersegeln, um uns die Legende vom Kesselraub anzusehen, der orakelnden Riesin einen Besuch abzustatten und vielleicht auch den Verfluchten Berg mit seiner Höhle noch zu besuchen aber nachdem alle einen Zauber lernen müssen und wir noch verschiedenste Vorbereitungen treffen wollen, verzögert sich die Weiterreise um einen Tag. Milene kümmert sich um Tränke und ich versuche herauszufinden, welche Kräuter die Elfen auf den Inseln kennen, damit wir wissen, ob wir hier überhaupt die Möglichkeiten haben, beispielsweise ein Antidot zu brauen. Wie sich herausgestellt hat, sind die bekannten Kräuter eher wenige: Ilmenblatt, Ulmenwürger, Vierblättrige Einbeeren, Wirselkraut natürlich, Egelschreck, Traschbart, Gulmond, Belmart, Chonchinis, Shurinknolle, Joruga, Schleimiger Sumpfknöterich, Zwölfblatt, Alraune, Lulanie, Mirbelstein und Roter Drachenschlund. Soweit ich weiß kann man aus Shurinknolle Gifte herstellen aber ob Milene aus dem Rest mehr als einen Heiltrank und ein Kraftelixier machen kann ist fraglich. Zum Glück gibt es Gulmond.
Wie sich herausgestellt hat, hat Belaska den Elfen, vielmehr den Wilden um Beorn, bereits erklärt, wie Heiltränke herzustellen sind, sodass sie einen Vorrat haben. Milene wollte sie nicht ohne Vorbereitung in die vor uns liegende Aufgabe der Verlorenen Insel segeln lassen. So haben die beiden Magierinnen immerhin Zeit gefunden, sich ein wenig auszutauschen, da die Mirhamerin die Idee hat, dass wir drei zusammen später auf einem Konvent oder ähnlichem unsere Errungenschaften und Entdeckungen über die Elfen und deren Magie vorstellen könnten. Was ich ihnen nicht direkt sagte ist, dass ich das verlorene Wissen wesentlich lieber unter die Elfen zurückbringen würde aber darum kann ich mir noch keine Gedanken machen.
Leider konnte Shadruel mir nichts über Lariel und dessen Fluch sagen, sodass ich bei meinen Gedanken hierzu nicht weiterkomme auch wenn ich meine, dass man einen Fluch brechen können muss. Ihn plagen ganz andere Gedanken habe ich den Eindruck aber es ist wenig Zeit, um dem nachzugehen.

130. Tag auf den Inseln
Wir sind am nächsten Tag endlich zur Legende vom Kesselraub und dem Orakel Chalwen aufgebrochen. Unterwegs haben wir an der Küste von Tir’Na’Nog noch eine Stadt gesehen, in der die roten Banner der Gliederfäule gehisst waren, ehe es dann aufs offene Meer hinaus ging. Meine Träume und Vision von dem Wald sind geblieben und sogar intensiver und länger geworden. Meist kommen sie nachts, wie ein klarer werdender Traum: Ich laufe durch diesen Mischwald, barfuß einen Pfad entlang bis hin zu einer Lichtung, auf der eine Statue zu sehen ist, die erst in jedem Traum anders aussah bis ich bemerkt habe, dass es eine Statue der Nurti ist. Irgendwo plätschert eine Quelle, alles wirkt friedlich und ruhig aber ich weiß nicht, was es mir sagen soll. Und es scheint mir zu gering um mit jemandem darüber zu sprechen.

132. Tag auf den Inseln
Die Träume haben ein Ende gefunden – auf eine Weise, die ich nicht erwartet habe. Rückblickend hätte ich Asleif von den Visionen erzählen sollen. Wir haben eine Inselkette erreicht und an einer der größeren Inseln einen Stopp gemacht, um unsere Vorräte aufzufüllen. Phanta und Ilcaryon sind jagen gegangen, während Milene und Valvavin nach Pflanzen zum Essen suchen wollten. Ich bin mit Chalomir Kräuter sammeln gegangen. Ob er fände, dass ich fett geworden wäre, wollte ich von ihm wissen nachdem Milene das schon bejahte und ich ohne zu Schnaufen im Wald gefühlt gar nicht mehr vorwärts komme mit meinem Babybauch voran. Ich hätte nun aber nicht erwartet, dass er so direkt ist, in diese Kerbe zu schlagen und das auf dermaßen unsensible Art und Weise, dass ich ihn direkt geschlagen habe, um dann selbst verletzt zu gehen. Sollten Männer nicht Schwangeren sagen, dass sie wunderschön sind, perfekt? Aber ich bin wohl selbst schuld ob dieser Torheit. Trotzdem hat Chalomir die Ohrfeige mehr als verdient.
Irgendwie haben meine Füße mich auf einen Pfad gelenkt, dem ich unbewusst gefolgt bin, ehe mich auf einer Lichtung ein unbekannter Schmerz einholte. Erstmal war ich wie gelähmt und vom Blitz getroffen, schockiert würde ich sagen. Dann schoss mir durch den Kopf, dass hoffentlich alles mit dem Kind in Ordnung war. Um das zu unterstützen setzte ich zu einem Balsam an, von dem ich nicht sagen kann, ob er irgendwelche Auswirkungen hatte. Aber die Schmerzen verzogen sich eine Weile, sodass ich weitergehen wollte, um zu realisieren, dass ich auf der Lichtung aus meinen Visionen war! Der Pfad zur Lichtung führte zu der mit bekannten Statue der Nurti und auch die Quelle hörte ich friedlich plätschern. Doch dann kehrte der Schmerz bereits unliebsam heftig zurück. Vielleicht hätte ich Asleif oder Schwester Shaya mit einem Gedankenbilder um Hilfe rufen sollen aber meine Konzentration war dahin. „Zu früh“ schoss mir stattdessen durch den Kopf mit unzähligen anderen Gedanken, als mir klar wurde, was das für ein Unterleibsschmerz war: Wehen. So etwas kannte ich nicht und noch weniger wusste ich, was ich tun sollte. Plötzlich tat es mir unendlich leid, dass ich mich gerade noch über die Schwangerschaft und meinen kugelrunden Bauch aufgeregt hatte. Hilflos wie ein Kleinkind fühlte ich mich, Tränen auf den Wangen und mutterseelenallein, denn nirgendwo war jemand zu sehen oder zu hören – bis auf eine mit vollkommen unbekannte Elfe! Ich kann nicht sagen, woher sie kam oder wohin sie später ging aber ich bin unendlich dankbar, dass sie meine Schreie gehört haben muss. Selbst wenn sie eine Einbildung war, bin ich ihr zu Dank verpflichtet. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Nurti sie schickte, um mir zu helfen aber sicher ist nichts davon. Es ist nur klar, dass es auf der Insel keine Siedlung gab und die Elfe meinte, sie würde in der Nähe leben. Gewiss ist aber, dass ich in dieser Nacht ein Geschenk erhalten habe, wenngleich es nicht das ist, was man bei einer Geburt erwartet: ein Ei.
Natürlich war ich schockiert, die Elfe wohl noch weit mehr, denn sie sprach einen Attributo Mut für mich, als sie es mir zeigte und noch bevor sie mich mit einem Balsam soweit möglich heilte. Verwirrung beschreibt meine Gefühle in diesen Momenten wohl noch am besten, dann packte ich das bizarre Objekt in ein Tuch, um es warm zu halten.
Ich muss wohl eine ganze Weile auf der Lichtung gewesen sein, denn als die Verwunderung langsam nachließ hörte ich endlich den Ruf der Gedankenbilder von Ilcaryon und besann mich schließlich, darauf zu antworten. Wie viel Zeit vergangen war hätte ich nicht sagen können aber inzwischen war es tiefste Nacht. Zunächst wollte ich aber nur Schwester Shaya als Mensch um mich haben, die mich auch direkt in den Arm nahm. Milene musste ich hingegen fragen, was das zu bedeuten hatte. Die Elfe war fort noch ehe die beiden sie hätten sehen können und ich weiß auch nicht, ob sie meinen Dank noch vernommen hat. Aber nachdem Milene zu berichten wusste, dass dies bedeutete, dass mein Kind eine ganz besondere magische Begabung aufweisen würde, und Shaya zumindest Geschichten über solche Geburten gehört hatte, raffte ich mich schließlich auf, mit zurück zu den anderen zu gehen. Zuvor allerdings dankte ich Nurti in einem Gebet für die Hilfe, die Visionen, diesen Ort, die Elfe, auch wenn ich nicht weiß, was es zu bedeuten hat.
Zurück am Schiff und Lagerplatz wusste ich nicht, was ich den anderen sagen sollte. Erstmal wollte ich mit Asleif reden aber was gab es da schon groß zu sagen? Ich hatte solche Angst, dass es das nun war. Ich meine ich bin so schon merkwürdig für die anderen: woher ich komme verstehen sie nicht, was ich tue können sie auch nur selten nachvollziehen und nun das. Ich glaube ich bin alles außer gewöhnlich. Und ich hatte Angst nun auch von Asleif als absonderlich weggeschoben zu werden, vielleicht zurückgelassen. Doch überraschenderweise sagte er, er müsse sich nun wohl geehrt fühlen, denn im Güldenland sind solche Geburten hoch angesehen und wären Geschenke der Götter. Die folgende Reaktion hätte ich mir wohl denken können: er hat sich betrunken, allerdings nicht alleine, schließlich musste ich das auch verdauen und mich mit dem Ei anfreunden, das ich nun laut Milene einige Monate würde mit mir nehmen müssen, denn es dauert noch eine unbekannte Zeit, bis das Kind wirklich geboren werden wird. Wir waren so betrunken, dass wir bis zum Mittag geschlafen haben.

139. Tag auf den Inseln
Unterwegs hierher sind wir ein paar Elementaren begegnet, die sich gelangweilt haben und mit uns spielen wollten. Milene und Ilcaryon scheinen aber keinen Spaß zu verstehen, wenn es nicht ihr Spaß ist. Glauben die beiden wirklich, Elementare oder Dschinne würden zulassen, dass jemandem ernsthaft etwas passiert? Die würden doch Phanta beim ersten Aufschrei wieder aus dem Wasser angeln aber anscheinend habe nur ich Vertrauen in das gute Wesen der Elementare. Oder sie haben tatsächlich Angst, sich wegen ein bisschen Wasser einen Schnupfen zu holen – und das auf einer Walnussschale wie diesem Katamaran.
Wir haben Gwandual oder vielmehr die Legende vom Kesselraub erreicht. Einmal mehr mussten wir auf eine Insel, die jäh in einer Steilklippe endet, hinauf, sodass Ilcaryon als Hippogreif, seine neue Adlerschwinge, einen guten Teil der Mannschaft hochgeflogen hat. Ich habe Asleif dazu bewegt, mit mir in einem Wolkenlauf hinaufzugehen, da ich seit dem Absturz von Merors Adlerschwinge Hippogreif in Tjolmar vor acht Jahren doch lieber meine eigene Magie für solche Unterfangen nutze. Oben haben wir ein Lager aufgeschlagen und eine halb sehr verschwommene Legende beobachtet, in der sich uns keine klaren Bilder zeigen wollten.
Irgendwann in der Nacht tauchte draußen auf dem Meer schemenhaft die Angriffsflotte auf, über der sich ein gewaltiges Licht manifestierte. Kampflärm drang bis zu uns, jedoch ohne deutliche Bilder. Dann rissen geflügelte Schemen ein kesselförmiges Objekt nach oben und wir können nur ahnen, dass sie es zur Flotte brachten. Nachdem wir aus dieser sehr verschwommenen Legende nicht viel über den Kesselraub lernen konnten, entschieden wir, noch einen Tag zu bleiben, um es nochmals anzusehen.
Doch auch in der zweiten Nacht blieb die Legende schemenhaft. Und auch wenn Ilcaryon und Milene näher heranflogen, um sich den Raub des Kessels anzusehen, so kamen sie nicht mit viel mehr Wissen zurück, als dass der Kessel im Tempel der Nurti gestanden haben muss. In die Legende hineinzugehen indes halten wir für zu gefährlich, da sich ein Teil der Stadt und auch der Kessel auf einer Felsnadel vor der Küste befinden und die Brücke dorthin nur ein Schemen ist, der niemanden tragen wird. Ebenso ist schwer zu sagen, welche Gebäude der Legende gefährliche Stolperfallen verbergen.
Aber auch in der dritten Nacht bleibt die Legende ein Schemen, sodass ich beschlossen habe, einzugreifen oder es zumindest zu versuchen. Und irgendwie muss es mir gelungen sein, mit Musik und Gesang, mit Erzähltalent die Bilder zu verstärken, denn sie wurden klarer. So bewegten wir uns vorsichtig durch die Stadt, wo dann auch Milene mit einstieg nachdem mein Versuch fruchtete. Die Metropole wirkte verlassen als wir uns zwischen den Häusern der Brücke näherten und sogar diese überwanden. Auf der anderen Seite sahen wir nun einen Palast mit Symbolen der Nurti, keinen Tempel. Und uns wurde klar, dass hier dreiviertel der Bevölkerung durch die Gliederfäule dahingerafft worden waren. Auch in den klaren Bildern gab es bereits Verfall und Zerstörung, ein Teil der Gebäude war bei Sturmfluten ins Wasser gestürzt, die Verteidigungsanlagen aufgrund der dezimierten Bevölkerung unterbesetzt. So also hatte der Schlangenkönig leichtes Spiel gehabt.
Als die Angriffsflotte diesmal auftauchte und sich mit dem Licht bemerkbar machte, sahen wir wie unten im Hafen an den Teleportmuscheln, die wohl einst dazu gedient hatten, die Leute und Waren hoch in die Stadt zu teleportierten, ein Gemetzel ausbrach. Eine Überzahl an Marus und Krakoniern erschlug dort die Elfen, während die Flugechsen, mit Leibern wie Marus aber Flügeln, von der Flotte starteten. Beim Näherkommen ließen die Flugechsen gewaltige Krallen und eine riesige Spannweite erkennen, ehe sie reitende Kristallomanten auf ihnen zu sehen waren. Diese haben dann auch mit ihrer Magie die Mauern des Palastes durchlöchert und sein Dach zum Einsturz gebracht. Ich glaube, dass ich den Zauber als Zorn der Elemente von Olport her kenne.
Schließlich tat sich einer der Reiter insofern hervor, als dass wir ihn aufgrund seiner Unzahl an – vermutlich magischen – Amuletten und Ringen als Schlangenkönig identifizierten. Aber auch die anderen Geflügelten und ihre Reiter strotzten nur so vor Amuletten. Die Elfen, die ihn aufzuhalten den Mut hatten, waren ihm ausgeliefert. Pfeile der Elfen wurden ohne ersichtlichen Zauber umgelenkt und eine Nebelwand regnete sogleich ab, sodass sie nicht den Geflügelten die Sicht nahm, sondern die Elfen als Regen hinfort spülte. Dann riss der Schlangenkönig mit nur einem Wink Bodenplatten aus dem Fußboden und vor die Türen, durch die so kein Hereinkommen in den Kesselsaal mehr war. Dann packten zwölf der Geflügelten das große Objekt und trugen es hinfort. Eine Verfolgung der Echsen schließlich scheitert an nur dem Blick (!) des Echsenkönigs, der offenbar die Elemente kontrolliert – so werden ein Pfeil der Luft oder ein Wolkenlauf unnütz. Die zurückgebliebenen Leichen von Echsen verglühen als die Angreifer sich zurückziehen. Und wir tragen zusammen, was für Edelsteine wir gesehen haben: bei den Flugechsen Feueropal, Turmalin, Obsidian; bei den Achatzreitern Rubine, Baryt, Granat, Feueropal, Achat, Coelestin, Aquamarin, Smaragd, Aventurin, Obsidian. Was uns das sagt? Ich habe keine Ahnung aber diese Echsen waren auf jeden Fall gut vorbereitet.
Die Nacht verbringen wir sicherheitshalber außerhalb der Stadtmauern vor der Stadt, ehe wir dann morgen zum Orakel Chalwen aufbrechen werden. Ich habe mich noch nie so oft wiederholt, da unser Wissen um diese Legende hier wirklich nicht üppig war und sie zu erzählen das Einzige, was sie hat klarer werden lassen. Ich hoffe man verzeiht mir die Monotonie, denn schließlich mussten die anderen zuhören, damit es funktioniert.

145. Tag auf den Inseln
Nach einer recht ruhigen Seereise, bei der uns erneut der bärtige Elf, ich nehme an ein Halbelf, namens Harneh begegnete, erreichten wir heute das Orakel, das auf einer Insel mit Steilküste lebt. Ilcaryon bot sich wieder an, uns als Hippogreif hinaufzufliegen. Etwa im Zentrum der Insel trafen wir dann auf die Riesin Chalwen, die mit ihren zwanzig Schritt doch deutlich größer ist, als Riesen es gewöhnlich sein sollen. Sie saß auf ihrem Thron und wartete bis wir nahe genug heran waren, um eine Unterhaltung führen zu können. Gerne hätte ich die Riesin nach meinem Kind befragt, um zu erfahren, was es mit dem Ei auf sich hat, allerdings müssen meine privaten Interessen wohl zurückstehen und so berichteten wir, was uns zu ihr geführt hatte. Sie versank dann in eine Art Trance – ich glaube sie meditierte – und ließ dann für uns verlautbaren:
Die purpur Frucht des süßen Meeres Schlund,
In einem von den dreizehn Rund,
Gibt einverleibt zur Ritus' letzten Stund,
Dem Schicksal Hilf‘ zu froher Kund.
Natürlich hat Milene die Riesin analysiert uns so herausgefunden, dass ihr Magie innewohnt und sie keine Legende zu sein scheint. Allerdings ist ihr Zugegensein hier auf den Insel sehr merkwürdig, schließlich muss es über fünftausend Jahre her sein, dass Pyrdakor ihren Thron auf Aventurien, wie ich annehme, ins Meer stieß. Wie alt können Riesen werden?
Nach einer höflichen Verabschiedung entbrannte eine Diskussion darum, wohin wir weiterreisen würden. Wir entschieden uns dafür, nun zur Pferdeinsel zu segeln, um den Zwillingen mitzuteilen, dass wir nicht nur Beorn gefunden, sondern auch einen Plan für die Verlorene Insel hatten. Zuerst aber würden wir die Taubralir aus Bardibrig herausholen.

149. Tag auf den Inseln
Auf unserem Weg zur Pferdeinsel sind wir heute wieder Tibanna begegnet und haben sie abermals aufgenommen. Zusammen haben wir ihre Legende noch einmal zusammengetragen, um ihr Schicksal hier auf den Inseln besser verstehen zu können.
Am Hof von Mandalaya – wie wir heute wissen eine Stadt der Elfen und zugleich eine Person – wurde Brianissim aufgrund seiner großen Gesangskunst festgehalten. Er war oder ist der „König der Legendensänger“, sodass ich es sehr bedauere, dass wir ihm bisher noch nicht begegnet sind. Tibanna wollte ihn in der Legende hier auf den Inseln befreien, da sie so von seinem Schicksal angetan war. Jedoch scheiterte sie beim ersten Versuch an einem Feuerwesen, sodass sie fliehen musste. Brianissim wiederum, von dieser Hingabe und diesem Mut angetan, wurde seinerseits angeblich (wieder) zu Fleisch und Blut. Beim zweiten Versuch Tibannas, ihn zu befreien, verirrte sie sich in einem Labyrinth, sodass es nun an Brianissim ist, sie zu suchen. Dafür durchstreift er den Lyr auf einem kleinen Boot, während Tibanna sich nicht an mehr als seinen Namen erinnert.
Noch unterwegs haben wir versucht, die Seeelfen mit einem Gedankenbilder zu erreichen, damit sie, sollten sie ihm begegnen, Brianissim zur Pferdeinsel schicken mögen. Genau dort werden wir Tibanna nämlich absetzen, damit sie auf ihn warten kann und nicht beide einander suchen und sich so nie begegnen. Ich hoffe sehr, dass es klappt.
Unterwegs sind wir an den Drei großen Schnecken vorbei gesegelt, die hier zur Orientierung dienen. Dabei handelt es sich um schneckenförmige Inseln, um die allerdings gefährliche Strömungen vorherrschen, sodass wir gebührenden Abstand gehalten haben.

157. Tag auf den Inseln
Am Abend haben wir endlich die Pferdeinsel erreicht und uns mit Gwern und Caradel besprochen. Sie haben sich vorhin zusammen verabschiedet und machen nun unter sich aus, wer von den beiden uns begleiten wird. Derweil haben wir uns ebenso besprochen und ich weiß nicht mehr, ob es daran lag, dass Ilcaryon mich mit seiner Art so sehr gereizt hat oder daran, dass er Schwester Shaya damit beleidigt hat, dass sie von hier keinen Kontakt zu ihrer Göttin, der Herrin Travia hat. Wahrscheinlich fand er meine dazu im Vergleich harmlosen Fragen an Rowena und ihr Bettleben zu unangemessen, weswegen er mit einem Silentium für mich das Fass zum Überlaufen brachte und ich ihn angegriffen habe, um mich mit ihm zu prügeln. Dieser Kerl ist einfach unglaublich. Er merkt es nicht einmal, wenn er mit jedem Wort anderen Leuten wehtut. Und er meint offensichtlich, Rowena braucht seine Hilfe und kann nicht für sich selbst sprechen. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was sie an ihm findet. Es mag Dinge geben, die er kann, aber Nachdenken und Reden gehören definitiv nicht dazu. Kaum zu glauben, dass er so etwas mir damals in Mherwed vorgeworfen hat! Die Abreibung ist noch nicht erledigt. Ich hoffe Shaya geht es besser.

159. Tag auf den Inseln
Die Zwillinge haben gestern entschieden, dass Caradel uns begleiten wird. Also habe ich direkt Gwern gebeten, auf das Ei aufzupassen, auch wenn es mir sehr schwer gefallen ist. Ich empfinde das als eine sehr persönliche Sache und mag es nicht, wenn sich jemand in meine privaten Gespräche einmischt, auch wenn es Milene ist und selbst dann, wenn ich nur stottere, weil ich meine Gedanken nicht auf die Reihe bekomme. Tatsache ist, dass ich am liebsten selbst hier bleiben würde, weil es mir wichtiger ist als alles andere. Was, wenn etwas passiert, wenn so ein Goll das Haus niedertrampelt und das Ei mit meinem Kind darin zu Bruch geht? Dann werde ich mir doch unendlich Vorwürfe machen. Ich frage mich jetzt schon, ob ich das verantworten kann. Es fühlt sich unglaublich egoistisch an, die Verantwortung abzuwälzen. Und dann soll ich auch noch höflich von unten herauf bitten – um etwas, das ich eigentlich gar nicht will. Die anderen können das nicht verstehen. Und Asleif, der denkt gar nicht erst darüber nach habe ich den Eindruck. Aber ich tue es. Und ich bete zu Tsa, dass ich rechtzeitig zurück bin, rechtzeitig bevor die Schale bricht und vor allem lebendig. Immerhin ist der Gedanke an ein Ei aus dem mein Kind schlüpft inzwischen nicht mehr so befremdlich. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich es gut finden kann, dass ich es hier zurücklasse, sicherer als es nun für uns sein kann bei dem, was wir vorhaben. Gwern hat nur darum gebeten, dass ich das Kind vor dem Jugendalter abhole und dabei zu Swelfa geblickt.
Tibanna ist bei Gwern auf der Pferdeinsel geblieben. Es wäre schön, wenn unser Plan aufgeht und Brianissim sie hier findet.

160. Tag auf den Inseln
Unterwegs sind wir heute wieder einmal auf ein – zugegeben sehr großes – Baumboot gestoßen, was ja bedeutet, dass da ein Sternenträger mit seiner Dryade auf See ist. Es war Amantilada der Fruchtbringer, auch wenn ich ihn fälschlicherweise zunächst als „der Fruchtbare“ betitelt habe, was mich im Nachhinein schmunzeln lässt, bedenkt man, dass das Deck über und über voll Kinder war – Kinder, wie wir sie nicht kennen. Einer der Sprösslinge, an den ich mich etwas genauer erinnere, war elfisch, hatte aber moosgrünes Haar. Allesamt wirkten sie recht ausgelassen und glücklich, laut und fröhlich. Ich frage mich, ob es zu Hause irgendwann auch einmal so sein wird – natürlich mit den ganzen Kindern der Otta. Das fehlt mir. Es macht mir aber auch Mut, zu sehen, dass andere Kinder ebenso nicht unbedingt gewöhnlich sind.

163. Tag auf den Inseln
Wir haben mit Caradel und Swelfa gestern Pwyll erreicht und uns mit Beorn und Shadruel ausgetauscht. Da ich es noch nicht erwähnt habe: Swelfa hat die Gelegenheit genutzt, ihren Onkel zu begleiten, da sie den Zwillingen wohl als Kind versprochen hat, die Pferdeinsel nicht allein zu verlassen. Wir haben über den Orakelspruch der Riesin geredet und überlegt, ob es sich bei der „Purpurfrucht im süßen Meeresschlund“ um eine Art Alge im Brackwasser handeln könnte. Es kann aber auch etwas gemeint sein, das an einer untermeerischen Süßwasserquelle zu finden ist, da sind wir noch ratlos und suchen weiter.
Am Abend habe ich nach jemandem unter den Wilden gesucht, der mir Iamarituale beibringen kann, allerdings erfolglos. Es gibt wenige Hochelfen, die hier bei den Wilden leben, denn nur diese scheinen sich mit den alten Ritualen auszukennen und diese zu nutzen.
In der Früh haben wir direkt schon wieder abgelegt und befinden uns auf dem Weg zum Verfluchten Berg – dahin, wo Beorn und Belaska ihre Armreife herhaben. Angeblich gibt es dort eine Höhle, in der man sich seiner dunkelsten Seite stellen muss. Was genau das heißen soll müssen wir wohl selbst herausfinden.

174. Tag auf den Inseln
Wie so oft die Inseln hier beschaffen sind, befindet sich der Verfluchte Berg auf einer Klippe, die wir heute Abend erreichten. Ich erinnere mich noch an herrliche Strände auf den Äußeren Inseln aber im Inneren der Inselkette scheint es diese selten zu geben. Hier empfing uns immerhin eine hübsche Elfe namens Morwena, die eine tragische Geschichte mit sich herumträgt. Sie sagt, sie hätte ihren Liebsten verraten und nun wäre es ihre Strafe oder vielmehr Bürde, hier am Verfluchten Berg die Neugierigen zu warnen, die sich der Herausforderung ihrer Dunklen Seite stellen wollen. Dazu trägt sie einen Armreif, mit dem man wohl in die Vergangenheit reisen kann, um bestimmte Momente noch einmal zu durchleben. Es ist dieser Armreif und seine Magie, die Beorn und Belaska erhalten haben, jedenfalls eine Ladung, während Morwenas Reif selbst unzählige Ladungen des Zaubers zu tragen scheint. Wenn sie Sehnsucht habe würde sie den Armreif benutzen aber ich werde den Eindruck nicht los, dass sie sich damit geißelt.
Es hat einige Momente gedauert, bis sich herauskristallisiert hat, wer in die Höhle im Berg gehen würde. Ich selbst habe keinen Grund, mein Leben für irgendetwas zu gefährden, auch weil ich Mutter werde, aber vor allem weil ich mir nicht vorstellen kann, was meine dunkle Seite ist und entsprechend nicht sagen kann, was mich erwarten würde.
Am Ende waren es Chalomir, Valvavin, Raluf und Ilcaryon, die sich der Aufgabe stellen wollten, während wir anderen uns einen Platz an Morwenas Feuer gesucht haben. Kurz sah es so aus, als würden Milene und ich in einen heftigen Streit geraten, was sich jedoch zum Glück rasch auflöste, als wir wahrnahmen, dass wir uns nur selbst unter Druck setzten, diese Situation für uns und für andere zu lösen – es ging darum, ob wir anderen würden bei ihrer Aufgabe im Berg helfen können. Da half es aber sicherlich deutlich mehr, dass Schwester Shaya die vier mit einem Glückssegen des Phex bedachte, obwohl es ihr sichtlich schwer fiel.
Die vier verschwanden im Eingang und so hieß es für uns warten.

Der erste, der wieder aus der Höhle heraus stolperte, war Valvavin. Er berichtete, dass er ein böses Ebenbild getroffen habe, welches angedroht hatte, seinen Otter zu töten. Daraufhin war ein erbitterter Kampf entbrannt, den der Elf nur mit Not für sich entscheiden konnte, soweit ich es sagen kann.
Schwieriger hatte es da Chalomir, denn sein boshaftes Ebenbild nutzte Gift, um sich seiner zu entledigen. Ich wusste gar nicht, dass der Tulamide in der Lage ist, solche Alchemie zu betreiben. Allerdings kommt er aus Fasar, was nicht unbedingt dagegen oder für ihn spricht. Chalomir tauchte von einer dem Kliff zugewandten Seite am Feuer auf nachdem er seinen Kampf knapp für sich entschieden hatte. Es bedurfte aber eines Klarum Purum, den ich zur Sicherheit erzwang, um ihn zu entgiften, sodass er überlebte. Was wohl passieren muss, dass er sich seiner Fähigkeiten als Giftmischer bedient?
Den meiner Meinung nach härtesten Kampf in der Höhle hatte wohl aber Ilcaryon, der aus dem Dunkel mit einem Pfeil des Erzes angegriffen wurde, der ihn beinah umgebracht hätte. Nicht nur er bedurfte eines Heiltrankes, um den Schock zu überwinden und in den Kampf zu gehen, denn sein Kontrahent hatte noch mit einem Fulminictus nachhelfen wollen und war dann sichtlich überrascht gewesen, dass sein Ebenbild nicht so schnell aufgab. Als Ilcaryon die Höhle verließ und zu uns zurückkam, zitterte er am ganzen Leib – vor Überraschung, vor Aufregung aber sicher auch vor Furcht. Er war so aufgelöst und froh, diesen Teil hinter sich zu haben, dass er jeden der Mannschaft erleichtert, noch am Leben zu sein, umarmte.
Raluf schließlich hielt es knapp mit seiner Beschreibung des Kampfes als er angeschlagen zu uns getaumelt kam. Der andere war fies gewesen und wäre ausgewichen (statt es zu nehmen wie ein Mann – wie der Hüne uns am Anfang der Fahrt schon seine Meinung dazu kundgetan hatte). Darüber hinaus war Raluf nicht einmal in den Sinn gekommen, seinen Heiltrank zu trinken, um diesen Zweikampf zu bestehen.
Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass die vier Narren es überstanden haben. Wahrscheinlich aber hoffe ich vergebens, dass sie etwas daraus gelernt haben. Und wenn ich mir überlege, zu was ich selbst alles in der Lage bin, sowohl kämpferisch als auch magisch, dann bin ich sehr froh, nicht in diese Höhle unterm Verfluchten Berg hinein gegangen zu sein, denn es hätte gewiss eine Möglichkeit davon gereicht, mich zu töten. Und wenn ich Milene in die Augen sehe geht es ihr höchstwahrscheinlich ebenso. Was mich im Gegenzug sehr stolz macht ist, dass der Rest der Mannschaft vernünftig war und nicht der Neugier nachgegeben hat. Für heute Nacht haben wir unser Lager hier aufgeschlagen und vielleicht hat der ein oder andere doch etwas, worüber er nachdenken oder sprechen muss, jedenfalls höre ich Ilcaryon und Rowena abseits reden.

179. Tag auf den Inseln
Auf dem Weg hierher sind uns ein paar Luft- und Wasserdschinne begegnet, die wie so oft spielen wollten und ich habe gern mitgemacht, auch wenn es bedeutet hat, dass ich aus etwa zehn Schritt Höhe ins Wasser fallen gelassen wurde und meine Axt dabei verloren habe. Dafür habe ich den Luftdschinn überredet, einen Abstecher nach Bardibrig zu machen und uns ein paar grobe Informationen zur Stadt zu liefern. Und ein Wasserdschinn hat mir freundlicherweise meine Axt für etwas Kraft zurück gebracht. Ich weiß wirklich nicht, was ein Großteil der anderen hat. Meinen sie wirklich, sie wären zu alt für Spaß? Vielleicht sollte ihnen jemand mal einen Streich spielen…
Jedenfalls sind wir jetzt auf Bardibrig und haben den Katamaran etwas weiter weg von der Stadt an Land und in den Schutz einer Weide gezogen. Ich habe ein wenig mit einem Haselbusch nachgeholfen was die Deckung durch den Baum angeht. Und während wir die Füße stillhalten, ist Valvavin los, um uns einen Eindruck von der Stadt zu verschaffen, die ganz nebenbei sein Zuhause ist. Die Informationen des Luftdschinns waren jedenfalls nicht sehr inhaltsreich aber auch Valvavin hat nicht sonderlich viel herausgefunden, sodass am Nachmittag unsere Elfen, also wieder Valvavin, Ilcaryon, Caradel und Swelfa, noch einmal los sind, um vielleicht doch noch herauszubekommen, wo die Taubralir aufbewahrt wird.
Der Abend ist aber auch unbefriedigend verlaufen. Während Valvavin beschlossen hat, in der Stadt bei seinem Clan zu nächtigen, brachten die anderen drei uns die Information, dass ein Baumboot im Hafen läge, mit dem eine Elfe namens Lynissel die Blitzeschleuderin unterwegs wäre. Schwer zu sagen, ob sie freiwillig hier ist oder auch wie Salabal festgehalten wird, während man die Dryade erpresst.

180. Tag auf den Inseln
Am Morgen hat Valvavin vom Palast seines Clans aus einen Rundflug über die Stadt gestartet, um abermals nach der Taubralir zu suchen und für uns hilfreiche Informationen zur Bewachung in der Stadt zu sammeln. Viel mehr als ein Bild der Stadt von oben hat es leider wieder nicht gebracht, sodass wir, Valvavin und ich, mittags einen neuen Plan ersonnen und ein Tier gerufen haben. Der Delphin erhielt den Auftrag, vorsichtig das Hafenbecken und vor allem den Kriegshafen nach einem weißen Schiff abzusuchen. Wie er Valvavin schließlich mitteilte, als er nach Stunden zurückkam, liegt unser Schiff in einem Bootshaus des Kriegshafens, das wir mithilfe des Tieres identifizieren konnten. Nun, da wir wissen, wo sich die Taubralir befindet, können wir endlich planen, sie uns zurückzuholen.
Dafür gehen Ilcaryon, Valvavin, Caradel und ich in die Stadt. Wir geben vor, Flüchtlinge von Pwyll zu sein, während Valvavin einen heimischen Besuch macht. Es ist lustig mit Caradel, der sich als Ledarac ausgibt um nicht erkannt zu werden, unterwegs zu sein. Ich mag seine pragmatische Art, die die Menschen vermutlich nie verstehen würden, wo es doch mir noch schwer fällt, ein paar Jahre als kurze Zeit zu sehen. Man hat uns beide in eine Art Palast für Flüchtlinge gesteckt. Ich habe gesagt, ich wäre hier, um bei den Vislani vorzusingen und somit den Clan zu wechseln. Und natürlich frage ich mich, ob ich sie beeindrucken könnte. Es kribbelt in meinen Fingern, wenn ich nur daran denke aber sie würden zu schnell erkennen, dass ich kein Hochelf bin. Bei einem Spaziergang haben wir zumindest herausgefunden, dass im Kriegshafen immerzu zwei Vislani unterwegs zu sein scheinen, die jeder fünf Geisterkrieger dabei haben. Hinzu kommt ein weiteres Dutzend dieser magischen Rüstungen, das wohl Wache steht.
Derweil hat Valvavin Ilcaryon als seinen Freund ausgegeben und sie sind im Palast seines Clans verschwunden. Ich denke sie sind so etwas wie Ackerbauer und Viehzüchter. Allerdings gab es Probleme nachdem die beiden keine guten Lügner sind. Sie hätten sich wohl vorher mehr Details ihrer Geschichte zurechtlegen sollen. Immerhin fiel keine Schuld auf Valvavin als Ilcaryon als Eindringling enttarnt wurde und floh. Sein Clan geht vielmehr davon aus, dass Valvavin ein Opfer ist und von Ilcaryon benutzt wurde, um in die Stadt zu kommen. Die Vislani suchen ihn überall.
Dabei hat Ilcaryon sich mit einem nicht ganz freiwilligen Sprung von einem der Balkone des Palastes in die Bäume und Büsche gerettet, der jedoch nicht unbemerkt blieb. Schließlich also hat er sich in die Erde zurückgezogen und fand es da so lauschig, dass er beschloss, vorerst nicht wieder herauszukommen.

Während wir uns in der Stadt umgesehen haben, hatte Milene endlich Gelegenheit, einen der Geisterkrieger zu analysieren. Es handelt sich bei ihnen um Artefakte, dich sich mittels eines hoch komplexen Animatios bewegen und sogar komplexe Bewegungsmuster ausführen können. Nicht viel später ist der Rest der Mannschaft aufgebrochen, um sich wie verabredet mit Beorn zu treffen.
Unterwegs sind sie auf ein paar Seeelfen gestoßen, die ihnen von einer untermeerischen Süßwasserquelle berichten konnten. Gemeinsam mit Beorns Flotte haben sie diese aufgesucht, auch wenn nur Chalomir einen Tauchgang gewagt hat. Im süßen Quell Sprudel hat er schließlich Muscheln entdeckt und mit nach oben gebracht, um sie zu knacken. Und tatsächlich konnte er in einigen wenigen kirschrote Perlen finden, die hoffentlich unsere „pupur‘ Frucht vom süßen Schlund“ sind.
Schwierig war nur, dass just der Tiburun sich blicken ließ als Chalomir unter Wasser war und „erntete“, während die anderen oben natürlich mit ihren Schiffen das Weite gesucht haben. Doch es ist nicht viel mehr passiert als das der Tiburun am Riff eine große Schuppe verloren hat, als er die Kante etwas Schroff nahm. Chalomir hat sie mitgebracht. Insgesamt konnte er mutig drei der Perlen erbeuten.

181. Tag auf den Inseln
Nachdem Caradel mich am Morgen vor meiner Neugierde, bei den Vislani vorzusingen, bewahrte, haben wir uns auf die Suche nach Ilcaryon gemacht. Seine Spur hat uns an den Punkt geführt, an dem er in die Erde eintauchte. Nachdem er sich zumindest besann, sich via Gedankenbilder - in der speziellen Variante von Shadruels Leuten - bei uns zu melden, konnten wir ihn zu uns locken und Caradel verabreichte ihm eine Lektion, die er so schnell nicht vergessen wird: er beendete Ilcaryons Zauber, einen Leib der Erde, noch während der Elf in ebendieser steckte. Ich bin gewarnt, so etwas nicht zu versuchen, denn ich möchte keine Erdklümpchen husten und niesen, während ich wie ein erweckter (Un)Toter aus der Erde herausbreche. Da war keine elfische Eleganz mehr an dem Auelf aber wir hatten ihn wieder.
Mit unseren wenigen Sachen haben wir uns am Mittag banal oder mittels Magie in ein Lagerhaus im Hafen geschlichen. Der Unsichtbare Jäger ist zweifellos ein Zauber, den ich noch oft nutzen werde. Uns blieb die Zeit, um zu schlafen oder zu meditieren oder beides, bis wir schließlich unser Versteck verließen, um einen zuvor besprochenen Plan durchzuziehen: Zuerst ein Unitatio mit größerer Reichweite, dann ein Wasseratem von Ilcaryon für jeden. So sind wir durchs Hafenbecken und in den Kriegshafen getaucht. Dort haben wir das Wasser erst in dem Bootshaus, in dem uns die Taubralir mit ihrem hellen Bug begrüßte, verlassen. Ilcaryons Versuche, mehr zu erkennen, hätten uns beinah auffliegen lassen. Doch der Elf war sehr schnell darin, die beiden wachenden Vislani, die in einer sehr kleinen Variante des Schiffes saßen, einschlafen zu lassen, während Caradel die Verständigung mit ihren Wachen oder anderen Vislani unterbrach.
Jedoch nahm es Zeit in Anspruch, das Schiff zu trocknen und schrumpfen zu lassen, sodass uns auch der Silentium nicht vor der Patrouille schützte. Doch auch diesen Vislani schalteten wir schnell aus und Caradel ließ seine Geisterkrieger mittels Bewegung stören zusammensacken. Immerhin verbarg der Silentium den Krach, auch als wir alles ins Bootshaus schleiften. Zuletzt wollte ich noch einen der Vislani zu der Sternenträgerin und dem Baumboot befragen. Allerdings wurde sehr schnell klar, dass der Elf nichts sagen würde. Er schaffte es irgendwie, Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, sodass Caradel ihn fast ertränkt hätte. Ich glaube ich habe sein Leben gerettet als ich meinte es wäre genug, nachdem der Vislani mit dem Kopf im Wasser nicht mehr zappelte. Jedoch war es höchste Zeit, aufzubrechen.
Ilcaryon ging in die Gestalt des Hippogreifs und schulterte Caradel nebst der Taubralir in dessen Armen. Ich wurde zum Blaufalken und Valvavin zum Albatros. Es war knapp, Pfeile zischten uns hinterher. Aber als wir aus dem Bootshaus in Richtung See aufbrachen sollte den Vislani endlich klargeworden sein, dass wir keine einfachen Leute sind. Ich hatte eine scheiß Angst aber zugleich war ich so unglaublich stolz auf uns, das hier geschafft zu haben. Und mit jedem Höhenmeter fühlte ich die Freiheit zurückkehren, dieses Reich hier verlassen zu können, wann immer wir es wollen würden und, noch wichtiger, unsere Aufgabe nun endlich vollbringen zu können.

Als wir auf dem Schiff von Beorn landeten wie Helden, war die Wiedersehensfreude entsprechend groß. Nur einer fehlte: Valvavin. Irgendwo mussten wir den Albatros verloren haben. Zunächst aber ließen wir unsere Taubralir zu Wasser und bemannten sie wieder. Beorn, ein paar seiner Leute und Shadruel schlossen sich uns an, das Zauberschiff zu bemannen. Mit etwas Abstand zu Bardibrig verbrachten wir eine erholsame Nacht und würden am nächsten Morgen nach Valvavin suchen.

182. Tag auf den Inseln
In der Früh ist Ilcaryon losgezogen, um Valvavin zu suchen. Er hat ihn auf Bardibrig gefunden und zu uns gebracht, hatte sich wohl verflogen. Wir haben uns dann mit der Flotte von Wilden unverzüglich auf den Weg zur Verlorenen Insel gemacht und gehen seither die Vorbereitungen durch. Die Reise wird eine Weile dauern, sodass wir planen.

192. Tag auf den Inseln
Die Elfen haben in Adlerschwinge die Insel soweit ausgekundschaftet, wie ihnen möglich war. Neben dem Turm des Schlangenkönigs, in dem wir den Kessel vermuten, haben sie Felder gefunden, auf denen Elfen als Sklaven arbeiten. Unsere Taktik sieht daher vor, dass Beorn mit den Wilden versuchen wird, bis zu den Feldern vorzurücken, um zumindest einige der versklavten Elfen zu befreien. Dabei will er so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass mit etwas Glück der Schlangenkönig seinen Turm verlässt, um dem Kampf beizuwohnen. Wir werden derweil erst am zweiten Tag der Kämpfe aktiv werden, um zum Turm zu gelangen. Die Option, dorthin zu laufen, haben wir aufgrund des schwierigen Geländes verworfen. Im Turm wollen wir dann in der Nacht das Kessel-Ritual durchziehen, das heißt Caradel und Shadruel werden das, während wir sie bewachen. Wenn alles gut geht, kehren wir am Morgen des dritten Angriffstages zurück und setzen die Taubralir aufs Wasser, um zu entkommen. Beorn wird dann seinen Angriff abbrechen, um sich mit uns auf See erneut zu treffen.

194. Tag auf den Inseln
Beorn hat am Morgen seinen Angriff gestartet. Wir haben uns allerdings schon zuvor von der Flotte abgesetzt und steuerten einen anderen Strandabschnitt der Insel an. An Land haben wir uns zurückgezogen und versteckt und warten auf den Abend. Auch die Leichen von Eigor und Horatio sind bei uns, ebenso wie die Taubralir und die Ausrüstung, die wir nicht auf einem von Beorns Schiff zurückgelassen haben. Viel sollten wir allerdings nicht brauchen.
Am Abend habe ich einen Dschinn beschworen – oder beschwören wollen – damit er uns zum Turm bringt. Allerdings war die Vorbereitung vergebens, denn statt dem Erscheinen eines Dschinns setzte ich uns der Gefahr zahlreicher Mindergeister aus, als mein Zauber schiefging. Immerhin war Ilcaryon so geistesgegenwärtig, uns hinter einem Nebel am Strand zu verstecken, sodass die Echsen uns nicht entdeckten als die Feuerwesen einen Teil der Ausrüstung in Brand steckten. Zu unserer Überraschung hat ausgerechnet Abdul uns gerettet indem er einen Zauber, den man glaube ich Aerofugo nennt, wirkte und so das Feuer und die Mindergeister erstickte. Von dem Schreck mussten wir uns erst einmal erholen und haben daher die Abreise via Dschinn auf morgen verschoben. Zum Glück haben wir ein Zeitfenster für solche Eventualitäten. Aber ich schäme mich, dass ausgerechnet jetzt so etwas passieren muss!

195. Tag auf den Inseln
Am Morgen ist mir die Beschwörung eines Luftdschinns, den Zwölfen sei Dank, gelungen. Wir haben ihn dazu bewegt, alle bis auf unsere Flieger und die Leichen an einen Ort nahe des Turmes des Schlangenkönigs zu bringen. Ilcaryon hat die Leichen als Hippogreif, begleitet von Valvavin, getragen. Unterhalb des Turmes haben wir uns recht rasch in die Büsche geschlagen und für den Tag versteckt. Es war nicht einfach, Abdul ruhig zu halten und keine Aufmerksamkeit der immer wieder patrouillierenden Fluggeschöpfe auf uns zu lenken.
Erst am Abend haben wir uns daran gemacht, den Hang bis zum Turm hinaufzuklettern, wo wir fast aufgeflogen wären. Ich habe es aufgegeben, mich zu verstecken, und nutzte den Unsichtbaren Jäger. Den Zauber mag ich und werde ihn bestimmt noch oft nutzen. Na jedenfalls habe ich uns dann ein Loch in die Mauer geformt, Metamorpho Felsenform, als wir den Fuß des Turms erreichten, während Valvavin mit einem Exposami herausfand, auf welcher Etage uns wie viele größere Lebensformen erwarten würden. Im Erdgeschoss, wo wir herauskommen würden, waren es zwei. Doch zunächst bedurfte es Asleifs Überredungskünste, mich in den Turm hinein zu bewegen. Ich hasse diese Enge in der man kaum atmen kann. Und als ich mir endlich genug Mut oder Gleichgültigkeit angetrunken hatte, hatte Ilcaryon bereits die beiden Achaz in einer Art Küche außer Gefecht gesetzt. Wir machten uns also auf den Weg nach oben, während Milene und Valvavin von unten mit je einem Silentium dafür Sorge trugen, dass wir nicht so schnell entdeckt werden würden.
In der nächsten Etage erwartete uns zwischen Aufgang und Kammer nur ein Vorhang, den wir rasch beiseite schlugen. Neben einer Wache fanden wir so etwas wie Tsa-Priester oder Brutpfleger bei einigen Eiern, die sich schützend vor sie stellten. Valvavin und ich blieben zurück, um die Achaz hier ruhig zu halten, während die anderen weiter nach oben drängten. Irgendetwas lief wohl anders als geplant, denn oben lieferte sich Ilcaryon einen Kampf mit einer Wache auf der Treppe, wie später berichtet wurde. Als die Wache überwunden war, stolperte Ilcaryon durch einen Vorhang, in dem er eine Wache und eine Echse sah, in der er glaubte den Schlangenkönig zu erkennen: vier Arme, behangen von Edelsteinen und Artefakten. Doch ehe er etwas unternehmen konnte, baute sich vor ihm eine stürmische Wand auf, die weder Pfeil noch den Elf hindurchließ.
Einen Moment später erschien bei Valvavin und mir im Raum eine Echsengestalt, die Ilcaryon eben oben gesehen hatte. Ich muss zugeben, dass ich erschrak und schon fast Golgari erwartete, nachdem Valvavin und ich allein waren. Doch statt des erwarteten Kampfes zog der Schlangenkönig zwischen seiner Brut und uns eine magische Wand aus Stein, die uns ein weiteres Vorgehen hier unmöglich machte. Also schlossen wir schleunigst zu den anderen auf, immer die Treppe hinauf. Irgendetwas musste auch bei Beorn anders laufen als geplant, denn andernfalls hätte der Schlangenkönig nicht hier sein sollen.
In der nächsten Etage, wo wir die anderen trafen, erwartete uns im Vorraum eine Art Bibliothek und erstmal seit dem Erdgeschoss wieder eine Tür in den angrenzenden, größeren Raum. Und während die anderen in das angrenzende Zimmer vorrückten, sahen Milene und ich uns eilig in den Reihen von Büchern und Schriftrollen um, bis ich schließlich recht wahllos eine davon herauszog. Doch in dem Moment, in dem ich sie öffnen uns ansehen wollte, ging ein brennend heißer Schmerz auf mich nieder und steckte nicht nur mein Haar in Brand. Die Schriftrolle war gesichert gewesen! Dass sie jetzt in meiner Hand ebenso verbrannte wie meine Haut interessierte mich recht wenig als ich aufschrie. Hesinde sei Dank begriff Milene sehr schnell, was vor sich ging, und erstickte die Flammen mit einer Decke, ehe wir zu den anderen in das große Zimmer hechteten und diese die Tür verbarrikadierten.
Die fragenden Blicke bemerkte ich nicht, sondern heilte mich zunächst konzentriert, um dem Schmerz zu entkommen. Als ich damit fertig war, war der Raum bereits untersucht und gesichert. Es handelte sich tatsächlich um den Kesselraum, wie das riesige Artefakt in der Mitte deutlich machte. So hatten wir ihn in der Legende vom Kesselraub gesehen. Caradel und Shadruel fackelten nicht lange, sondern begannen das Ritual, während die Leichen zunächst am Rand des Raumes verstaut worden waren. Milene analysierte Kraftlinien, die durch drei der insgesamt sechs großen Buntglasfenster hier verliefen und laut der Hochelfen Voraussetzung dafür waren, dass das Ritual funktionieren würde. Wir verteilten uns im Raum, sodass wir möglichst Hochelfen und Taubralir würden schützen können. Ich erbat mir die Zeit, alsbald meditieren zu können, um wieder zu astralen Kräften zu kommen.

Es dauerte eine ganze Weile, die man uns wohl in Ruhe ließ, um sich zu überlegen, wie man uns loswerden konnte und währenddessen ich meditierte. Dann, plötzlich, begannen viele der Waffen Rost anzusetzen und vor unseren Augen so weit zu korrodieren, dass sie beim ersten Versuch, damit zu kämpfen, wohl zerbröckeln würden. Neben meiner Streitaxt gehörten auch Asleifs Schwert Fenris und die gespannten Bögen von Phanta und Ilcaryon dazu, ebenso wie Rowenas Waffe und weitere. Indiras Säbel hingegen konnte Milene mehr oder weniger rasch mit einem Adamantium vor diesem eisenrostartigen Zauber retten. Übergangweise formte ich aus Stein Waffen für Asleif und Rowena, ansonsten teilten wir auf, was noch da war, sodass sich jeder würde verteidigen können. Mein ungespannter Bogen und Dolche wirkten wohl nicht bedrohlich genug, um von dem Zaubereffekt betroffen zu sein.
Es folgte eine Zeitlang Ruhe, ehe auf eine knappe Warnung hin auf einmal kleine Schlangen im Raum erschienen, die auch Caradel und Shadruel angingen. Letzterer schrie auf, als er von dem giftigen Tier gebissen wurde. Caradel schlug hingegen unbeherrscht eines der Tiere von sich weg ehe wir alle erschlagen konnten. Uns war klar, dass jede Unterbrechung des Rituals schlecht für die Wiedererweckung unserer Freunde war, da die Hochelfen uns erklärt hatten, dass sie hoch konzentriert und möglichst ununterbrochen von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang bleiben mussten.
Das nächste Opfer einer Störung war Ilcaryon, auf den alsbald ein Beherrschungszauber gewirkt wurde, sodass er den Schlangenkönig für seinen Freund hielt und unbedingt zu ihm gehen und mit ihm sprechen wollte, um diesem den Umstand unseres Hierseins zu erklären. Wir hielten ihn davon ab, die verbarrikadierte Tür frei zu räumen und setzten ihn fest. Unsere Versuche, die Beherrschung zu brechen, fruchteten leider nicht, sodass wir gezwungen waren, den Zauber auszusitzen. Immerhin dauerte dies nicht allzu lange und es passierte in der Zwischenzeit nicht noch etwas anderes.
Doch kurz nachdem sich die Lage wieder einigermaßen entspannt hatte, soweit das hier überhaupt möglich war, tauchten hübsche Schmetterlinge im Raum auf, die mir irgendwie bekannt vorkamen, wie einigen anderen auch. Aber noch bevor wir sie warnen konnten, starrten Chalomir, Ilcaryon und auch Shadruel auf die Ikanariaschmetterlinge, wie sie genannt werden. Diese verursachen beim Betrachter einen lethargischen Zustand, wie wir anhand der drei miterleben konnten, während es andere wie Raluf rechtzeitig schafften, ihren Blick in eine andere Richtung zu wenden.
Jedoch noch bevor wir etwas unternehmen konnten, schraken wir zusammen, als die Glasfenster barsten, da durch jedes unvermittelt ein Maru hereinsprang und uns angriff. Die verbliebenen Kämpfer mit Waffen machten sich daran, die neue Gefahr abzuwehren, während andere versuchten, die Ikanariaschmetterlinge zu eliminieren, damit unsere lethargischen Kämpfer sich auf die eigentliche neue Gefahr konzentrieren konnten aber auch, damit sie Caradel und Shadruel nicht von ihrem Ritual abbrachten. Zumindest das gelang recht bald sodass wir uns an allen sechs Fenstereingängen formieren konnten, um die Marus abzuwehren, hinter denen bereits weitere standen, wie wir feststellen mussten. Schlimmer noch kamen hinter den von uns erschlagenen Marus recht bald Kobraflugechsen hervor, die größer und weit zahlreicher aber vor allem für uns unbekannte Gegner waren. Es entbrannte ein harter Kampf, in dem sich vor allem Raluf hervortat. Mehr als drei solcher Kobraflugechsen erschlug er, mindestens eine davon sogar mit nur einem Schlag! Allerdings auch alle anderen Kämpfer schlugen sich wacker und so erschlugen wir am Ende über dreißig dieser Kreaturen zu den neun Marus hinzu, die ich zählte. Viele davon wurden einfach nach hinten zurückgezogen von unseren Angreifern, um weiteren Kämpfern Platz zu machen. Schwer schnaufend und Blutbespritzt hatten wir uns ein Durchatmen mehr als verdient nur befanden wir uns auf feindlichem Terrain und waren selbst die Eindringlinge – schwer zu sagen also, wie lange man uns Ruhe gönnen würde bis zum nächsten Versuch, uns auszulöschen.

Vom Kampf Beorns zur Ablenkung indes bekamen wir nichts mit, versäumten es aber immerhin nicht, den Flugwesen ihren Halsschmuck abzunehmen: Ketten mit je einem zentralen Edelstein, von denen sich Valvavin unbedacht direkt eine umlegte. Ich erschrak vor seiner Naivität und fühlte mich mit einem Schauer den Rücken hinauf kriechend an etwas das vor Jahren in Gareth geschah erinnert. Damals hatte ich mir eine Kette – Beute von einem erschlagenen Gegner – umgelegt. Ich erzählte Valvavin, was mir damals geschehen war: ein Mann hatte uns auf der Straße aufgelauert, um uns zu töten. Doch wir erschlugen den sich ach so überlegen fühlenden Krieger und ich nahm das hübsche Kleinod an mich, um es sogleich anzulegen. Unvermittelt vernahm ich eine Stimme in meinem Kopf – ich hätte ein viertel Stundenglas Zeit, um mich meiner Freunde zu entledigen oder ich würde sterben. Es war der Herr der Rache, der mich heimsuchte, den wir jüngst um eine Paktiererin erleichtert hatten. Sie wollte dem Pakt entkommen, hatte Hilfe bei einem Phextempel erbeten und so hatten wir sie in die Stadt des Lichts gebracht – drei Magiebegabte am ersten Namenlosen Tag. Nun ja. Ja. Ich kann von Glück sagen, dass ich noch lebe, da einer meiner Begleiter ein magisches Bannschwert bei sich führte, von Berufs wegen, und der andere ein guter Heiler ist. Andernfalls hätte mich diese kleine Unbedachtheit wohl das Leben gekostet. Meror zerschnitt die Kette und Mandrion flößte mir einen Heiltrank ein. Ich hoffe derweil, dass der Herr der Rache das nicht persönlich nimmt und mich vergessen hat. Und ich hoffe meine kleine Anekdote war Valvavin eine Lehre, nicht so unachtsam mit Artefakten umzugehen deren Wirkung er nicht kennt.

Re: Vademecum von Shayaria Askirsdottir: Meine Reise mit Asleif Phileasson

Verfasst: 03 Nov 2018, 20:28
von Shayaria
Zurück zu den Ereignissen im Turm des Schlangenkönigs. Wir leckten unsere Wunden und es war nicht viel Zeit vergangen, als Milene auf einmal zur Decke blickte und eine Warnung ausstieß. Sie sprang nach etwas und ich sah, wie sich direkt über dem Kessel ein Loch in der Decke auftat, durch die etwas fiel oder fallen gelassen wurde. Noch bevor ich darüber nachdachte sprang auch ich, um es mit meiner Axt wegzuschlagen, ehe es das Ritual würde stören können. Eigentlich war es nur, wie ich einen Lidschlag später sah, eine kleine Eidechse, die ich getroffen hatte und die deswegen an die Wand hinter Rowena flog. Fast hätte sie mir leid getan, wäre da nicht das ungute Gefühl, das sich wiederum nur einen Moment später bestätigte, als die kleine Echse zu einer ausgewachsenen Donnerechse heranwuchs, gerade als sie auf dem Boden aufschlug. Inzwischen waren alle im Raum wieder alarmiert und einmal mehr gelang es Raluf, seine Stärke unter Beweis zu stellen. Noch bevor ein anderer es vermochte hob er seine Barbarenaxt und vergrub sie in der Donnerechse – so tief, dass sich diese nicht mehr rührte. Zuerst noch verwundert hielt ich inne, auch die anderen, und ging Shadruel aus dem Weg und zurück zu meinem Posten. Ich denke wir alle nickten Raluf anerkennend zu. Was für ein Hieb!
Allerdings wurde es nun mit der toten gehörnten Echse noch etwas enger im Raum, was mir gar nicht zusagte. Und die ständige Anspannung hinterließ bei mir so langsam einen riesen Hunger, weswegen sicher nicht nur meine Laune stetig sank. Wir alle schwiegen angespannt bis auf die beiden tanzenden, singenden Hochelfen – eine bizarre Situation.
Gerade als ich mir etwas zu essen in meinem Rucksack suchte, wurde unsere Aufmerksamkeit auf hier drinnen aufkommenden Wind gelenkt. Ich dachte noch wie seltsam das war, als die Glasscherben der von den Marus eingeschlagenen Fenster über den Boden rutschten, dann wurde der Wind sehr schnell sehr viel stärker, wie eine Windhose im Raum, die zu einem Orkan heranwuchs. Mit großer Anstrengung gegen den Wind schaffte ich es in eine Ecke des Raumes, wo ich mich hinter die Leviathanstatue klemmte. Meine Augen suchten in dem Durcheinander nach Ilcaryon, mit dem ich einen Gegenzauber sprechen wollte. Als ich ihn nicht entdeckte, musste ich es wohl oder übel allein versuchen und hoffte, meine Freunde würden durchhalten, wenn ich mir etwas Zeit für die „Windstille“ ließ aber das hier war übel und ich wollte es nicht versauen. Derweil kümmerte sich Milene mit einem Attributo zur Erhöhung der Körperkraft darum, dass Caradel nicht fortgeblasen wurde wie schon Shadruel, den der Wind von den Beinen fegte. Und wie ich herausfand war meine Intuition den Gegenzauber betreffend richtig gewesen, denn als ich ihn beendete legte sich der Wind so unvermittelt, wie er gekommen war. Nicht wenige meiner Gefährten hatten sich deutliche Blessuren zugezogen. Nun aber ging es weiter, wir hatten keine Wahl, versorgten die Schrammen so gut es ging. Ich sah die Dankbarkeit in Asleifs Augen auch wenn er nichts sagte, und wage nicht mir auszumalen, wie das hätte ausgehen können. Immerhin war niemand aus einem der Fenster gestürzt. Chalomir hatte sich sogar an der toten Donnerechse festgehalten.
Und wieder blieb uns etwas Ruhe, wie die vor einem Sturm, während der Schlangenkönig sich etwas Neues für uns einfallen ließ und wir wieder auf die Beine zu kommen versuchten. Doch uns war die Lust vergangen, auf seine Gemeinheiten zu warten und nachdem ich schon einige Male meinen Unmut die Leviathanstatuen betreffend geäußert hatte, war es jetzt Chalomir, der zur Tat schritt und begann, den Dingern die Köpfe mit improvisiertem Werkzeug abzuhauen. Nach meinem Kampf gegen so eine Riesenkröte in der Legende von Tie Shianna wollte ich das niemandem zumuten und auch selbst nicht noch einmal gegen so etwas kämpfen, wenn es sich vermeiden ließ. Außerdem waren wir so beschäftigt und das herrschende Schweigen nicht ganz so bedrückend. Jetzt wurde es eh von einem gleichmäßigen Klopfen unterbrochen.
Was folgen sollte kann ich selbst kaum widergeben. Plötzlich brach das Klopfen ab und Chalomir sprang von der Statue herab und rannte zu Raluf, ohne dass ich bemerkt hätte, dass etwas nicht stimmte. Der hatte sich nur umgedreht, hob nun aber seine Axt und wollte wohl einen Schlag in Richtung Valvavin ausführen. Als Chalomir dazwischen ging traf ihn der Schlag statt den Elf und teilte ihn zu unser aller Entsetzen entzwei. Jeder, der seinen Schreck überwand, stürzte sich daraufhin auf Raluf, um ihn zu Boden zu ringen und festzuhalten. Wahrlich, es ist kein leichtes Unterfangen, solch einen Hünen festzusetzen. Und dem armen Chalomir noch zu helfen schien unmöglich. Dennoch flickten wir ihn zusammen und legten ihn zu unseren anderen toten Freunden, um wenigstens zu versuchen, ihn mit diesem Ritual zurückzuholen.
Unsere Versuche, Ralufs Beherrschung zu brechen, missglückten und so blieb uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen, dass wir die Zeit dafür haben würden. Und zu unserer Erleichterung besann sich Raluf mit der Beschwerde, dass es nicht nett wäre, dass Ilcaryon und Milene auf seinen Armen sitzen würden. Zumindest wir waren erleichtert, unseren Freund wiederzuhaben, auch wenn Chalomirs Verlust schwer wog. Raluf erinnerte sich noch nicht einmal daran, ihn erschlagen zu haben.
Inzwischen musste es während der frühen Morgenstunden sein. Von draußen zog kühle Luft herein. Jeder Versuch, sich auch nur einen Moment zu entspannen, war nun undenkbar. Wir ließen uns gegenseitig nicht mehr aus den Augen. Soeben hatte ich einen kurzen Blick nach draußen gewagt, als sich auf einmal keiner meiner Freunde mehr rührte. Wie versteinert standen sie da, wo sie eben noch waren, als wären sie in ihren Bewegungen eingefroren. Und inmitten des Raumes entdeckte ich ihn, den vierarmigen König, groß, etwas blass, alt. Er stand einfach da im Raum oder schwebte und rieb sich nachdenklich das Kinn, als würde er überlegen, wie er sich unser endlich entledigen konnte. Da wusste ich, dass er uns bisher mehr geprüft oder gespielt hatte. Aber darüber nachzudenken blieb keine Zeit. Ich ging ein paar hastige Schritte auf ihn zu, sodass er mich bemerkte, und schmetterte ihm bitter entgegen, dass er ein Frevler war und Satinav ihn sah und bald schon würde holen kommen. Er hatte die Geduld des Unaufhaltsamen längst überschritten. Und das genügte, um dem Skrechu wohl einen Schrecken, vielleicht sogar Angst einzujagen, denn er verschwand nachdem er mich entgeistert angeblickt hatte. Ich selbst habe keine Ahnung, was genau passiert war aber ich denke es hat etwas mit meiner Vergangenheit zu tun und ich bin froh, dass mir Satinav diese Gnade gewährt hat, hier wahrscheinlich meine Freunde zu retten. Zwar habe ich den anderen erzählt, was passiert ist, nachdem sie fragten. Ob sie es glauben wage ich allerdings zu bezweifeln. Mehr als dass ich plötzlich woanders für sie stand ist für sie nicht passiert. Mir bereitet es allerdings Kopfzerbrechen, was genau da geschehen sein kann und irgendwann werde ich Antworten suchen aber nicht heute da ich diese Zeilen schreibe.
Milenes Nachfragen, sie interessierte sich mehr als jeder andere für das Geschehene, wurde jäh unterbrochen, als die inzwischen vom Orkan im Raum verteilten Glasscherben abhoben und für einen Augenblick im Raum schwebten, ehe sie unvermittelt wie zielgerichtet losschnellten, um Ahnungslose zu treffen. Milene sprang todesmutig vor Caradel, während ich einen Satz machte, um die Splitter für Shadruel abzufangen. Ob ihr noch jemand beistand kann ich nicht sagen aber mein Schild ist wahrlich ein Segen. Er hielt den größten Teil der Scherben davon ab, ihr Ziel zu finden. Nur Caradel wurde so schwer verletzt, dass Milene ihm einen Heiltrank gab.
Ohnehin fällt es mir schwer nachzuvollziehen, was in den beiden Hochelfen vor sich gehen muss. Dass ihnen das Leid ihres Volkes nicht einerlei ist, stellt wohl keiner von uns mehr in Frage, der sie so gesehen hat – tanzend und singend um ihren alten König zu finden, schwitzend und blutend um ihr Volk zu einen obwohl es nur ein Strohhalm ist, an dem sie dank unserer Überredungskünste festhalten. Und das alles so tief im Reich des Feindes, dass ein Gelingen von Anfang an fraglich war. Ich fühle Stolz wenn ich sie sehe, beobachte. So wenige der Hochelfen wollten uns glauben, so wenige haben etwas getan. Diese beiden haben meinen tiefsten Respekt und ich werde mich immer an ihre Namen erinnern.

Für uns wurde es nun Zeit, auf einen Wink von Shadruel und Caradel hin die Leichen unserer Freunde Eigor, Horatio und Chalomir in den Kessel zu legen. Entsprechend mussten wir davon ausgehen, dass es nicht mehr allzu lange dauern konnte bis das Ritual beendet sein würde, womöglich zwei Stunden. Im Nachhinein zu sagen „es ging in die heiße Phase“ lässt mich schmunzeln aber dort und zu diesem Zeitpunkt war uns ganz und gar nicht zu Lachen zumute als es im Turmzimmer immer wärmer bis schier unerträglich heiß wurde. Eigentlich hatte ich gedacht, ich würde den Caldofrigo im Laufe der Nacht einsetzen, um die Echsen langsamer zu machen, da sie kälteempfindlich sind. Doch dass sie uns schwitzen ließen kam unerwartet. Gut für uns, dass ich geübt hatte, mich auf den Caldofrigo zu konzentrieren und nicht von den Melodien ablenken zu lassen, wenn ich ihn sprach. Kurz nach der Hitzewelle zauberte ich uns also angenehme Kühle hier in den Dschungel, die zumindest ich vermisse. Allerdings würde ich nun den Rückweg zum Meer laufen müssen, denn viel war nach der Nacht nicht von meiner Astralkraft übrig und bei den anderen sah es nicht besser aus.
Zuletzt noch, wie als wolle er uns verspotten, waren es tatsächlich die Leviathanstatuen, die begannen, sich kurz vor Sonnenaufgang zu bewegen und uns angriffen obschon wir sie enthauptet hatten. Das war der Punkt, an dem ich die Beherrschung verlor und wie wild mit meiner Byakka auf den Stein einhämmerte, fassungslos darüber, wie uns diese Dinger noch angreifen konnten. Und nicht nur ich war frustriert. Auch einige meiner Gefährten schlugen wütend auf den Stein ein, der unter unseren magischen Waffen barst – andere waren uns ja nicht geblieben. Zumindest kam niemand mehr wirklich zu Schaden und zurück blieben leblose Steinhaufen, die es nicht geschafft hatten, das Ritual aufzuhalten, so wie alle vorangegangenen Versuche an uns gescheitert waren.

Es war merkwürdig als in dem Raum, in dem so viel Blut und Schweiß von uns klebte, Nebel aufzog. Er schien vom Kessel auszugehen und, als Shadruel und Caradel wohl am Höhepunkt ihres Ritus waren, aus diesem zu schwappen, als würde er überlaufen. Mir war, als würde sich der Boden unter den Füßen der Hochelfen mit Moos überziehen und auch als ich Alseif, der nahe beim Kessel stand, ansah, kam es mir so vor, als würden seine wenigen grauen Barthaare verschwinden oder wieder Farbe bekommen. Milene und ich verstanden wohl zugleich, was los war, und stellten uns rasch ebenso an den Kesselrand, eitel wie wir sind. Es gab so einige Ereignisse, die uns mehr als nur die Haare angesengt hatten. Und jetzt wuchsen sie! Ja das mag seltsam und egoistisch klingen aber für uns war es Balsam für die Seele.
Besser wurde es noch, als unsere Freunde im Kessel sich zu regen begannen. Wir bemerkten sie zuerst durch ihr Husten und Würgen, das sehr wahrscheinlich von der Purpurfrucht herrührte, die ihnen im Halse steckte. Horatio, Eigor und sogar Chalomir waren zu hören und Phanta nicht mehr zu halten. Sie half Horatio auf die Beine, der etwas stammelte, und auch den anderen stand jemand bei. Die Zeit drängte aber einen Moment erhielten sie, um zu sich zu kommen. Auch Caradel und Shadruel waren zusammengesunken und erholten sich von den Strapazen des Rituals. Ich will gar nicht wissen, wie anstrengend es sein muss, so lange zu tanzen und zu singen aber wir mussten davon ausgehen, dass Verstärkung eintreffen würde, sobald das Licht die Kühle der Nacht vertrieb. Und so ließen wir uns nach einer kurzen Pause aus einem der Fenster hinab, um eilig zum Waldrand zu hasten. Wir waren erleichtert, dass dieser Teil geschafft war. Und damit es so blieb, mussten wir nun noch entkommen.
So folgte eine Hatz durch den Dschungel. Wir blieben relativ dicht beisammen, immer im Hinterkopf, dass es noch nicht vorbei war. Und während Chalomir etwas von Kopfschmerzen brummte und mich mit einem merkwürdigen Blick bedachte, war es wenige Momente später Valvavin, der beim Klettern abrutschte. Der Schock saß, nicht nur ich hielt den Atem an. Doch dann war es vorbei, ein harter Aufprall weit unter uns. Kurz überlegte ich, ihm nachzuspringen, um ihm zu helfen. Aber die Wahrscheinlichkeit, selbst nicht bei dem Sturz zu sterben, war unbeschreiblich gering. Und allein unser Zögern kostete unseren Freund wohl das Leben. Wie wir allerdings feststellen mussten war es gut gewesen, ihm nicht nachzuspringen. Vierzig Schritt musste er in etwa gefallen sein. Jedoch bargen wir die Leiche und nahmen den armen Valvavin mit. Ein harter Schlag, jetzt noch jemanden zu verlieren – vor allem jemanden wie ihn, der uns nur hatte helfen wollen.
Außer Atem erreichten wir schließlich nach neun oder zehn Meilen querfeldein durch den Dschungel den Strand. Doch wir konnten unsere Verfolger bereits hören, also war nicht viel Zeit, die Taubralir aufs Wasser zu setzen. Zu kämpfen hielt keiner von uns mehr für eine gute Idee, also einigten wir uns, nicht erst zu warten, bis das Schiff groß genug für uns sein würde, sondern schwammen direkt los, während das Zauberschiff von unseren besten Schwimmern vor uns her geschoben wurde und dabei wuchs.
Zweihundert Schritt waren wir etwa draußen, als jemand am Strand aus dem Dschungel brach und uns nachstarrte. Und während der erste von uns auf die Taubralir kletterte, die endlich groß genug war, vereiste ein Leviathan das Meer hinter uns, sodass die Echsen uns folgen konnten. Hastig und immer noch angetrieben von dem Willen, zu entkommen, zogen und schoben wir einen nach dem anderen aufs Schiff, um endlich Fahrt aufnehmen zu können und so Abstand zwischen uns und die Verlorene Insel zu bringen. Die Verfolger waren schon nah aber als sie die Hetz abbrechen mussten, schleuderte der Leviathan uns einen Blitz nach. Milene fing ihn mit einem Gardianum ab – den Göttern sei Dank. Ich will nicht wissen, was sonst geschehen wäre.
Es dauerte lange, bis unsere Anspannung langsam abfiel während wir zurück blickten, ob uns nicht doch noch etwas folgte, bis wir zu Beorns Flotte aufschlossen. Dort sahen wir die harte Niederlage jedem in den Knochen stecken. Viele der Wilden waren beim Versuch, ihre Freunde zu befreien, in diesem Ablenkungsmanöver gefallen. Die Freude über unseren Erfolg konnte das wenig schmälern aber immerhin waren wir erfolgreich gewesen. Beorn hatte sich am Abend des zweiten Tages zurückziehen müssen nachdem das Überraschungsmoment vorbei und Verstärkung seitens der Echsen eingetroffen war.
Vielen konnten wir nicht mehr helfen zumal unsere Kräfte erschöpft waren. Aber nach einer kurzen Meditation wagte ich dennoch einen Versuch, zumindest Childwigs Arm nachwachsen zu lassen, den er in der Schlacht verloren hatte. Eigentlich war es ein Spaß, als ich den Söldner in Beorns Diensten vor dem Zauber fragte, wie viel ihm sein Arm wert sei. Dann aber musste ich feststellen, wie unglaublich kräftezehrend dieses Unterfangen war, bei dem ich von ein paar Seiten neugierig beäugt wurde, nicht zuletzt weil Childwig den Arm vor beinah einem Tag schon verloren hatte. Es kostete mich gar einen Teil meiner permanenten Astralkraft ihn nachwachsen zu lassen doch es klappte. Nicht nur ich staunte über meine Fähigkeiten als Heiler, die sich während dieser Fahrt ungemein entwickelt hatten. Childwig war dankbar und ich beließ es vorerst dabei, um mich endlich ausruhen und schlafen zu können.

Wir hatten Fahrt zu einer nahen Eisinsel aufgenommen. Ich glaube, es war die, auf der das Eisseglerrennen zwischen Ometheon und Emetiel als Legende wieder und wieder ablief und wohin Eberion hatte reisen wollen. Am Abend, als wir einigermaßen ausgeruht waren, fertigte ich für Valvavin einen Sarg aus Eis so wie ich es für Eigor getan hatte. Ich kann nicht sagen, dass mir so eine Aufgabe gefällt, denn sie ist voll bitterer Hoffnung. Allerdings scheint hier kaum einer außer mir Eis formen zu können, die Wilden leben in den Wäldern. Und für Valvavin tue ich es gern. Gwern und Caradel wollen den Körper verwahren solange es die Hoffnung gibt, dass die Verlorene Insel zurückerobert werden kann. Wie ich vernommen habe, will sich Swelfa dieser Aufgabe annehmen. Sie ist auch eine Sternenträgerin, wie mir Caradel verriet als wäre es eine Selbstverständlichkeit – wohl in seiner Familie. Das erklärt auch, wieso sie bei ihren Onkeln lebt. Ich vermute, dass sie sie auf ihre Aufgabe vorbereiten sollten. Elfen. Hochelfen. Sternenträger…
Einige andere tote Elfen wurden ebenso vorerst auf Eis gelegt. Ich hoffe, dass Swelfa Erfolg haben wird und mit Gwern und Caradel zusammen sollte dann sogar das Kesselritual durchführbar sein. Aber wahrscheinlich werde ich das nie erfahren.

Inzwischen drängte es Horatio sehr, uns zu berichten, was er im Reich unter den Wellen erlebt und erfahren hatte. Und natürlich wollten auch wir das endlich wissen, wo wir nun in Sicherheit waren.
Es habe eine ganze Weile gedauert, bis er sich hatte orientieren können, sagte er. Ohne Körper, der mittels Totenboot dort ankam, wäre man nur eine leuchtende Kugel, die sich mittels Brummen verständigen müsse, was er auch erst hatte lernen müssen. Eigor hätte er in einem Loch unter der Erde gefunden. Gemeinsam haben sie sich dann auf die Suche nach Fenvariens Getreuen gemacht und schließlich, als sie schon fast aufgeben wollten, einen gefunden: Adernath.
Wie wir erfuhren herrscht auch im Reich unter den Wellen Krieg. Es fällt mir schwer zu glauben, dass man nach dem Tod nur in ein weiteres, anderes Dasein geht, in dem es ganz ähnliche Probleme zu geben scheint. Da frage ich mich, wie es mit Borons Hallen ist und woran ich glauben soll und wo ich schließlich einkehren will, sollte ich überhaupt eine Wahl haben. Und was ist mit den Elfen hier, deren Körper ohne die Tlaskelem wahrscheinlich nie das Reich unter den Wellen erreicht? Was ist mit Mutter? Ich werde mit ihr darüber sprechen müssen, denn es bereitet mir Unbehagen.
Was Horatio uns von Adernath berichten konnte war nicht viel. Auch er war körperlos gewesen. Der Anführer der Leibwache des alten Königs hatte davon gesprochen, dass Fenvarien in einem Gefängnis an den Quellen des Enquill festgehalten wurde. Dort waren sie vom Dhaza gefoltert worden und wären lebendig begraben. Nach und nach, als sie die Hoffnung verlassen habe, hätten sich alle Getreuen das Leben genommen, um ihrem Gefängnis zu entkommen. Adernath sagte wohl so etwas wie: „Oft träumte ich, dass an dem Tag, an dem ein Stern vom Himmel stürzt, der König wieder frei sein wird.“ Mehr habe Horatio nicht mehr in Erfahrung bringen können, da ein Sog eingesetzt habe, der wahrscheinlich vom Kessel ausging, an dem wir ihn zurück ins Leben riefen. Doch diese Worte und diese Begegnung werfen viele Fragen auf. Und natürlich kam nicht nur mir Enqui in den Sinn aber von einem Enquill habe ich noch nicht gehört. Wir werden wohl Nachforschungen betreiben müssen, wenn wir zurück auf Aventurien sind. Hier zumindest hält uns nicht mehr viel.

An dem Abend führte ich noch ein Gespräch mit Milene, die sich für meine Vergangenheit zu interessieren scheint, vor allem nachdem sie mir glaubt was den Schlangenkönig und seinen Besuch bei uns im Kesselraum angeht. Sie ist auch dafür, dass ich dem auf den Grund gehe und sagt, dass es da einen Zusammenhang gibt. Vorerst muss das aber warten.
Auch Horatio und Phanta hatten etwas zu besprechen, Wiedersehensfreude zweifelsohne. Wir haben ihnen ihre Privatsphäre gegönnt. Und während wir uns im Schnee abzulenken versuchten, um nicht allzu sehr den trüben Gedanken nachzuhängen, war es Abdul, der unsere Aufmerksamkeit erlangte. Er grübelte oder führte Selbstgespräche und nachdem Milene und ich gerade über Satinav gesprochen hatte, waren wir mit dreizehn rasch bei ihm. Er sagte etwas von einer wäre hier, einen habe sie, doch wo wären die anderen elf. Es dauerte eine Weile, bis wir darauf kamen, dass er vom Kessel sprach. Schließlich war es Milene, die mit der Idee aufwartete, dass es mehr als diesen Kessel hier geben könnte und Abdul davon sprach. Damit haben wir noch eine weitere Sache, der wir auf den Grund gehen wollen. Diese Fahrt wirft so viele Rätsel um altes Wissen auf, Dinge von denen ich nie geahnt hätte, dass es sie gibt. Ist es besser, etwas zu wissen oder doch lieber nichts zu ahnen und dafür sorglos sein zu können? Will ich mir ausmalen, was Pardona mit einem Dutzend, einem Schwadron, einem Regiment und mehr Nachtelfen tut, wenn sie diese wiederbeleben kann?
Und auch Rowenas Träume waren heute nicht die ruhigsten. Boron verweigerte seiner Akolutin den erholsamen Schlaf, sofern er sie hier erreicht. Vielleicht war es doch etwas ganz anderes, was sie aufschrecken ließ aber das teilte sie nur mit Ilcaryon.

Von der Eisinsel aus haben wir uns am Morgen des 197. Tages hier auf den Weg zurück zu Gwern und Sayadari gemacht. Erwähnenswert ist eine Begegnung, die wir unterwegs machten: wir trafen auf Brianissim! Das ist zum einen erfreulich, weil wir Tibanna auf der Pferdeinsel bei Gwern gelassen haben und auf dem Weg dorthin sind, sodass wir ihn gleich mitnehmen können. Oh ich bin so aufgeregt was passiert, wenn die beiden sich endlich treffen! Zum anderen aber ist Brianissim ein begnadeter Musiker. Vergesst alles, was ihr kennt. Der Elf ist… ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Das berührt einen und trifft direkt ins Herz. Egal, welcher Stimmung man eben noch war, der Elf kann einem mit Musik Emotionen, Bilder, Erinnerungen zaubern, die gar nicht die eigenen sind aber einem so vorkommen, als wären sie es. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich ihm mit offenem Mund beim Spielen zugehört und zugesehen habe. Wie konnte ich da anders, als ihn bitten, mir auf dem gemeinsamen Weg etwas beizubringen! Der Ohm war ein wunderbarer Mentor was die thorwalischen Klänge angeht aber leider sind diese gegenüber den elfischen doch oft banal, so kommt es mir jedenfalls vor. Würde Brianissim mir anbieten, mich zu unterrichten, ich weiß nicht, ob ich dann nicht am Ende doch noch hier bleiben würde.

206. Tag auf den Inseln
Zurück auf der Pferdeninsel war ich schneller am Haus als Caradel oder Swelfa. Zuerst musste ich nach Sayadari sehen und war erstaunt, wie Gwern ihre Obhut umgesetzt hatte. Eine Spieluhr, angenehme Wärme für mein Ei im eigenen Raum… Ich war erleichtert auch wenn ich nicht erwartet habe, dass Gwern seine Rolle nicht ernst nehmen würde. Aber ich war vor allem froh, dass die Kleine nicht ohne uns aus ihrer magischen Schale gebrochen war. Das klingt auch für mich alles komisch, wenn ich es schreibe, aber ich denke ich komme inzwischen mit dem Gedanken klar, dass mein Kind, aus welchen Gründen auch immer, aus einem Ei schlüpfen will, womöglich weil es noch Zeit braucht. Was Asleif angeht, kann ich nicht sicher sagen, ob es für ihn nur Verantwortung ist, die er akzeptiert, oder ob er sich ebenfalls mit diesem Umstand, dass wir ein Ei haben, arrangiert hat und sich sogar auf seine Tochter freut.
Was nun Tibanna und Brianissim angeht bin ich stolz, dass die beiden endlich zueinander gefunden haben. Schwer zu sagen, ob die Elfen hier auf den Inseln ihnen nicht helfen wollten oder konnten. Wahrscheinlich aber haben sie nicht daran geglaubt, dass die Legende zulässt, dass die beiden wahrhaftig zueinander finden und, lebendig geworden, glücklich sein können. Eine schöne Geschichte ist das, die ich auf jeden Fall erzählen werde, auch wenn ich den Umstand der Legenden wohl vereinfachen muss. Ich hoffe, die beiden werden nun nicht mit in den Krieg hier gezogen. Vorerst aber haben sie sich an ein abgeschiedenes Plätzchen auf der Insel zurückgezogen und uns unseren Plänen überlassen.
Wir haben Gwern nach dem Kessel gefragt, da zumindest Milene von Abduls Zahlenmystik verfolgt wird und er einer der weisesten Elfen ist, die wir kennengelernt haben. Er sagte, es habe damals in Gwandual Gerüchte gegeben, Kalaman habe den Kessel nicht selbst gefertigt. Außerdem hätte ein Schüler in den verbotenen Aufzeichnungen eines Meisters – ich nehme an einer der Lehrmeister in der Stadt des Magierclans der das Kesselritual unterrichtet hat – gelesen, dass es insgesamt dreizehn Kessel gäbe und diese älter als die Elfen wären. Ich frage mich, was Abdul darüber weiß.
Morgen werden wir nach Tir’Nan’Og zu Beorns Versteck aufbrechen, um seine Beute zu holen und dann die Inseln zu verlassen.

212. Tag auf den Inseln
Wir haben die Pferdeinsel verlassen und mein Herz ist schwer, weil wir Caradel und Gwern vermutlich nicht wiedersehen werden. Aber sie waren so freundlich, uns bis zum letzten Moment in den Ritualen der Hochelfen zu unterweisen, mich und Milene. Trotzdem haben wir noch nicht alle Waffen- und Iamarituale gelernt. Ich hoffe, wir schaffen es noch in der wenigen Zeit, die uns bleibt. Da Tibanna und Brianissim und nach Tir’Nan’Og begleiten, habe ich Hoffnung was die Iamarituale angeht.
Außerdem habe ich Gwern und Caradel um ein paar Sachen erleichtert, so die Destille, die Asleif und Raluf unbedingt haben zu wollen schienen. Auch sein altes Schwert hat mir Caradel anvertraut, das er schon lange nicht mehr benutzt, da er inzwischen eines von Goibnywn bekommen hat. Ich habe auch dieses Wolfsmesser Asleif gegeben, da er noch kein neues hat, seit Fenris auf der Verlorenen Insel verrostet ist. Hinzu habe ich die beiden Hochelfen um eine Flasche echten Elfenwein für meine Mutter gebeten. Ich denke das wird sie freuen und soweit ich weiß, wird es bald einen Anlass geben, diesen zu trinken.
Zuletzt haben Milene und ich noch zwei der Elfenpferde mitgenommen, um herauszufinden, ob man sie von uns auch hierher rufen und beschwören kann, wie ich Gwern sagte. Natürlich konnte er bei Magietheorie nicht nein sagen. Und da der Plan nicht eben erst erdacht wurde, war auch Asleif vorbereitet und konnte nichts dagegen sagen, als wir die beiden Jungtiere auf die Taubralir brachten. Ich wollte zweijährige Pferde, damit sie uns nicht unterm Hintern weg nach Aventurien gerufen werden, was ja durchaus schon vorgekommen sein soll. Allerdings hatten wir keine Zeit mehr, explizit nach magischen Tieren zu suchen oder Stuten. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir wunderbare neue Reittiere haben, wenn sie erst einmal ausgebildet sind. Und ich denke, dass ich nach allem, was ich in Tie’Shianna beziehungsweise auf Shaltyr gesehen habe, werde ich dieses Pferd an mich binden.

Zu Beorns Versteck: Er hat seine Beute tatsächlich in Deriono auf Tir’Nan’Og vergraben. Die Stadt hängt voll roter Banner und ist sonst ausgestorben. Ilcaryon und ich haben es nicht gewagt, diesen Ort ohne zuvor eine Tasse Zwölfblatttee getrunken zu haben, zu betreten. Dann aber haben wir alle geholfen, Beorns Schatz auf der Taubralir zu verladen. Und ich muss sagen, dass er mehr als umfangreich geplündert, geraubt und gestohlen hat, zwei Jahre lang mit seinen Leuten. Mir ist unwohl, wenn ich daran denke, wie viel Blut an diesen Schätzen auf Schmuck, Edelsteinen und mehr klebt. Allein für unsere Hilfe hat der Einäugige jedem umgerechnet etwa D80 gegeben.
Bevor Brianissim und Tibanna sich verabschiedet haben, habe ich ihn noch nach Mandalaya gefragt, der Elfenstadt, in der er aufgrund seiner Gesangskünste von der Herrscherin gefangen gehalten wurde. Da muss noch mehr dahinter stecken, doch leider erinnert er sich nicht an sein Leben. Alles, was er sagen konnte, ist, dass Mandalaya die Stadt des Feuers war und sie vielleicht auf einem Inselvulkan gelegen haben könnte. Vielleicht werden einige von uns sich irgendwann auf die Suche nach diesen Städten machen, interessant klingt es allemal und es bleibt die Frage, was nach Pyrdacors Verrat aus den elementaren Schlüsseln geworden ist.

Auf unserem Weg fort von den Inseln gen Aventurien begleiteten uns von nun an Shadruel und seine treusten Gefährten, insgesamt fünfzig Elfen. Der Rest würde zurückbleiben und mit ihnen Swelfa, die sich der Verlorenen Insel und der neuen Legenden der Vislani annehmen wollte. Ich wünsche ihr Erfolg und habe ihr noch zwei Briefe, einen davon für unsere Freunde, dagelassen, sollten sie Salabal, Lynissen und Gwyrn begegnen. Der andere ist für Lariel, auch wenn ich nicht glaube, dass es viel bringt. Ich füge meinen Aufzeichnungen Abschriften bei. Wir sind nun auf dem Weg zu Goibnywn, den Eigor und Horatio noch nicht begegnet sind und wir wollen ihnen seine Geschenke nicht vorenthalten.

Ein Brief für Lariel, ausgehändigt an Swelfa:
► Show Spoiler
Ein Brief für Salabal, Gwyrn und Lynissen, ausgehändigt an Swelfa:
► Show Spoiler
221. Tag auf den Inseln
Heute haben wir die äußere Inselkette mit ihren Legenden erreicht und einen letzten Halt beim Thron des Dagal gemacht. Die Überlieferungen besagen, dass der Elf ein so virtuoser Musiker gewesen sei, dass die Winde ihm einst einen Thron bauten. Und auf diesen haben wir uns gesetzt, zuerst Milene, dann Ilcaryon nachdem er sie davon wieder herunter gezerrt hatte und zuletzt ich. Was für eine merkwürdige Erfahrung. Es ist als würde der Blick in der Ferne schweifen und das Hier und Jetzt wird ganz klein, unbedeutend, während man an die großen Ereignisse in der Geschichte denkt. Da kommt die Frage auf, wie wichtig man selbst und das eigene Handeln sind. Ich habe immer noch eine Gänsehaut bei den Klängen, welche die Winde dort an mein Ohr herantrugen. Dagal wurde angeblich wahnsinnig und habe sich selbst verloren – in der Ewigkeit, da er den Anfang von allem oder von seiner Geschichte zu vergessen suchte. War es das, wozu das Dhaza ihn korrumpierte? Wer weiß, wo der echte Thron des Dagal steht, das hier war unheimlich genug. Trotzdem werde ich diese Inselwelt und einige ihrer Bewohner vermissen.

Drei Tage später fanden wir uns vor der Küste Thorwals wieder. Was soll es mich wundern, wenn Asleif das Steuer in der Hand hatte und dieses magische Schiff seinen Weg dorthin fand, wohin man wollte. Wir hätten überall sein können aber wir waren hier und liefen direkt in den Hafen Thorwals ein. Die Nachricht über unser Kommen verbreitete sich wie ein Lauffeuer und noch bevor wir anlegten war der Hafen voll von Thorwalern, die uns begrüßen wollten und zujubelten, aber auch solchen, die Fragen hatten.

Eintrag vom 21. Peraine 1008 BF
Es ist der 21. Peraine, das heißt es sind exakt 8 Monde gewesen, die wir auf den Inseln im Nebel gewesen waren. Damit sind siebzehn Monate vergangen, seit wir in Thorwal aufbrachen – auf den Tag genau (zzgl. der Namenlosen Tage). Die Leute hier fragen uns Löcher in den Bauch. Tronde will noch heute ein Fest geben, dabei sind wir noch gar nicht am Ende unserer Fahrt. Und alle haben sie gestarrt, als Beorn seinen elfischen Schatz von der Taubralir lud. Ich frage mich, was Shadruel denken muss. Er ist ein Hochelf, ganz gleich ob er nun bei den Wilden lebt und solche Besitztümer ablehnt. Ich hoffe nur, Beorn hat mit dem ganzen Zeug nicht die Gliederfäule nach Aventurien eingeschleppt.
Tronde hat uns berichten müssen, dass die Hetfrau der Hetleute, Garhelt, seine Mutter, während unserer Abwesenheit leider verstorben ist. Ich werde mich an sie erinnern und an das, was sie einst für mich getan hat auch wenn die anderen nichts davon wissen, wie ich mit ihrer Unterstützung dereinst eine Streitmacht von zwölf Ottajaskos aufgestellt habe. Es kommt mir ohnehin so vor, als wäre das in einem anderen Leben gewesen.
Vorerst haben wir uns in der Glutström Ottajasko, Asleifs Otta, einquartiert, auch wenn einige der Truppe eher die Abgeschiedenheit suchen. Ich bin selbst hin und her gerissen und überrascht, wie schnell ein paar meiner Gefährten wieder ihren eigenen Weg suchen. Mir kommt es merkwürdig banal vor, wieder in einen gewohnten, alten Trott zu verfallen und ich erwehre mich dagegen. Aber natürlich habe auch ich Anliegen, die geklärt werden müssen. Zunächst aber hat Asleif uns ausgezahlt, noch einmal 2625 Dukaten in Edelsteinen und Wechseln für jeden. Ich denke das könnte den Verlust der meisten Bücher auf Shaltyr abdecken.
Für den Nachmittag habe ich eine Besprechung mit eurer Spektabilität Cellyana von Khunchom vereinbart. Vor dem Treffen habe ich noch Asleifs Bordmagier kennengelernt, einen Olporter Abgänger. Merkwürdig, Zauber wieder auf die herkömmliche Art zu erlernen – indem man jemanden trifft und ihn dazu bringt, einem etwas beizubringen. Gut, unter Olportern wohl kaum ein Thema aber ohne die Melodien ist es erschreckend ruhig in meinem Kopf. Und auch wenn ich es ungern zugebe, so fehlt es mir, selbst wenn das bedeutet, dass ich jetzt schon der Zeit auf den Inseln im Nebel nachtrauere – trotz Lariel, den Hochelfen in Ta’Lisseni, der Gliederfäule und den Legenden, die uns übel mitgenommen haben.

Die Kapitäne und Tronde haben sich auf eine „Pause“ der Wettfahrt geeinigt, in der jeder eine neue, volle Mannschaft anheuern soll. Und ja, jeder von uns wartet darauf, die letzten beiden Aufgaben zu erfahren aber irgendwie ist jedem ebenso klar, dass sich alles darum drehen wird, dass wir den Hochkönig Fenvarien befreien, das wissen wir schon seit der vierten Aufgabe. Und uns wurde ja auch schon gesagt, wo wir nach ihm suchen müssen. Trotzdem kann ich ein merkwürdiges Gefühl nicht abschütteln, wenn ich meine Gefährten sehe und beobachte. Es ist nicht nur, dass jeder seine eigenen Intensionen hat und ihnen nachkommt, sondern vor allem dieses Gefühl des Zerbrechens der Gemeinschaft. Ist das Wehmut wenn mir nicht gefällt, dass alle in ihren angestammten Trott zurückfallen? Bin ich eifersüchtig, wenn sie jemanden anderen zu Themen befragen, für die ich bisher konsultiert wurde? Nun, es fühlt sich jedenfalls nicht gut an.
Mein Gespräch mit Cellyana von Khunchom kam recht bald auf ihren Stellvertreter Aleya Ambareth zu sprechen, da es um die Pferde ging, die Milene und ich von den Inseln mitgebracht haben. Zunächst aber fragte ich sie noch nach dem Schiff in der Flasche, ich weiß nicht wieso, vielleicht ein Bauchgefühl. Jedenfalls hat sie es wohl tatsächlich und nicht die Hexe – endlich ein Umstand, der mir mehr behagt als in der anderen Zeitlinie. Ich war so frei, ihr zu erklären, wie man das Schiff verlassen kann, hierzu ein kurzer Exkurs:
Es handelt sich um ein Artefakt, ein Modellschiff, sehr hübsch und detailgenau, in einer Flasche. Dereinst hatten wir es im Gepäck einer Paktiererin gefunden, die wir unschädlich gemacht hatten. Das Erstaunliche an dem Artefakt ist, dass es eine Art Globule zu sein scheint, in die man hineingerät, sobald man das Schiff mittels Magie zu analysieren beginnt. Man landet auf einem Schiff, jenem das das Modell zeigt, nur in Handelsschiffgröße, ein echtes Schiff eben, das irgendwo auf dem Meer vor Anker liegt, vielleicht auch treibt. Wir haben damals auf dem Schiff unter Deck einen Dämon vorgefunden und diesen siegreich bekämpft. Allerdings hat es eine Weile gedauert, einen Rückweg oder Ausweg von dem Schiff zu finden. Ich glaube Meror ist damals darauf gekommen, dass wir schwimmen sollten, nur dass Meror und Mandrion wirklich schreckliche Schwimmer waren. Schlussendlich aber hatte der Schwarzmagier Recht und wir landeten von einem Moment auf den anderen wieder im Studierzimmer, in dem wir das Schiff hatten analysieren wollen, jedenfalls sobald die anderen zurückließen, was sie von dem Schiff mitgenommen hatten – ich war ohne Gepäck aufgebrochen. Tatsächlich vermuten wir, dass man auch nichts auf dem Schiff essen oder trinken sollte, um es verlassen zu können. Zurück jedenfalls stellten wir fest, dass wir nur wenige Momente fort gewesen waren, während für uns Stunden vergangen waren.
Ich habe Cellyana gesagt, dass es sich bei dem Schiff um ein Artefakt handelt und welche Auswirkung es auf Analysierende hat, ebenso wie man es wieder verlassen kann. Ihrer Reaktion nach zu urteilen haben ein paar ihrer Studenten versucht, das Schiff zu analysieren und ich hoffe, sie kommen nun so nach Hause und ich konnte helfen. Vielleicht, wenn ich bald etwas Zeit brauche, werde ich sie nach dem Schiff fragen.
Dann waren wir bei Aleya Ambareth. Er schien interessiert was die Pferde angeht aber um wirklich mit ihm zu sprechen muss ich einen klaren Kopf mitnehmen, denn ich habe nur die Hälfte von dem verstanden, was er sagte. Hoffentlich ufert das mit den hübschen Elfenpferden nicht aus. Vorerst aber können sie im Stall der Akademie bleiben, bis wir unsere Reise beendet haben.

Für den Abend in der Halla habe ich mir noch etwas Anzuziehen besorgt, das mehr nach Skalde aussieht als ein Magiergewand oder meine Rüstung. Bin ich jetzt ein Magier, der auch Skalde ist, oder ein Skalde, der auch Magier ist? Ich glaube in erster Linie bin ich wohl Abenteurer, schon immer gewesen, und ich freue mich darauf, heute Abend von unseren Abenteuern mit Asleif Phileasson zu berichten. Schließlich war es aber Raluf, der die Geschichte begann indem er von der Suche nach dem riesenhaften Kopfschwänzer erzählte, das sich als Mammut entpuppte. Ilcaryon kam es zu, vom Himmelsturm und den Nachtalben zu berichten. Noch immer jagt mir die Erinnerung einen Schauer über den Rücken und vermutlich ist das gut so. Während Rowena von den Rauwölfen und den Zorganpocken sprach, hatte Beorn von einer Schlacht im Totenmoor zu berichten, wo Elfen vom Namenlosen zurückgeschlagen worden waren. Ich kann nur vermuten, dass es sich hierbei um eine weitere angegriffene Elfenstadt gehandelt hat und die von dort fliehenden Elfen. Vom Auf und Ab bei der Suche nach der Silberflamme berichtete dann Horatio und Chalomir vom Seeschlangenzahn, eine Episode, die unseren Zuhörern natürlich besonders gefiel. Die Suche nach dem Largala’hen mit ihren Wirrungen und Entbehrungen gab Milene zum Besten und Indira erzählte in einen still gewordenen Saal wie wir einen Bettler und ein Bettler uns in die Überreste einer unter Wüstensand begrabenen Elfenstadt geführt hatte, wo wir vor eine alte Elfengottheit getreten waren. Etwas eigenwillig waren hingegen die Worte Eigors über Brokscal und ich bin sehr froh, dass es Asleif war und nicht ich, der von H’Rezxem erzählte. Noch immer schnürt sich meine Kehle zu, wenn ich an den Ohm denke, daran wie er und Ynu gestorben sind. Beorn gab mir Zeit, mich zu fassen, da er ja von Tie’Shianna direkt auf die Inseln im Nebel gelangt war, jedoch ohne Aussicht auf einen Rückweg. Und schließlich war es an mir, unsere Abenteuer auf den Inseln im Nebel wiederzugeben, all das, was wir dort über die Elfen erfahren und gelernt haben, ihre Geschichte, ihren Ursprung, ihre Könige und Städte, aber auch ihr Verhalten uns gegenüber, denn ich ließ weder Lariel noch die Hochelfen mit ihren Vorurteilen aus. Höhepunkt waren unweigerlich die Schlacht und unser Eindringen in den Turm des Schlangenkönigs auf der Verlorenen Insel, zu der auch Beorn und seine Leute noch etwas beisteuern konnten. Später am Abend fragten und bedrängten mich immer wieder andere Skalden, die mehr über unsere Abenteuer erfahren wollten, sodass es mich ärgert, dass ich mit dem Lied, das der Ohm und ich darüber schreiben, noch nicht fertig bin. Allerdings will ich vor allem sein Erbe wahren und werde es erst vortragen, wenn ich wirklich so weit bin.
Dass der Abend in einem Gelage enden würde hat wohl niemand bezweifelt. Aber ich war nicht der Einzige, der sich lieber etwas früher zurückgezogen hat. Mir ist einfach nicht nach Feiern zumute auch wenn ich mich natürlich freue, dass Eigor und Horatio wieder unter uns weilen, allerdings andere eben nicht. Warum nur ist mein Herz so schwer und kann nicht loslassen. Ich schätze ich kenne die Antwort: Schuldgefühle.

Eintrag vom 22. Peraine 1008 BF
Als ich aufstand war Asleif immer noch wach, angetrunken und gerade dabei, Horatio und Chalomir das Anheuern für den Tag zu überantworten. Natürlich bot ich an, ihnen zu helfen und mich im Ort gezielt auf die Suche nach guten Mannschaftsmitgliedern zu machen, so wie andere auch, um die Seeadler voll besetzt zu bekommen. Froh war ich, als ich erfuhr, dass Crottet unerwartet erschienen war und sich abermals mit uns auf die Reise machen wollte. Und auch dieser alte Freund von Ohm schien dessen Abenteuer und damit sein Andenken fortführen zu wollen – ein Godi, wie sich herausstellte.
Noch am Vormittag trafen wir auf Schwester Shaya, die jetzt davon berichtete, dass Mutter Kunia, die Vorsteherin des Travia Tempels zu Thorwal, bereits eine Stunde vor unserer Ankunft in Thorwal eine Prophezeiung empfangen hatte. Sie hatte wohl auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, diese zugleich an unsere und Beorns Mannschaft weiterzugeben. Doch zunächst mussten wir erfahren, dass Shadruel und die Wilden Elfen fort waren, am Morgen mit der Taubralir aufgebrochen, um die Wüstenelfen in der Khom zu treffen. Ich war so sauer, dass ich Asleif meine Faust ins Gesicht schleuderte, auch wenn ich bezweifle, dass er das Warum verstanden hat. Klar stieß es mir auf, dass wir noch nicht alle Elfenrituale gelernt hatten, die man uns zugesagt hatte. Aber vor allem kann Asleif wohl nicht verstehen, dass ich das Schiff eigentlich nicht in seiner Entscheidungsmacht gesehen habe, sondern unser alle aber vor allem Ilcaryons. Er hat schließlich das größte Opfer gebracht, wissentlich oder nicht, als er den Handel mit Ramon eingegangen war. Und was es ihn gekostet hat hätte Asleif wissen müssen. Nun einfach zu entscheiden, dass die Taubralir den Elfen zufällt, ohne Ilcaryon oder sonst irgendwen aus der Mannschaft zu informieren, behagte mir ganz und gar nicht. Und ja, ich war auch sauer, weil er mitten in der Nacht seinen Bordmagier für den Klarum Purum geweckt hatte statt mir - da fühlt man sich direkt austauschbar, auch wenn er ganz andere Gründe dafür gehabt haben mag. Vielleicht ist der Mann, mit dem wir auf Abenteuer aus waren, ein anderer als Asleif der Kapitän in Thorwal. Aber kommen wir zu der Prophezeiung:
Hoch im Norden, am Quell des Flusses, der sich als letzter vor Enqui in den Svellt ergießt,
wartet ein Mann dunklen Sinnes im Tal der Träume.
Wenn ein Stern vom Himmel fällt und Ingerimm die Erde erbeben lässt,
ist der Tag seiner Freiheit gekommen.
Doch nur mit fremder Hilfe mag ihn die Freiheit auch zum Glück verhelfen.
Sofort musste ich bei diesen Worten an das denken, was Horatio über seine Begegnung mit Adernath im Reich unter den Wellen berichtet hatte. Also doch. Wahrscheinlich wurde Enqui nach einem Quellfluss in der Nähe der Stadt benannt, den man nicht mehr kennt oder der heute einen anderen Namen trägt. Auf jeden Fall aber würde uns unser Weg in dieses Walfängerdrecksloch führen. Und wenn ein Thorwalerschiff diesen Weg nehmen würde, würde das nicht reibungslos vonstattengehen.

Zunächst aber kam ich einer Verabredung mit Cellyana von Khunchom nach, der ich von unserer Reise berichtete. Natürlich war die Spektabilität der Schule der Hellsicht neugierig auf unsere Abenteuer und ließ es sich nicht entgehen, von einem Mitglied der Grauen Gilde und zugleich Skalde, sprich mir, unterrichtet zu werden. Ich fragte sie nach den dreizehn Kesseln, von denen Abdul gebrabbelt hatte und tatsächlich wusste sie von ihnen, auch wenn dieses Wissen gut behütet scheint. Laut ihren Recherchen bergen diese uralten Artefakte Urkäfte zur Erschaffung neuer Geschöpfe und Rassen. Wenn Pardona also wirklich solch einen Kessel besitzt, hat sie vermutlich mit dessen Hilfe die schwarzäugigen Nachtalben erschaffen. Möglich, dass Cellyana mehr weiß aber im Moment ist nicht viel Zeit, um weiter nachzuforschen.
An der Akademie habe ich mir eine neue Wind- und Flautenzauberei gegönnt, ehe es zum Einkauf in die Stadt ging. So viel ist auf den Inseln im Nebel für immer oder zumindest für eine sehr lange Zeit verloren gegangen. Bücher. Wissen. Nun, wenigstens habe ich eine neue Laute. Der Ohm hätte gewollt, dass ich die Geschichte dieser Wettfahrt mit der Laute besinge. Und ich habe einen Händler gefunden, der nach Havena segelt. Dort sollte sich der nächste Hesinde-Tempel befinden, den man auf dem Seeweg erreichen kann. Und für diesen habe ich ihm ein Schreiben gegeben, damit jemand hoffentlich neugierig genug wird, um die Reise hierher in den Norden anzutreten. Ilcaryon braucht Hilfe was seinen Frevel angeht und wir haben wieder keine Zeit, ihn in einen Hesinde-Tempel zu bringen. Aber mit etwas Glück kann ihm bei unserer Rückkehr von den letzten beiden Abenteuern geholfen werden. Besser ich erzähle ihm nichts, falls es nicht klappt.

In den nächsten Tagen haben wir die Mannschaft Stück für Stück auf eine vernünftige Zahl Besatzungsmitglieder aufgestockt, um die Seeadler aufs Meer lenken zu können. Milene hat sich um Alchemika gekümmert, nicht ohne Hilfe versteht sich. Ich hatte Besuch von Childwig, der mich für seinen Arm entgelten wollte. Fast hätte ich schon abgelehnt aber das Säckchen mit Elfenschmuck von den Inseln im Nebel konnte ich im Hinblick auf Sayadari nicht ausschlagen, also werde ich es zurücklegen und sehen was kommt. Eigor hat den Schmuck und die Edelsteine auf etwa zweitausend Dukaten geschätzt, je nachdem ob ich an einen Sammler gerate. Hier dürfte der Markt dank Beorns Methoden jedoch vorerst überschwemmt sein.
Ebenfalls in diesen Tagen habe ich einen Dschinn der Luft nach Olport an die Akademie gesandt, um drei Briefe zu überbringen. Einer davon ist für Mutter, die ich darum bitte, sich für die Dauer der noch verbleibenden Fahrt um das Ei zu kümmern. Ich weiß nicht, wie ich ihr vorsichtig beibringen sollte, was passiert ist und was ich von ihr erhoffe, also frage ich sie direkt. Der zweite Brief ist für Askir, Vater, dem ich schreibe, dass er Großvater wird und dass es mir gut geht. Der wichtigste Brief aber ist für den Fels in der Brandung, Siegvald Karison, Spektabilität zu Olport. Soweit ich mich entsinne hat er Beziehungen zu Hexen und Druiden, die mehr über Eigeburten aber auch Flüche wissen könnten. Vielleicht kann er mir jemanden vorstellen. Hinzu erbitte ich eine Thesis für den Ignifaxius und Kartenmaterial zu Enqui. Wahrscheinlich aber hat Thorwal bessere Aufzeichnungen dazu.

Eintrag vom 30. Peraine 1008 BF
Heute fiel der Startschuss für die letzten beiden Aufgaben der Wettfahrt. Beorn muss ganz schön aufholen, um zu gewinnen. Der Auftakt war, wie zu erwarten, ein Wettrennen der beiden Schiffe, Seeschlange und Seeadler, dass Beorn leider knapp für sich und seine Mannschaft entschieden konnte. Er hat nur eingefleischte Seefahrer dabei soweit ich sagen kann. Zu uns haben sich unter anderem ein tobrischer Koch und ein zyklopäischer Krieger gesellt. Wir haben es ihnen dennoch nicht leicht gemacht uns davon zu segeln. Und wir werden den Vorsprung aufholen. Ich habe mir etwas einfallen lassen, weil ich Asleif und die Mannschaft ausbremse, indem ich sie gebeten habe, in Olport einen Halt einzulegen. Das wird uns etwa einen Tag kosten aber ich will Sayadari nicht gefährden. Asleif wird das auch nicht wollen. Dafür kam mir der Gedanke, dass wir Carlog benutzen könnten, um abends oder morgens schon in der Düsternis aufzubrechen. Hoffentlich finden wir genug davon.

Eintrag vom 5. Ingrimm 1008 BF
Trotz des Carlogs – ein Kraut, mit dem man auch im Dunkeln etwas erkennen kann – ist es ein Kopf an Kopf Rennen mit der Seeschlange geblieben. Dabei haben wir heute schon Olport erreicht, sodass wir noch etwas davon hier besorgen konnten, ohne selbst sammeln gehen zu müssen.
Derweil wir auf Shannaha warten mussten, habe ich mir meine Thesis des Ignifaxius aus der „Bibliothek“ geholt und kurz mit dem Fels in der Brandung gesprochen. Er dachte wohl, ich wäre nun wieder hier, die Wettfahrt vorbei, und wollte einen ausführlichen Bericht, den ich ihm vertrösten musste. Gerne hätte ich ein paar Bücher hier gelassen, jedoch liegen beinahe alle, die nicht für immer auf Shaltyr verloren sind, in der Nordlandbank in Festum. Aber irgendwie scheine ich die Thesis des Aerogelo aus Khunchom verloren zu haben.
Bei den Firnelfen sind wir auf Loriel getroffen. Er unterrichtet ab und zu an der Akademie. Ich habe die Zeit genutzt, um eine Ungewissheit bezüglich des Obsidiananhängers der Firnelfen aufzuklären. Wie es scheint geht das Tragen des Kleinods auf die Versessenheit der Frostwürmer zurück, schwarze Dinge sammeln zu müssen und ist dazu gedacht, ihnen zu entkommen. Wie genau das vonstattengehen soll kann ich nur vermuten. Aber gut, es hilft sicher, wenn man an seinen Kettenanhänger statt an die Enduriumwaffe am Gürtel denken muss. Zumindest mir erging es ja nachweislich so und ich bin froh drum, dass es nur die Kette war, die Sedragonil mitgenommen hat.
Als Shannaha von der Jagd zurückkam hat sie zugesagt und achtet nun auf das Ei. Zu erklären gab es da nicht viel, außer dass sie es warmhalten soll. Aber obwohl sie meine Mutter ist, habe ich ein flaues Gefühl im Magen, Sayadari hier zurückzulassen. Und das können die Worte von ihr „Du bist ja auch groß geworden, also muss ich es wohl können“ kaum bessern. Ärgerlich auch, dass Asleif nicht mitgekommen ist, um sich wenigstens anzusehen, wer nun auf seine Tochter aufpassen wird. Zwar vermute ich, dass er sich nicht ablenken lassen will, trotzdem – wie wird das, wenn mir etwas passiert? Er ist so ein Sturkopf, hat nur gebrummt „dir passiert Nichts“… Gut, wenn er sich das einreden will.