114. Tag auf den Inseln
Fertig! Swafnir sein Dank haben wir dieses Schiff endlich fertiggestellt und müssen nicht länger hier herumsitzen, während mein Bauch immer dicker wird. Ich kann mich noch immer nicht mit dem Gedanken arrangieren, ein Kind zu bekommen und das hier. Eigentlich vermeide ich meistens, darüber nachzudenken. Aber ich befürchte das Segeln wird hart aber ich will nicht jammern. Wir haben den Katamaran nach kurzer Debatte „Wildgans“ getauft, um Schwester Shaya etwas mehr Zuversicht zu geben, die sich hier so weit von ihrer Göttin Travia entfernt fühlt. Gwern und Caradel wollen bis zu unserer Rückkehr beraten, wer von beiden uns am Ende begleitet, sollten wir Beorn und einen machbaren Weg auf die Verlorene Insel finden.
117. Tag auf den Inseln
Die Reise hierher war anstrengend aber weitestgehend ereignislos. Wir haben schon gestern, am Abend, den Schmied Goibnywn erreicht. Er scheint alleine auf seiner Insel zu leben und ich kann nicht sagen, ob er von unseren Geschenken oder Mitbringseln angetan oder gelangweilt war. Er scheint noch älter als die Zwillinge auf der Pferdeinsel zu sein. Dennoch haben wir einen netten Abend mit ihm verbracht, ein paar Geschichten erzählt, gegessen und getrunken.
Heute Morgen schien er noch Zeit für sich zu brauchen, ehe er am Vormittag schließlich fragte, was wir brauchen. Ich glaube er hatte Bedenken, wir könnten sonst länger bleiben, während wir es wohl unhöflich fanden, mit der Tür ins Haus zu fallen. Aber irgendwie scheint klar, weswegen die Leute hierher kommen und ihm Geschenke machen. Und dann hat er geschmiedet. So etwas habe ich noch nie gesehen. Streckenweise hat er nicht einmal auf das hinab gesehen, was er da geschmiedet hat und es ging so unglaublich schnell. Eine Rüstung, ein Schwert oder Wolfsmesser, ein Schild – und alles jeweils innerhalb weniger Momente. Milene hat es analysiert und gemeint, er würde frei zaubern, ohne jedes Muster oder eine Formel. Tatsächlich nimmt er ein Stück Erz aus dem Regal, schlägt mit dem Hammer dreimal darauf ein und hat eine unglaubliche Waffe in der Hand. Bei Rüstungen nimmt er wenigstens noch Maß bei den Leuten aber auch ihre Herstellung dauert nur etwa ein Dutzend Schläge. Für jeden von uns hat er etwas gefertigt und doch schien ihm seine astrale Kraft nicht ausgegangen zu sein. Das und seine Art erinnern mich an Niamh, so eine innere Ruhe die sie ausstrahlen, und ein mildes Lächeln für unsere schier unendliche Neugier, die vielen Fragen, die wir stellen. Ich glaube sie sind beide einsam aber hinterfragt habe ich das natürlich nicht.
Gern hätte ich eine Rüstung gehabt, eine aus Metall, die keine Auswirkung auf die astrale Regeneration hat, so wie Ilcaryon. Aber da das nicht möglich ist bin ich jetzt stolzer Besitzer von Plattenzeug, das man mit jeder Art von Rüstung kombinieren kann und sich bestimmt zur Anfertigung von Artefakten eignet. Gegen Mittag dann haben wir bereits die Insel und Goibnywn dankbar für unsere Geschenke in Richtung Tir’Nan’Og verlassen. Nur kamen wir so gut voran, dass wir jetzt die Nacht auf See verbringen werden. Mal sehen ob ich beim Gedanken an Lariel oder den Tiburun schlafen kann.
120. Tag auf den Inseln
Es war keines dieser Übel, welches uns in der Nacht besuchte. Jedoch sind wir tags darauf auf eine Elfengaleasse gestoßen, die direkt die Verfolgung aufnahm. Nach eiliger Planung stieg ein unsichtbarer Adler in die Höhe ehe wir unser Heil in der Flucht suchten (Visibili, Adlerschwinge). Ilcaryon sorgte für den notwendigen Blickschutz in Form von Nebel, viel Nebel, für den er sich über der Galeasse halten musste. Unsere Aufgabe war es, so schnell wie möglich außerhalb des Sichtbereichs zu kommen. Zuerst einmal aber ging uns Phanta über Bord, während Ilcaryon auf diverse Probleme stieß, wie er später erzählte. Von der Galeasse stieg wohl wenig später ein Vogel auf, um uns zu suchen und zu verfolgen, den er mit einem Fulminictus ausschaltete. Ich bezweifle, dass der Elf den Sturz in Tiergestalt überlebt hat. Kurz entschlossen warf ich derweil Phanta meinen Schild zu, an dem sie sich festhalten konnte, während unser Katamaran halsbrecherisch schnelle Fahrt aufnahm. Wir würden sie später holen und hofften natürlich, dass sie so allein im Meer treibend nicht entdeckt wurde – die Segel waren gesetzt.
Ilcaryon wurde auch mit noch so vielen Odem Arcanum in Sichtvariante nicht entdeckt da er sich in die Höhe schraubte und schließlich hatten wir einen stabilen Kurs, sodass das Valvavin einen Delfin darum bat, die Nivesin zu uns zu bringen. Fraglich, was passiert wäre, wenn von den Vislani drei oder mehr zugleich in Tierformen gestartet wären, um uns zu suchen. Swafnir sei Dank waren wir dann aber wohl doch nicht interessant genug, um die eigene Haut zu riskieren. Der Delfin brachte uns Phanta unversehrt, sodass wir noch einige Seemeilen zwischen uns und die Galeasse bringen konnten, ehe die Nacht uns einholte.
Auch am nächsten Tag war von der Elfengaleasse nichts zu sehen. Und schließlich erreichten wir heute endlich Tir’Nan’Og, sodass wir an Land übernachten können.
122. Tag auf den Inseln
Wir haben entschieden, nach Osten zu segeln, um Beorn auf diesem Eiland zu suchen. Schon zwei Tage später besuchten uns Wilde in unserem Nachtlager und wussten zu berichten, dass Beorn vor ein paar Tagen hier entlang gekommen wäre – allerdings auf dem Weg nach Westen, Richtung einer Stadt namens Pwyll die dort läge. Wir unterhielten uns ein wenig mit ihnen und stellten wohl ein paar sehr seltsame Fragen, wie wir in ihren Gesichtern lasen. Natürlich ging es Großteils wieder um die Zerrüttung des Elfenvolkes und die Aufspaltung in zwei offensichtliche Lager. Ich bin mir nicht sicher, ob die Elfen diesen Umstand noch hinterfragen oder jetzt, vermutlich Generationen später, einfach leben wie die Menschen es täten. Jedenfalls setzten wir morgen unsere Reise in Richtung Westen fort.
125. Tag auf den Inseln
Nachdem wir die letzten Tage nun gen Westen unterwegs waren, haben wir eine Flotte erreicht und sie direkt mit dem Gedankenbilder begrüßt, um nicht angegriffen zu werden. Ich übermittelte den Elfen, Schwester Shaya wolle mit Beorn sprechen. Diesem Umstand ist wohl verschuldet, dass er und Belaska uns direkt entgegengelaufen kamen, als man uns auch ohne Umschweife zu ihnen brachte. Zu diesem Zwecke hatten wir auch vorgegeben, zu Beorn zu gehören, was sicherlich einfacher ist, als ausschweifend zu erklären, wer wir sind und woher wir kommen – jedenfalls an diesen Stelle. Doch was nun kam, hätte ich niemals erwartet zu sehen – und die anderen vermutlich ebenso wenig: Beorn ging auf Asleif zu – waren das Tränen in seinen Augenwinkeln? – und umarmte ihn. Gut, einen Moment später verpasste er ihm auch einen Kinnhaken aber Beorn freute sich, uns zu sehen. Seinen Worten konnten wir schließlich entnehmen, dass er davon ausging, dass wir hier waren, um ihn nachhause zu holen, denn er wunderte sich, dass Asleif immer noch mit derselben Mannschaft unterwegs war.
Recht zügig nun erklärten wir, dass die Wettfahrt noch nicht vorbei war und wir herausgefunden hatten oder annahmen, dass die Zeit hier anders verlief als auf Aventurien. Doch zunächst tauschten wir unsere Geschichten aus, berichteten was wir erlebt hatten und Beorn und die Magierin aus Nersand erzählten, dass sie keinen Weg gefunden hatten, die Aufgabe zu erfüllen, und, seit wir gemeinsam in Tie’Shianna gewesen waren, keine neue Prophezeiung erhalten hatten, obschon sie auf Shaltyr in dieser furchtbaren Legende gewesen waren. Auch beim Orakel Chalwen, einer Riesin auf einer der Inneren Inseln, hatten sie keinen entscheidenden Hinweis erhalten. Also war es an uns, zu offenbaren, was wir am Strand bei Mengbilla vernommen hatten und nach einigem Hin und Her setzte ich den beiden auch die von Pardona in Schnipsel zerschnittene Prophezeiung korrekt zusammen. Wir alle müssen uns wohl daran gewöhnen, von nun an zusammen zu arbeiten, wenn wir hier Erfolg haben und auch wieder fort wollen.
Also berichteten wir Beorn auch von der Taubralir und dem Diebstahl durch die Vislani, die sie nach Badibrig zu Vadriel, dem obersten der Vislani und ein Sternenträger, gebracht hatten unseres Wissens nach. Auch ein Elf war bei der Besprechung zugegen und es fällt nicht schwer zu erraten, dass es sich bei ihm um Shadruel handelte, den jungen Weisen, der in der Prophezeiung genannt war und den wir bald noch dringender brauchen würden als Beorn.
Ich bin ehrlich fasziniert von diesen Sternenträgern und es fällt mir schwer, mir Mandrion hier vorzustellen, als einen von ihnen, denn schließlich war auch er ein Sternenträger, zumindest bis er seine Aufgabe erfüllt hatte. Allerdings wäre das für die Elfen vermutlich wirklich befremdlich, wenn ich sie danach frage, ob der Stern verschwindet, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Vielmehr beschleicht mich der Gedanken, dass da bei Mandrion ganz andere Kräfte im Spiel waren. Oder woher kommen diesen Sterne? Sind sie vielleicht auch hier Auszeichnungen der Götter, Markierungen ihrer Lieblinge? Nur dass es bei Mandrion keiner der alten Götter der Elfen war, der ihn markiert hat, sondern Satinav, der noch nicht einmal ins Pantheonn der Zwölfe gehört. Aber macht das einen Unterschied? Am Ende sind doch alle Sternenträger dazu verpflichtet, ihre Aufgabe zu erfüllen, so wie alle Gezeichneten, ganz gleich von welchem Göttlichen… so wie ich es war und nun, sind wir jetzt frei zu tun was wir wollen, Mandrion, Meror und ich? Oder habe ich hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, jeder von unserer Mannschaft?
Zurück zur Besprechung. Wir haben in der Runde mit Shadruel, Beorn und Belaska auch berichtet, was wir in Ta’Lissienni herausgefunden hatten, was uns dort Salabal, Gwyrn und Lynissen als Gründe ihrer Festsetzung mitgeteilt hatten und das sich daraus ergebende Bild der Verschleppung von Wilden als Sklaven auf die Verlorene Insel. Shadruel fiel es wie Schuppen von den Augen, als er sich nun ausmalte, woher also die Vislani ihre Verpflegung gewannen. Er muss wirklich wütend gewesen sein, denn er stürmte aus dem Zelt hinaus in den Wald. Milene war die einzige, die ihm folgte, aber ich denke auch, dass eine neugierige Magierin genügt, um den Elf zu beruhigen, hätte das notwendig werden sollen.
Zudem war ich mit mir beschäftigt, denn in Belaskas Garderobe fanden sich tatsächlich ein paar Kleider für mich und meinen dicken Bauch. Sie schien zwar verwundert über meine Schwangerschaft aber sie half mir statt dumme Fragen zu stellen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich kann es nicht mehr verstecken und ich fühle mich fett aber was soll ich machen… Wir haben die Zeit auch gleich sinnvoll genutzt, um auszurechnen, wie viel schneller die Zeit hier vergeht. Belaska sagte, sie wären schon zweieinhalb Jahre da, ziemlich genau, und abzüglich der Zeit, die wir jetzt schon hier waren, konnten wir es mit den verstrichenen Monaten auf Aventurien vergleichen, die dort seit unserer letzten Begegnung in der Khomwüste vergangen war. So kamen wir auf etwa das Fünffache, was auch heißt, dass jetzt Zuhause etwa Mitte Ingerimm ist. Horatio hätte das gewiss schneller und genauer ausrechnen können…
Später am Abend habe ich diese Erkenntnis Asleif mitgeteilt, nachdem ich mit Milene zusammen daran gescheitert bin, jemanden zu finden, der uns Iamarituale beibringt anstatt nur meinem Lautenspiel zu lauschen und dabei einzuschlafen… Was ich noch niemandem gesagt habe ist, dass ich beim Spiel heute Abend eine Art Vision hatte aber was soll ich auch über Eindrücke aus einem Wald sagen, wo ich keine Ahnung habe, was das bedeuten soll. Wichtiger ist, dass Asleif wissen wollte, wie viel Zeit uns bleibt um die Wettfahrt zu beenden und auf Aventurien ist das nicht viel: etwas über zweieinhalb Monate. Davon will er noch ein Drittel für diese Aufgabe aufwenden, was uns unter Druck setzt, denn weniger als ein Monat Zuhause sind hier entsprechend weniger als fünf Monate – wir sprechen von vier bis maximal viereinhalb und da habe ich schon grob gerundet. Viel Zeit zum Rechnen blieb mir allerdings an diesem Abend nicht, da Raluf und die anderen Thorwaler eine ganz spezielle Bitte hatten, die auch mir das Herz ein bisschen mit Sehnsucht nach der Heimat füllt: das Jurgalied. Das war das erste Mal auf dieser Fahrt, dass ich es ohne den Ohm spielen musste. Und ich frage mich, was Asleif tun will, wenn die Zeit knapp wird, denn ich befürchte ohne die Lösung dieser Queste kommen wir Fenvariens Befreiung nicht näher und schließlich muss ich davon ausgehen, dass diese am Ende unserer zwölf Aufgaben steht.
126. Tag auf den Inseln
Shadruel hat uns gestern noch ein paar Bedingungen für sein Mitspielen bei diesem Plan oder dieser Aufgabe genannt: zum einen sollen alle von uns eine ganz spezielle Variante des Gedankenbilder lernen, sie nennen sie Kommandovariante. Diese erreicht nur Personen, die auch die Variante beherrschen und vor allem hat sie eine deutlich größere Reichweite als der ursprüngliche Zauber. Ich halte das für sehr nützlich und wer bin ich, mich gegen einen neuen Elfenzauber zu wehren. Interessant hingegen finde ich die Idee, dass wirklich alle Mannschaftsmitglieder ihn lernen sollen, was mich an Helmar erinnert und unsere Versuche vor Jahren, ihm genau diesen Spruch, also den Gedankenbilder, beizubringen. Wir sind also nicht die Einzigen, die solche Ideen haben.
Darüber hinaus hat Shadruel angekündigt, dass er nach erfüllter Aufgabe hier auf den Inseln diese mit uns verlassen und nach Aventurien reisen will, um mit uns gemeinsam Fenvarien zu befreien. Ich hoffe sehr, er fällt uns nicht in den Rücken und boykottiert dieses Vorhaben am Ende aber dann müsste er ein begnadeter Schauspieler sein, denn so wirkt er nicht. Und ich kann mir nur allzu gut vorstellen, dass sich jemand in diesem Chaos hier wünscht, dass der Bruderkrieg ein Ende findet und die Elfen wieder geeint werden. Wenn sogar unsere Prophezeiung andeutet, dass Fenvarien dies vermag, habe ich einen sehr guten Grund, weiter mein Bestes zu geben. Fraglich ist nur, ob Shadruel dann wirklich mit uns, also Asleifs Mannschaft reisen will, denn immerhin ist die Taubralir unser Schiff und Shadruel möchte sie haben, um auf die Inseln im Nebel zurückkehren zu können, sobald unsere Aufgaben bestanden sind.
Erstmal haben wir diesen Bedingungen zugestimmt mit dem Einwand, dass auch Fenvarien die Taubralir beanspruchen könnte und wir sie dann ihm geben werden. Damit schien Shadruel einverstanden. Und das Gespräch mit Beorn überlasse ich getrost Asleif, was Shadruel und dessen Weiterreise angeht – ich denke wir werden alles daransetzen, die Taubralir nicht noch einmal zu verlieren, wenn wir sie erst wiederhaben, auch nicht an Beorn.
Eigentlich wollten wir heute weitersegeln, um uns die Legende vom Kesselraub anzusehen, der orakelnden Riesin einen Besuch abzustatten und vielleicht auch den Verfluchten Berg mit seiner Höhle noch zu besuchen aber nachdem alle einen Zauber lernen müssen und wir noch verschiedenste Vorbereitungen treffen wollen, verzögert sich die Weiterreise um einen Tag. Milene kümmert sich um Tränke und ich versuche herauszufinden, welche Kräuter die Elfen auf den Inseln kennen, damit wir wissen, ob wir hier überhaupt die Möglichkeiten haben, beispielsweise ein Antidot zu brauen. Wie sich herausgestellt hat, sind die bekannten Kräuter eher wenige: Ilmenblatt, Ulmenwürger, Vierblättrige Einbeeren, Wirselkraut natürlich, Egelschreck, Traschbart, Gulmond, Belmart, Chonchinis, Shurinknolle, Joruga, Schleimiger Sumpfknöterich, Zwölfblatt, Alraune, Lulanie, Mirbelstein und Roter Drachenschlund. Soweit ich weiß kann man aus Shurinknolle Gifte herstellen aber ob Milene aus dem Rest mehr als einen Heiltrank und ein Kraftelixier machen kann ist fraglich. Zum Glück gibt es Gulmond.
Wie sich herausgestellt hat, hat Belaska den Elfen, vielmehr den Wilden um Beorn, bereits erklärt, wie Heiltränke herzustellen sind, sodass sie einen Vorrat haben. Milene wollte sie nicht ohne Vorbereitung in die vor uns liegende Aufgabe der Verlorenen Insel segeln lassen. So haben die beiden Magierinnen immerhin Zeit gefunden, sich ein wenig auszutauschen, da die Mirhamerin die Idee hat, dass wir drei zusammen später auf einem Konvent oder ähnlichem unsere Errungenschaften und Entdeckungen über die Elfen und deren Magie vorstellen könnten. Was ich ihnen nicht direkt sagte ist, dass ich das verlorene Wissen wesentlich lieber unter die Elfen zurückbringen würde aber darum kann ich mir noch keine Gedanken machen.
Leider konnte Shadruel mir nichts über Lariel und dessen Fluch sagen, sodass ich bei meinen Gedanken hierzu nicht weiterkomme auch wenn ich meine, dass man einen Fluch brechen können muss. Ihn plagen ganz andere Gedanken habe ich den Eindruck aber es ist wenig Zeit, um dem nachzugehen.
130. Tag auf den Inseln
Wir sind am nächsten Tag endlich zur Legende vom Kesselraub und dem Orakel Chalwen aufgebrochen. Unterwegs haben wir an der Küste von Tir’Na’Nog noch eine Stadt gesehen, in der die roten Banner der Gliederfäule gehisst waren, ehe es dann aufs offene Meer hinaus ging. Meine Träume und Vision von dem Wald sind geblieben und sogar intensiver und länger geworden. Meist kommen sie nachts, wie ein klarer werdender Traum: Ich laufe durch diesen Mischwald, barfuß einen Pfad entlang bis hin zu einer Lichtung, auf der eine Statue zu sehen ist, die erst in jedem Traum anders aussah bis ich bemerkt habe, dass es eine Statue der Nurti ist. Irgendwo plätschert eine Quelle, alles wirkt friedlich und ruhig aber ich weiß nicht, was es mir sagen soll. Und es scheint mir zu gering um mit jemandem darüber zu sprechen.
132. Tag auf den Inseln
Die Träume haben ein Ende gefunden – auf eine Weise, die ich nicht erwartet habe. Rückblickend hätte ich Asleif von den Visionen erzählen sollen. Wir haben eine Inselkette erreicht und an einer der größeren Inseln einen Stopp gemacht, um unsere Vorräte aufzufüllen. Phanta und Ilcaryon sind jagen gegangen, während Milene und Valvavin nach Pflanzen zum Essen suchen wollten. Ich bin mit Chalomir Kräuter sammeln gegangen. Ob er fände, dass ich fett geworden wäre, wollte ich von ihm wissen nachdem Milene das schon bejahte und ich ohne zu Schnaufen im Wald gefühlt gar nicht mehr vorwärts komme mit meinem Babybauch voran. Ich hätte nun aber nicht erwartet, dass er so direkt ist, in diese Kerbe zu schlagen und das auf dermaßen unsensible Art und Weise, dass ich ihn direkt geschlagen habe, um dann selbst verletzt zu gehen. Sollten Männer nicht Schwangeren sagen, dass sie wunderschön sind, perfekt? Aber ich bin wohl selbst schuld ob dieser Torheit. Trotzdem hat Chalomir die Ohrfeige mehr als verdient.
Irgendwie haben meine Füße mich auf einen Pfad gelenkt, dem ich unbewusst gefolgt bin, ehe mich auf einer Lichtung ein unbekannter Schmerz einholte. Erstmal war ich wie gelähmt und vom Blitz getroffen, schockiert würde ich sagen. Dann schoss mir durch den Kopf, dass hoffentlich alles mit dem Kind in Ordnung war. Um das zu unterstützen setzte ich zu einem Balsam an, von dem ich nicht sagen kann, ob er irgendwelche Auswirkungen hatte. Aber die Schmerzen verzogen sich eine Weile, sodass ich weitergehen wollte, um zu realisieren, dass ich auf der Lichtung aus meinen Visionen war! Der Pfad zur Lichtung führte zu der mit bekannten Statue der Nurti und auch die Quelle hörte ich friedlich plätschern. Doch dann kehrte der Schmerz bereits unliebsam heftig zurück. Vielleicht hätte ich Asleif oder Schwester Shaya mit einem Gedankenbilder um Hilfe rufen sollen aber meine Konzentration war dahin. „Zu früh“ schoss mir stattdessen durch den Kopf mit unzähligen anderen Gedanken, als mir klar wurde, was das für ein Unterleibsschmerz war: Wehen. So etwas kannte ich nicht und noch weniger wusste ich, was ich tun sollte. Plötzlich tat es mir unendlich leid, dass ich mich gerade noch über die Schwangerschaft und meinen kugelrunden Bauch aufgeregt hatte. Hilflos wie ein Kleinkind fühlte ich mich, Tränen auf den Wangen und mutterseelenallein, denn nirgendwo war jemand zu sehen oder zu hören – bis auf eine mit vollkommen unbekannte Elfe! Ich kann nicht sagen, woher sie kam oder wohin sie später ging aber ich bin unendlich dankbar, dass sie meine Schreie gehört haben muss. Selbst wenn sie eine Einbildung war, bin ich ihr zu Dank verpflichtet. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Nurti sie schickte, um mir zu helfen aber sicher ist nichts davon. Es ist nur klar, dass es auf der Insel keine Siedlung gab und die Elfe meinte, sie würde in der Nähe leben. Gewiss ist aber, dass ich in dieser Nacht ein Geschenk erhalten habe, wenngleich es nicht das ist, was man bei einer Geburt erwartet: ein Ei.
Natürlich war ich schockiert, die Elfe wohl noch weit mehr, denn sie sprach einen Attributo Mut für mich, als sie es mir zeigte und noch bevor sie mich mit einem Balsam soweit möglich heilte. Verwirrung beschreibt meine Gefühle in diesen Momenten wohl noch am besten, dann packte ich das bizarre Objekt in ein Tuch, um es warm zu halten.
Ich muss wohl eine ganze Weile auf der Lichtung gewesen sein, denn als die Verwunderung langsam nachließ hörte ich endlich den Ruf der Gedankenbilder von Ilcaryon und besann mich schließlich, darauf zu antworten. Wie viel Zeit vergangen war hätte ich nicht sagen können aber inzwischen war es tiefste Nacht. Zunächst wollte ich aber nur Schwester Shaya als Mensch um mich haben, die mich auch direkt in den Arm nahm. Milene musste ich hingegen fragen, was das zu bedeuten hatte. Die Elfe war fort noch ehe die beiden sie hätten sehen können und ich weiß auch nicht, ob sie meinen Dank noch vernommen hat. Aber nachdem Milene zu berichten wusste, dass dies bedeutete, dass mein Kind eine ganz besondere magische Begabung aufweisen würde, und Shaya zumindest Geschichten über solche Geburten gehört hatte, raffte ich mich schließlich auf, mit zurück zu den anderen zu gehen. Zuvor allerdings dankte ich Nurti in einem Gebet für die Hilfe, die Visionen, diesen Ort, die Elfe, auch wenn ich nicht weiß, was es zu bedeuten hat.
Zurück am Schiff und Lagerplatz wusste ich nicht, was ich den anderen sagen sollte. Erstmal wollte ich mit Asleif reden aber was gab es da schon groß zu sagen? Ich hatte solche Angst, dass es das nun war. Ich meine ich bin so schon merkwürdig für die anderen: woher ich komme verstehen sie nicht, was ich tue können sie auch nur selten nachvollziehen und nun das. Ich glaube ich bin alles außer gewöhnlich. Und ich hatte Angst nun auch von Asleif als absonderlich weggeschoben zu werden, vielleicht zurückgelassen. Doch überraschenderweise sagte er, er müsse sich nun wohl geehrt fühlen, denn im Güldenland sind solche Geburten hoch angesehen und wären Geschenke der Götter. Die folgende Reaktion hätte ich mir wohl denken können: er hat sich betrunken, allerdings nicht alleine, schließlich musste ich das auch verdauen und mich mit dem Ei anfreunden, das ich nun laut Milene einige Monate würde mit mir nehmen müssen, denn es dauert noch eine unbekannte Zeit, bis das Kind wirklich geboren werden wird. Wir waren so betrunken, dass wir bis zum Mittag geschlafen haben.
139. Tag auf den Inseln
Unterwegs hierher sind wir ein paar Elementaren begegnet, die sich gelangweilt haben und mit uns spielen wollten. Milene und Ilcaryon scheinen aber keinen Spaß zu verstehen, wenn es nicht ihr Spaß ist. Glauben die beiden wirklich, Elementare oder Dschinne würden zulassen, dass jemandem ernsthaft etwas passiert? Die würden doch Phanta beim ersten Aufschrei wieder aus dem Wasser angeln aber anscheinend habe nur ich Vertrauen in das gute Wesen der Elementare. Oder sie haben tatsächlich Angst, sich wegen ein bisschen Wasser einen Schnupfen zu holen – und das auf einer Walnussschale wie diesem Katamaran.
Wir haben Gwandual oder vielmehr die Legende vom Kesselraub erreicht. Einmal mehr mussten wir auf eine Insel, die jäh in einer Steilklippe endet, hinauf, sodass Ilcaryon als Hippogreif, seine neue Adlerschwinge, einen guten Teil der Mannschaft hochgeflogen hat. Ich habe Asleif dazu bewegt, mit mir in einem Wolkenlauf hinaufzugehen, da ich seit dem Absturz von Merors Adlerschwinge Hippogreif in Tjolmar vor acht Jahren doch lieber meine eigene Magie für solche Unterfangen nutze. Oben haben wir ein Lager aufgeschlagen und eine halb sehr verschwommene Legende beobachtet, in der sich uns keine klaren Bilder zeigen wollten.
Irgendwann in der Nacht tauchte draußen auf dem Meer schemenhaft die Angriffsflotte auf, über der sich ein gewaltiges Licht manifestierte. Kampflärm drang bis zu uns, jedoch ohne deutliche Bilder. Dann rissen geflügelte Schemen ein kesselförmiges Objekt nach oben und wir können nur ahnen, dass sie es zur Flotte brachten. Nachdem wir aus dieser sehr verschwommenen Legende nicht viel über den Kesselraub lernen konnten, entschieden wir, noch einen Tag zu bleiben, um es nochmals anzusehen.
Doch auch in der zweiten Nacht blieb die Legende schemenhaft. Und auch wenn Ilcaryon und Milene näher heranflogen, um sich den Raub des Kessels anzusehen, so kamen sie nicht mit viel mehr Wissen zurück, als dass der Kessel im Tempel der Nurti gestanden haben muss. In die Legende hineinzugehen indes halten wir für zu gefährlich, da sich ein Teil der Stadt und auch der Kessel auf einer Felsnadel vor der Küste befinden und die Brücke dorthin nur ein Schemen ist, der niemanden tragen wird. Ebenso ist schwer zu sagen, welche Gebäude der Legende gefährliche Stolperfallen verbergen.
Aber auch in der dritten Nacht bleibt die Legende ein Schemen, sodass ich beschlossen habe, einzugreifen oder es zumindest zu versuchen. Und irgendwie muss es mir gelungen sein, mit Musik und Gesang, mit Erzähltalent die Bilder zu verstärken, denn sie wurden klarer. So bewegten wir uns vorsichtig durch die Stadt, wo dann auch Milene mit einstieg nachdem mein Versuch fruchtete. Die Metropole wirkte verlassen als wir uns zwischen den Häusern der Brücke näherten und sogar diese überwanden. Auf der anderen Seite sahen wir nun einen Palast mit Symbolen der Nurti, keinen Tempel. Und uns wurde klar, dass hier dreiviertel der Bevölkerung durch die Gliederfäule dahingerafft worden waren. Auch in den klaren Bildern gab es bereits Verfall und Zerstörung, ein Teil der Gebäude war bei Sturmfluten ins Wasser gestürzt, die Verteidigungsanlagen aufgrund der dezimierten Bevölkerung unterbesetzt. So also hatte der Schlangenkönig leichtes Spiel gehabt.
Als die Angriffsflotte diesmal auftauchte und sich mit dem Licht bemerkbar machte, sahen wir wie unten im Hafen an den Teleportmuscheln, die wohl einst dazu gedient hatten, die Leute und Waren hoch in die Stadt zu teleportierten, ein Gemetzel ausbrach. Eine Überzahl an Marus und Krakoniern erschlug dort die Elfen, während die Flugechsen, mit Leibern wie Marus aber Flügeln, von der Flotte starteten. Beim Näherkommen ließen die Flugechsen gewaltige Krallen und eine riesige Spannweite erkennen, ehe sie reitende Kristallomanten auf ihnen zu sehen waren. Diese haben dann auch mit ihrer Magie die Mauern des Palastes durchlöchert und sein Dach zum Einsturz gebracht. Ich glaube, dass ich den Zauber als Zorn der Elemente von Olport her kenne.
Schließlich tat sich einer der Reiter insofern hervor, als dass wir ihn aufgrund seiner Unzahl an – vermutlich magischen – Amuletten und Ringen als Schlangenkönig identifizierten. Aber auch die anderen Geflügelten und ihre Reiter strotzten nur so vor Amuletten. Die Elfen, die ihn aufzuhalten den Mut hatten, waren ihm ausgeliefert. Pfeile der Elfen wurden ohne ersichtlichen Zauber umgelenkt und eine Nebelwand regnete sogleich ab, sodass sie nicht den Geflügelten die Sicht nahm, sondern die Elfen als Regen hinfort spülte. Dann riss der Schlangenkönig mit nur einem Wink Bodenplatten aus dem Fußboden und vor die Türen, durch die so kein Hereinkommen in den Kesselsaal mehr war. Dann packten zwölf der Geflügelten das große Objekt und trugen es hinfort. Eine Verfolgung der Echsen schließlich scheitert an nur dem Blick (!) des Echsenkönigs, der offenbar die Elemente kontrolliert – so werden ein Pfeil der Luft oder ein Wolkenlauf unnütz. Die zurückgebliebenen Leichen von Echsen verglühen als die Angreifer sich zurückziehen. Und wir tragen zusammen, was für Edelsteine wir gesehen haben: bei den Flugechsen Feueropal, Turmalin, Obsidian; bei den Achatzreitern Rubine, Baryt, Granat, Feueropal, Achat, Coelestin, Aquamarin, Smaragd, Aventurin, Obsidian. Was uns das sagt? Ich habe keine Ahnung aber diese Echsen waren auf jeden Fall gut vorbereitet.
Die Nacht verbringen wir sicherheitshalber außerhalb der Stadtmauern vor der Stadt, ehe wir dann morgen zum Orakel Chalwen aufbrechen werden. Ich habe mich noch nie so oft wiederholt, da unser Wissen um diese Legende hier wirklich nicht üppig war und sie zu erzählen das Einzige, was sie hat klarer werden lassen. Ich hoffe man verzeiht mir die Monotonie, denn schließlich mussten die anderen zuhören, damit es funktioniert.
145. Tag auf den Inseln
Nach einer recht ruhigen Seereise, bei der uns erneut der bärtige Elf, ich nehme an ein Halbelf, namens Harneh begegnete, erreichten wir heute das Orakel, das auf einer Insel mit Steilküste lebt. Ilcaryon bot sich wieder an, uns als Hippogreif hinaufzufliegen. Etwa im Zentrum der Insel trafen wir dann auf die Riesin Chalwen, die mit ihren zwanzig Schritt doch deutlich größer ist, als Riesen es gewöhnlich sein sollen. Sie saß auf ihrem Thron und wartete bis wir nahe genug heran waren, um eine Unterhaltung führen zu können. Gerne hätte ich die Riesin nach meinem Kind befragt, um zu erfahren, was es mit dem Ei auf sich hat, allerdings müssen meine privaten Interessen wohl zurückstehen und so berichteten wir, was uns zu ihr geführt hatte. Sie versank dann in eine Art Trance – ich glaube sie meditierte – und ließ dann für uns verlautbaren:
Die purpur Frucht des süßen Meeres Schlund,
In einem von den dreizehn Rund,
Gibt einverleibt zur Ritus' letzten Stund,
Dem Schicksal Hilf‘ zu froher Kund.
Natürlich hat Milene die Riesin analysiert uns so herausgefunden, dass ihr Magie innewohnt und sie keine Legende zu sein scheint. Allerdings ist ihr Zugegensein hier auf den Insel sehr merkwürdig, schließlich muss es über fünftausend Jahre her sein, dass Pyrdakor ihren Thron auf Aventurien, wie ich annehme, ins Meer stieß. Wie alt können Riesen werden?
Nach einer höflichen Verabschiedung entbrannte eine Diskussion darum, wohin wir weiterreisen würden. Wir entschieden uns dafür, nun zur Pferdeinsel zu segeln, um den Zwillingen mitzuteilen, dass wir nicht nur Beorn gefunden, sondern auch einen Plan für die Verlorene Insel hatten. Zuerst aber würden wir die Taubralir aus Bardibrig herausholen.
149. Tag auf den Inseln
Auf unserem Weg zur Pferdeinsel sind wir heute wieder Tibanna begegnet und haben sie abermals aufgenommen. Zusammen haben wir ihre Legende noch einmal zusammengetragen, um ihr Schicksal hier auf den Inseln besser verstehen zu können.
Am Hof von Mandalaya – wie wir heute wissen eine Stadt der Elfen und zugleich eine Person – wurde Brianissim aufgrund seiner großen Gesangskunst festgehalten. Er war oder ist der „König der Legendensänger“, sodass ich es sehr bedauere, dass wir ihm bisher noch nicht begegnet sind. Tibanna wollte ihn in der Legende hier auf den Inseln befreien, da sie so von seinem Schicksal angetan war. Jedoch scheiterte sie beim ersten Versuch an einem Feuerwesen, sodass sie fliehen musste. Brianissim wiederum, von dieser Hingabe und diesem Mut angetan, wurde seinerseits angeblich (wieder) zu Fleisch und Blut. Beim zweiten Versuch Tibannas, ihn zu befreien, verirrte sie sich in einem Labyrinth, sodass es nun an Brianissim ist, sie zu suchen. Dafür durchstreift er den Lyr auf einem kleinen Boot, während Tibanna sich nicht an mehr als seinen Namen erinnert.
Noch unterwegs haben wir versucht, die Seeelfen mit einem Gedankenbilder zu erreichen, damit sie, sollten sie ihm begegnen, Brianissim zur Pferdeinsel schicken mögen. Genau dort werden wir Tibanna nämlich absetzen, damit sie auf ihn warten kann und nicht beide einander suchen und sich so nie begegnen. Ich hoffe sehr, dass es klappt.
Unterwegs sind wir an den Drei großen Schnecken vorbei gesegelt, die hier zur Orientierung dienen. Dabei handelt es sich um schneckenförmige Inseln, um die allerdings gefährliche Strömungen vorherrschen, sodass wir gebührenden Abstand gehalten haben.
157. Tag auf den Inseln
Am Abend haben wir endlich die Pferdeinsel erreicht und uns mit Gwern und Caradel besprochen. Sie haben sich vorhin zusammen verabschiedet und machen nun unter sich aus, wer von den beiden uns begleiten wird. Derweil haben wir uns ebenso besprochen und ich weiß nicht mehr, ob es daran lag, dass Ilcaryon mich mit seiner Art so sehr gereizt hat oder daran, dass er Schwester Shaya damit beleidigt hat, dass sie von hier keinen Kontakt zu ihrer Göttin, der Herrin Travia hat. Wahrscheinlich fand er meine dazu im Vergleich harmlosen Fragen an Rowena und ihr Bettleben zu unangemessen, weswegen er mit einem Silentium für mich das Fass zum Überlaufen brachte und ich ihn angegriffen habe, um mich mit ihm zu prügeln. Dieser Kerl ist einfach unglaublich. Er merkt es nicht einmal, wenn er mit jedem Wort anderen Leuten wehtut. Und er meint offensichtlich, Rowena braucht seine Hilfe und kann nicht für sich selbst sprechen. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was sie an ihm findet. Es mag Dinge geben, die er kann, aber Nachdenken und Reden gehören definitiv nicht dazu. Kaum zu glauben, dass er so etwas mir damals in Mherwed vorgeworfen hat! Die Abreibung ist noch nicht erledigt. Ich hoffe Shaya geht es besser.
159. Tag auf den Inseln
Die Zwillinge haben gestern entschieden, dass Caradel uns begleiten wird. Also habe ich direkt Gwern gebeten, auf das Ei aufzupassen, auch wenn es mir sehr schwer gefallen ist. Ich empfinde das als eine sehr persönliche Sache und mag es nicht, wenn sich jemand in meine privaten Gespräche einmischt, auch wenn es Milene ist und selbst dann, wenn ich nur stottere, weil ich meine Gedanken nicht auf die Reihe bekomme. Tatsache ist, dass ich am liebsten selbst hier bleiben würde, weil es mir wichtiger ist als alles andere. Was, wenn etwas passiert, wenn so ein Goll das Haus niedertrampelt und das Ei mit meinem Kind darin zu Bruch geht? Dann werde ich mir doch unendlich Vorwürfe machen. Ich frage mich jetzt schon, ob ich das verantworten kann. Es fühlt sich unglaublich egoistisch an, die Verantwortung abzuwälzen. Und dann soll ich auch noch höflich von unten herauf bitten – um etwas, das ich eigentlich gar nicht will. Die anderen können das nicht verstehen. Und Asleif, der denkt gar nicht erst darüber nach habe ich den Eindruck. Aber ich tue es. Und ich bete zu Tsa, dass ich rechtzeitig zurück bin, rechtzeitig bevor die Schale bricht und vor allem lebendig. Immerhin ist der Gedanke an ein Ei aus dem mein Kind schlüpft inzwischen nicht mehr so befremdlich. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich es gut finden kann, dass ich es hier zurücklasse, sicherer als es nun für uns sein kann bei dem, was wir vorhaben. Gwern hat nur darum gebeten, dass ich das Kind vor dem Jugendalter abhole und dabei zu Swelfa geblickt.
Tibanna ist bei Gwern auf der Pferdeinsel geblieben. Es wäre schön, wenn unser Plan aufgeht und Brianissim sie hier findet.
160. Tag auf den Inseln
Unterwegs sind wir heute wieder einmal auf ein – zugegeben sehr großes – Baumboot gestoßen, was ja bedeutet, dass da ein Sternenträger mit seiner Dryade auf See ist. Es war Amantilada der Fruchtbringer, auch wenn ich ihn fälschlicherweise zunächst als „der Fruchtbare“ betitelt habe, was mich im Nachhinein schmunzeln lässt, bedenkt man, dass das Deck über und über voll Kinder war – Kinder, wie wir sie nicht kennen. Einer der Sprösslinge, an den ich mich etwas genauer erinnere, war elfisch, hatte aber moosgrünes Haar. Allesamt wirkten sie recht ausgelassen und glücklich, laut und fröhlich. Ich frage mich, ob es zu Hause irgendwann auch einmal so sein wird – natürlich mit den ganzen Kindern der Otta. Das fehlt mir. Es macht mir aber auch Mut, zu sehen, dass andere Kinder ebenso nicht unbedingt gewöhnlich sind.
163. Tag auf den Inseln
Wir haben mit Caradel und Swelfa gestern Pwyll erreicht und uns mit Beorn und Shadruel ausgetauscht. Da ich es noch nicht erwähnt habe: Swelfa hat die Gelegenheit genutzt, ihren Onkel zu begleiten, da sie den Zwillingen wohl als Kind versprochen hat, die Pferdeinsel nicht allein zu verlassen. Wir haben über den Orakelspruch der Riesin geredet und überlegt, ob es sich bei der „Purpurfrucht im süßen Meeresschlund“ um eine Art Alge im Brackwasser handeln könnte. Es kann aber auch etwas gemeint sein, das an einer untermeerischen Süßwasserquelle zu finden ist, da sind wir noch ratlos und suchen weiter.
Am Abend habe ich nach jemandem unter den Wilden gesucht, der mir Iamarituale beibringen kann, allerdings erfolglos. Es gibt wenige Hochelfen, die hier bei den Wilden leben, denn nur diese scheinen sich mit den alten Ritualen auszukennen und diese zu nutzen.
In der Früh haben wir direkt schon wieder abgelegt und befinden uns auf dem Weg zum Verfluchten Berg – dahin, wo Beorn und Belaska ihre Armreife herhaben. Angeblich gibt es dort eine Höhle, in der man sich seiner dunkelsten Seite stellen muss. Was genau das heißen soll müssen wir wohl selbst herausfinden.
174. Tag auf den Inseln
Wie so oft die Inseln hier beschaffen sind, befindet sich der Verfluchte Berg auf einer Klippe, die wir heute Abend erreichten. Ich erinnere mich noch an herrliche Strände auf den Äußeren Inseln aber im Inneren der Inselkette scheint es diese selten zu geben. Hier empfing uns immerhin eine hübsche Elfe namens Morwena, die eine tragische Geschichte mit sich herumträgt. Sie sagt, sie hätte ihren Liebsten verraten und nun wäre es ihre Strafe oder vielmehr Bürde, hier am Verfluchten Berg die Neugierigen zu warnen, die sich der Herausforderung ihrer Dunklen Seite stellen wollen. Dazu trägt sie einen Armreif, mit dem man wohl in die Vergangenheit reisen kann, um bestimmte Momente noch einmal zu durchleben. Es ist dieser Armreif und seine Magie, die Beorn und Belaska erhalten haben, jedenfalls eine Ladung, während Morwenas Reif selbst unzählige Ladungen des Zaubers zu tragen scheint. Wenn sie Sehnsucht habe würde sie den Armreif benutzen aber ich werde den Eindruck nicht los, dass sie sich damit geißelt.
Es hat einige Momente gedauert, bis sich herauskristallisiert hat, wer in die Höhle im Berg gehen würde. Ich selbst habe keinen Grund, mein Leben für irgendetwas zu gefährden, auch weil ich Mutter werde, aber vor allem weil ich mir nicht vorstellen kann, was meine dunkle Seite ist und entsprechend nicht sagen kann, was mich erwarten würde.
Am Ende waren es Chalomir, Valvavin, Raluf und Ilcaryon, die sich der Aufgabe stellen wollten, während wir anderen uns einen Platz an Morwenas Feuer gesucht haben. Kurz sah es so aus, als würden Milene und ich in einen heftigen Streit geraten, was sich jedoch zum Glück rasch auflöste, als wir wahrnahmen, dass wir uns nur selbst unter Druck setzten, diese Situation für uns und für andere zu lösen – es ging darum, ob wir anderen würden bei ihrer Aufgabe im Berg helfen können. Da half es aber sicherlich deutlich mehr, dass Schwester Shaya die vier mit einem Glückssegen des Phex bedachte, obwohl es ihr sichtlich schwer fiel.
Die vier verschwanden im Eingang und so hieß es für uns warten.
Der erste, der wieder aus der Höhle heraus stolperte, war Valvavin. Er berichtete, dass er ein böses Ebenbild getroffen habe, welches angedroht hatte, seinen Otter zu töten. Daraufhin war ein erbitterter Kampf entbrannt, den der Elf nur mit Not für sich entscheiden konnte, soweit ich es sagen kann.
Schwieriger hatte es da Chalomir, denn sein boshaftes Ebenbild nutzte Gift, um sich seiner zu entledigen. Ich wusste gar nicht, dass der Tulamide in der Lage ist, solche Alchemie zu betreiben. Allerdings kommt er aus Fasar, was nicht unbedingt dagegen oder für ihn spricht. Chalomir tauchte von einer dem Kliff zugewandten Seite am Feuer auf nachdem er seinen Kampf knapp für sich entschieden hatte. Es bedurfte aber eines Klarum Purum, den ich zur Sicherheit erzwang, um ihn zu entgiften, sodass er überlebte. Was wohl passieren muss, dass er sich seiner Fähigkeiten als Giftmischer bedient?
Den meiner Meinung nach härtesten Kampf in der Höhle hatte wohl aber Ilcaryon, der aus dem Dunkel mit einem Pfeil des Erzes angegriffen wurde, der ihn beinah umgebracht hätte. Nicht nur er bedurfte eines Heiltrankes, um den Schock zu überwinden und in den Kampf zu gehen, denn sein Kontrahent hatte noch mit einem Fulminictus nachhelfen wollen und war dann sichtlich überrascht gewesen, dass sein Ebenbild nicht so schnell aufgab. Als Ilcaryon die Höhle verließ und zu uns zurückkam, zitterte er am ganzen Leib – vor Überraschung, vor Aufregung aber sicher auch vor Furcht. Er war so aufgelöst und froh, diesen Teil hinter sich zu haben, dass er jeden der Mannschaft erleichtert, noch am Leben zu sein, umarmte.
Raluf schließlich hielt es knapp mit seiner Beschreibung des Kampfes als er angeschlagen zu uns getaumelt kam. Der andere war fies gewesen und wäre ausgewichen (statt es zu nehmen wie ein Mann – wie der Hüne uns am Anfang der Fahrt schon seine Meinung dazu kundgetan hatte). Darüber hinaus war Raluf nicht einmal in den Sinn gekommen, seinen Heiltrank zu trinken, um diesen Zweikampf zu bestehen.
Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass die vier Narren es überstanden haben. Wahrscheinlich aber hoffe ich vergebens, dass sie etwas daraus gelernt haben. Und wenn ich mir überlege, zu was ich selbst alles in der Lage bin, sowohl kämpferisch als auch magisch, dann bin ich sehr froh, nicht in diese Höhle unterm Verfluchten Berg hinein gegangen zu sein, denn es hätte gewiss eine Möglichkeit davon gereicht, mich zu töten. Und wenn ich Milene in die Augen sehe geht es ihr höchstwahrscheinlich ebenso. Was mich im Gegenzug sehr stolz macht ist, dass der Rest der Mannschaft vernünftig war und nicht der Neugier nachgegeben hat. Für heute Nacht haben wir unser Lager hier aufgeschlagen und vielleicht hat der ein oder andere doch etwas, worüber er nachdenken oder sprechen muss, jedenfalls höre ich Ilcaryon und Rowena abseits reden.
179. Tag auf den Inseln
Auf dem Weg hierher sind uns ein paar Luft- und Wasserdschinne begegnet, die wie so oft spielen wollten und ich habe gern mitgemacht, auch wenn es bedeutet hat, dass ich aus etwa zehn Schritt Höhe ins Wasser fallen gelassen wurde und meine Axt dabei verloren habe. Dafür habe ich den Luftdschinn überredet, einen Abstecher nach Bardibrig zu machen und uns ein paar grobe Informationen zur Stadt zu liefern. Und ein Wasserdschinn hat mir freundlicherweise meine Axt für etwas Kraft zurück gebracht. Ich weiß wirklich nicht, was ein Großteil der anderen hat. Meinen sie wirklich, sie wären zu alt für Spaß? Vielleicht sollte ihnen jemand mal einen Streich spielen…
Jedenfalls sind wir jetzt auf Bardibrig und haben den Katamaran etwas weiter weg von der Stadt an Land und in den Schutz einer Weide gezogen. Ich habe ein wenig mit einem Haselbusch nachgeholfen was die Deckung durch den Baum angeht. Und während wir die Füße stillhalten, ist Valvavin los, um uns einen Eindruck von der Stadt zu verschaffen, die ganz nebenbei sein Zuhause ist. Die Informationen des Luftdschinns waren jedenfalls nicht sehr inhaltsreich aber auch Valvavin hat nicht sonderlich viel herausgefunden, sodass am Nachmittag unsere Elfen, also wieder Valvavin, Ilcaryon, Caradel und Swelfa, noch einmal los sind, um vielleicht doch noch herauszubekommen, wo die Taubralir aufbewahrt wird.
Der Abend ist aber auch unbefriedigend verlaufen. Während Valvavin beschlossen hat, in der Stadt bei seinem Clan zu nächtigen, brachten die anderen drei uns die Information, dass ein Baumboot im Hafen läge, mit dem eine Elfe namens Lynissel die Blitzeschleuderin unterwegs wäre. Schwer zu sagen, ob sie freiwillig hier ist oder auch wie Salabal festgehalten wird, während man die Dryade erpresst.
180. Tag auf den Inseln
Am Morgen hat Valvavin vom Palast seines Clans aus einen Rundflug über die Stadt gestartet, um abermals nach der Taubralir zu suchen und für uns hilfreiche Informationen zur Bewachung in der Stadt zu sammeln. Viel mehr als ein Bild der Stadt von oben hat es leider wieder nicht gebracht, sodass wir, Valvavin und ich, mittags einen neuen Plan ersonnen und ein Tier gerufen haben. Der Delphin erhielt den Auftrag, vorsichtig das Hafenbecken und vor allem den Kriegshafen nach einem weißen Schiff abzusuchen. Wie er Valvavin schließlich mitteilte, als er nach Stunden zurückkam, liegt unser Schiff in einem Bootshaus des Kriegshafens, das wir mithilfe des Tieres identifizieren konnten. Nun, da wir wissen, wo sich die Taubralir befindet, können wir endlich planen, sie uns zurückzuholen.
Dafür gehen Ilcaryon, Valvavin, Caradel und ich in die Stadt. Wir geben vor, Flüchtlinge von Pwyll zu sein, während Valvavin einen heimischen Besuch macht. Es ist lustig mit Caradel, der sich als Ledarac ausgibt um nicht erkannt zu werden, unterwegs zu sein. Ich mag seine pragmatische Art, die die Menschen vermutlich nie verstehen würden, wo es doch mir noch schwer fällt, ein paar Jahre als kurze Zeit zu sehen. Man hat uns beide in eine Art Palast für Flüchtlinge gesteckt. Ich habe gesagt, ich wäre hier, um bei den Vislani vorzusingen und somit den Clan zu wechseln. Und natürlich frage ich mich, ob ich sie beeindrucken könnte. Es kribbelt in meinen Fingern, wenn ich nur daran denke aber sie würden zu schnell erkennen, dass ich kein Hochelf bin. Bei einem Spaziergang haben wir zumindest herausgefunden, dass im Kriegshafen immerzu zwei Vislani unterwegs zu sein scheinen, die jeder fünf Geisterkrieger dabei haben. Hinzu kommt ein weiteres Dutzend dieser magischen Rüstungen, das wohl Wache steht.
Derweil hat Valvavin Ilcaryon als seinen Freund ausgegeben und sie sind im Palast seines Clans verschwunden. Ich denke sie sind so etwas wie Ackerbauer und Viehzüchter. Allerdings gab es Probleme nachdem die beiden keine guten Lügner sind. Sie hätten sich wohl vorher mehr Details ihrer Geschichte zurechtlegen sollen. Immerhin fiel keine Schuld auf Valvavin als Ilcaryon als Eindringling enttarnt wurde und floh. Sein Clan geht vielmehr davon aus, dass Valvavin ein Opfer ist und von Ilcaryon benutzt wurde, um in die Stadt zu kommen. Die Vislani suchen ihn überall.
Dabei hat Ilcaryon sich mit einem nicht ganz freiwilligen Sprung von einem der Balkone des Palastes in die Bäume und Büsche gerettet, der jedoch nicht unbemerkt blieb. Schließlich also hat er sich in die Erde zurückgezogen und fand es da so lauschig, dass er beschloss, vorerst nicht wieder herauszukommen.
Während wir uns in der Stadt umgesehen haben, hatte Milene endlich Gelegenheit, einen der Geisterkrieger zu analysieren. Es handelt sich bei ihnen um Artefakte, dich sich mittels eines hoch komplexen Animatios bewegen und sogar komplexe Bewegungsmuster ausführen können. Nicht viel später ist der Rest der Mannschaft aufgebrochen, um sich wie verabredet mit Beorn zu treffen.
Unterwegs sind sie auf ein paar Seeelfen gestoßen, die ihnen von einer untermeerischen Süßwasserquelle berichten konnten. Gemeinsam mit Beorns Flotte haben sie diese aufgesucht, auch wenn nur Chalomir einen Tauchgang gewagt hat. Im süßen Quell Sprudel hat er schließlich Muscheln entdeckt und mit nach oben gebracht, um sie zu knacken. Und tatsächlich konnte er in einigen wenigen kirschrote Perlen finden, die hoffentlich unsere „pupur‘ Frucht vom süßen Schlund“ sind.
Schwierig war nur, dass just der Tiburun sich blicken ließ als Chalomir unter Wasser war und „erntete“, während die anderen oben natürlich mit ihren Schiffen das Weite gesucht haben. Doch es ist nicht viel mehr passiert als das der Tiburun am Riff eine große Schuppe verloren hat, als er die Kante etwas Schroff nahm. Chalomir hat sie mitgebracht. Insgesamt konnte er mutig drei der Perlen erbeuten.
181. Tag auf den Inseln
Nachdem Caradel mich am Morgen vor meiner Neugierde, bei den Vislani vorzusingen, bewahrte, haben wir uns auf die Suche nach Ilcaryon gemacht. Seine Spur hat uns an den Punkt geführt, an dem er in die Erde eintauchte. Nachdem er sich zumindest besann, sich via Gedankenbilder - in der speziellen Variante von Shadruels Leuten - bei uns zu melden, konnten wir ihn zu uns locken und Caradel verabreichte ihm eine Lektion, die er so schnell nicht vergessen wird: er beendete Ilcaryons Zauber, einen Leib der Erde, noch während der Elf in ebendieser steckte. Ich bin gewarnt, so etwas nicht zu versuchen, denn ich möchte keine Erdklümpchen husten und niesen, während ich wie ein erweckter (Un)Toter aus der Erde herausbreche. Da war keine elfische Eleganz mehr an dem Auelf aber wir hatten ihn wieder.
Mit unseren wenigen Sachen haben wir uns am Mittag banal oder mittels Magie in ein Lagerhaus im Hafen geschlichen. Der Unsichtbare Jäger ist zweifellos ein Zauber, den ich noch oft nutzen werde. Uns blieb die Zeit, um zu schlafen oder zu meditieren oder beides, bis wir schließlich unser Versteck verließen, um einen zuvor besprochenen Plan durchzuziehen: Zuerst ein Unitatio mit größerer Reichweite, dann ein Wasseratem von Ilcaryon für jeden. So sind wir durchs Hafenbecken und in den Kriegshafen getaucht. Dort haben wir das Wasser erst in dem Bootshaus, in dem uns die Taubralir mit ihrem hellen Bug begrüßte, verlassen. Ilcaryons Versuche, mehr zu erkennen, hätten uns beinah auffliegen lassen. Doch der Elf war sehr schnell darin, die beiden wachenden Vislani, die in einer sehr kleinen Variante des Schiffes saßen, einschlafen zu lassen, während Caradel die Verständigung mit ihren Wachen oder anderen Vislani unterbrach.
Jedoch nahm es Zeit in Anspruch, das Schiff zu trocknen und schrumpfen zu lassen, sodass uns auch der Silentium nicht vor der Patrouille schützte. Doch auch diesen Vislani schalteten wir schnell aus und Caradel ließ seine Geisterkrieger mittels Bewegung stören zusammensacken. Immerhin verbarg der Silentium den Krach, auch als wir alles ins Bootshaus schleiften. Zuletzt wollte ich noch einen der Vislani zu der Sternenträgerin und dem Baumboot befragen. Allerdings wurde sehr schnell klar, dass der Elf nichts sagen würde. Er schaffte es irgendwie, Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, sodass Caradel ihn fast ertränkt hätte. Ich glaube ich habe sein Leben gerettet als ich meinte es wäre genug, nachdem der Vislani mit dem Kopf im Wasser nicht mehr zappelte. Jedoch war es höchste Zeit, aufzubrechen.
Ilcaryon ging in die Gestalt des Hippogreifs und schulterte Caradel nebst der Taubralir in dessen Armen. Ich wurde zum Blaufalken und Valvavin zum Albatros. Es war knapp, Pfeile zischten uns hinterher. Aber als wir aus dem Bootshaus in Richtung See aufbrachen sollte den Vislani endlich klargeworden sein, dass wir keine einfachen Leute sind. Ich hatte eine scheiß Angst aber zugleich war ich so unglaublich stolz auf uns, das hier geschafft zu haben. Und mit jedem Höhenmeter fühlte ich die Freiheit zurückkehren, dieses Reich hier verlassen zu können, wann immer wir es wollen würden und, noch wichtiger, unsere Aufgabe nun endlich vollbringen zu können.
Als wir auf dem Schiff von Beorn landeten wie Helden, war die Wiedersehensfreude entsprechend groß. Nur einer fehlte: Valvavin. Irgendwo mussten wir den Albatros verloren haben. Zunächst aber ließen wir unsere Taubralir zu Wasser und bemannten sie wieder. Beorn, ein paar seiner Leute und Shadruel schlossen sich uns an, das Zauberschiff zu bemannen. Mit etwas Abstand zu Bardibrig verbrachten wir eine erholsame Nacht und würden am nächsten Morgen nach Valvavin suchen.
182. Tag auf den Inseln
In der Früh ist Ilcaryon losgezogen, um Valvavin zu suchen. Er hat ihn auf Bardibrig gefunden und zu uns gebracht, hatte sich wohl verflogen. Wir haben uns dann mit der Flotte von Wilden unverzüglich auf den Weg zur Verlorenen Insel gemacht und gehen seither die Vorbereitungen durch. Die Reise wird eine Weile dauern, sodass wir planen.
192. Tag auf den Inseln
Die Elfen haben in Adlerschwinge die Insel soweit ausgekundschaftet, wie ihnen möglich war. Neben dem Turm des Schlangenkönigs, in dem wir den Kessel vermuten, haben sie Felder gefunden, auf denen Elfen als Sklaven arbeiten. Unsere Taktik sieht daher vor, dass Beorn mit den Wilden versuchen wird, bis zu den Feldern vorzurücken, um zumindest einige der versklavten Elfen zu befreien. Dabei will er so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass mit etwas Glück der Schlangenkönig seinen Turm verlässt, um dem Kampf beizuwohnen. Wir werden derweil erst am zweiten Tag der Kämpfe aktiv werden, um zum Turm zu gelangen. Die Option, dorthin zu laufen, haben wir aufgrund des schwierigen Geländes verworfen. Im Turm wollen wir dann in der Nacht das Kessel-Ritual durchziehen, das heißt Caradel und Shadruel werden das, während wir sie bewachen. Wenn alles gut geht, kehren wir am Morgen des dritten Angriffstages zurück und setzen die Taubralir aufs Wasser, um zu entkommen. Beorn wird dann seinen Angriff abbrechen, um sich mit uns auf See erneut zu treffen.
194. Tag auf den Inseln
Beorn hat am Morgen seinen Angriff gestartet. Wir haben uns allerdings schon zuvor von der Flotte abgesetzt und steuerten einen anderen Strandabschnitt der Insel an. An Land haben wir uns zurückgezogen und versteckt und warten auf den Abend. Auch die Leichen von Eigor und Horatio sind bei uns, ebenso wie die Taubralir und die Ausrüstung, die wir nicht auf einem von Beorns Schiff zurückgelassen haben. Viel sollten wir allerdings nicht brauchen.
Am Abend habe ich einen Dschinn beschworen – oder beschwören wollen – damit er uns zum Turm bringt. Allerdings war die Vorbereitung vergebens, denn statt dem Erscheinen eines Dschinns setzte ich uns der Gefahr zahlreicher Mindergeister aus, als mein Zauber schiefging. Immerhin war Ilcaryon so geistesgegenwärtig, uns hinter einem Nebel am Strand zu verstecken, sodass die Echsen uns nicht entdeckten als die Feuerwesen einen Teil der Ausrüstung in Brand steckten. Zu unserer Überraschung hat ausgerechnet Abdul uns gerettet indem er einen Zauber, den man glaube ich Aerofugo nennt, wirkte und so das Feuer und die Mindergeister erstickte. Von dem Schreck mussten wir uns erst einmal erholen und haben daher die Abreise via Dschinn auf morgen verschoben. Zum Glück haben wir ein Zeitfenster für solche Eventualitäten. Aber ich schäme mich, dass ausgerechnet jetzt so etwas passieren muss!
195. Tag auf den Inseln
Am Morgen ist mir die Beschwörung eines Luftdschinns, den Zwölfen sei Dank, gelungen. Wir haben ihn dazu bewegt, alle bis auf unsere Flieger und die Leichen an einen Ort nahe des Turmes des Schlangenkönigs zu bringen. Ilcaryon hat die Leichen als Hippogreif, begleitet von Valvavin, getragen. Unterhalb des Turmes haben wir uns recht rasch in die Büsche geschlagen und für den Tag versteckt. Es war nicht einfach, Abdul ruhig zu halten und keine Aufmerksamkeit der immer wieder patrouillierenden Fluggeschöpfe auf uns zu lenken.
Erst am Abend haben wir uns daran gemacht, den Hang bis zum Turm hinaufzuklettern, wo wir fast aufgeflogen wären. Ich habe es aufgegeben, mich zu verstecken, und nutzte den Unsichtbaren Jäger. Den Zauber mag ich und werde ihn bestimmt noch oft nutzen. Na jedenfalls habe ich uns dann ein Loch in die Mauer geformt, Metamorpho Felsenform, als wir den Fuß des Turms erreichten, während Valvavin mit einem Exposami herausfand, auf welcher Etage uns wie viele größere Lebensformen erwarten würden. Im Erdgeschoss, wo wir herauskommen würden, waren es zwei. Doch zunächst bedurfte es Asleifs Überredungskünste, mich in den Turm hinein zu bewegen. Ich hasse diese Enge in der man kaum atmen kann. Und als ich mir endlich genug Mut oder Gleichgültigkeit angetrunken hatte, hatte Ilcaryon bereits die beiden Achaz in einer Art Küche außer Gefecht gesetzt. Wir machten uns also auf den Weg nach oben, während Milene und Valvavin von unten mit je einem Silentium dafür Sorge trugen, dass wir nicht so schnell entdeckt werden würden.
In der nächsten Etage erwartete uns zwischen Aufgang und Kammer nur ein Vorhang, den wir rasch beiseite schlugen. Neben einer Wache fanden wir so etwas wie Tsa-Priester oder Brutpfleger bei einigen Eiern, die sich schützend vor sie stellten. Valvavin und ich blieben zurück, um die Achaz hier ruhig zu halten, während die anderen weiter nach oben drängten. Irgendetwas lief wohl anders als geplant, denn oben lieferte sich Ilcaryon einen Kampf mit einer Wache auf der Treppe, wie später berichtet wurde. Als die Wache überwunden war, stolperte Ilcaryon durch einen Vorhang, in dem er eine Wache und eine Echse sah, in der er glaubte den Schlangenkönig zu erkennen: vier Arme, behangen von Edelsteinen und Artefakten. Doch ehe er etwas unternehmen konnte, baute sich vor ihm eine stürmische Wand auf, die weder Pfeil noch den Elf hindurchließ.
Einen Moment später erschien bei Valvavin und mir im Raum eine Echsengestalt, die Ilcaryon eben oben gesehen hatte. Ich muss zugeben, dass ich erschrak und schon fast Golgari erwartete, nachdem Valvavin und ich allein waren. Doch statt des erwarteten Kampfes zog der Schlangenkönig zwischen seiner Brut und uns eine magische Wand aus Stein, die uns ein weiteres Vorgehen hier unmöglich machte. Also schlossen wir schleunigst zu den anderen auf, immer die Treppe hinauf. Irgendetwas musste auch bei Beorn anders laufen als geplant, denn andernfalls hätte der Schlangenkönig nicht hier sein sollen.
In der nächsten Etage, wo wir die anderen trafen, erwartete uns im Vorraum eine Art Bibliothek und erstmal seit dem Erdgeschoss wieder eine Tür in den angrenzenden, größeren Raum. Und während die anderen in das angrenzende Zimmer vorrückten, sahen Milene und ich uns eilig in den Reihen von Büchern und Schriftrollen um, bis ich schließlich recht wahllos eine davon herauszog. Doch in dem Moment, in dem ich sie öffnen uns ansehen wollte, ging ein brennend heißer Schmerz auf mich nieder und steckte nicht nur mein Haar in Brand. Die Schriftrolle war gesichert gewesen! Dass sie jetzt in meiner Hand ebenso verbrannte wie meine Haut interessierte mich recht wenig als ich aufschrie. Hesinde sei Dank begriff Milene sehr schnell, was vor sich ging, und erstickte die Flammen mit einer Decke, ehe wir zu den anderen in das große Zimmer hechteten und diese die Tür verbarrikadierten.
Die fragenden Blicke bemerkte ich nicht, sondern heilte mich zunächst konzentriert, um dem Schmerz zu entkommen. Als ich damit fertig war, war der Raum bereits untersucht und gesichert. Es handelte sich tatsächlich um den Kesselraum, wie das riesige Artefakt in der Mitte deutlich machte. So hatten wir ihn in der Legende vom Kesselraub gesehen. Caradel und Shadruel fackelten nicht lange, sondern begannen das Ritual, während die Leichen zunächst am Rand des Raumes verstaut worden waren. Milene analysierte Kraftlinien, die durch drei der insgesamt sechs großen Buntglasfenster hier verliefen und laut der Hochelfen Voraussetzung dafür waren, dass das Ritual funktionieren würde. Wir verteilten uns im Raum, sodass wir möglichst Hochelfen und Taubralir würden schützen können. Ich erbat mir die Zeit, alsbald meditieren zu können, um wieder zu astralen Kräften zu kommen.
Es dauerte eine ganze Weile, die man uns wohl in Ruhe ließ, um sich zu überlegen, wie man uns loswerden konnte und währenddessen ich meditierte. Dann, plötzlich, begannen viele der Waffen Rost anzusetzen und vor unseren Augen so weit zu korrodieren, dass sie beim ersten Versuch, damit zu kämpfen, wohl zerbröckeln würden. Neben meiner Streitaxt gehörten auch Asleifs Schwert Fenris und die gespannten Bögen von Phanta und Ilcaryon dazu, ebenso wie Rowenas Waffe und weitere. Indiras Säbel hingegen konnte Milene mehr oder weniger rasch mit einem Adamantium vor diesem eisenrostartigen Zauber retten. Übergangweise formte ich aus Stein Waffen für Asleif und Rowena, ansonsten teilten wir auf, was noch da war, sodass sich jeder würde verteidigen können. Mein ungespannter Bogen und Dolche wirkten wohl nicht bedrohlich genug, um von dem Zaubereffekt betroffen zu sein.
Es folgte eine Zeitlang Ruhe, ehe auf eine knappe Warnung hin auf einmal kleine Schlangen im Raum erschienen, die auch Caradel und Shadruel angingen. Letzterer schrie auf, als er von dem giftigen Tier gebissen wurde. Caradel schlug hingegen unbeherrscht eines der Tiere von sich weg ehe wir alle erschlagen konnten. Uns war klar, dass jede Unterbrechung des Rituals schlecht für die Wiedererweckung unserer Freunde war, da die Hochelfen uns erklärt hatten, dass sie hoch konzentriert und möglichst ununterbrochen von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang bleiben mussten.
Das nächste Opfer einer Störung war Ilcaryon, auf den alsbald ein Beherrschungszauber gewirkt wurde, sodass er den Schlangenkönig für seinen Freund hielt und unbedingt zu ihm gehen und mit ihm sprechen wollte, um diesem den Umstand unseres Hierseins zu erklären. Wir hielten ihn davon ab, die verbarrikadierte Tür frei zu räumen und setzten ihn fest. Unsere Versuche, die Beherrschung zu brechen, fruchteten leider nicht, sodass wir gezwungen waren, den Zauber auszusitzen. Immerhin dauerte dies nicht allzu lange und es passierte in der Zwischenzeit nicht noch etwas anderes.
Doch kurz nachdem sich die Lage wieder einigermaßen entspannt hatte, soweit das hier überhaupt möglich war, tauchten hübsche Schmetterlinge im Raum auf, die mir irgendwie bekannt vorkamen, wie einigen anderen auch. Aber noch bevor wir sie warnen konnten, starrten Chalomir, Ilcaryon und auch Shadruel auf die Ikanariaschmetterlinge, wie sie genannt werden. Diese verursachen beim Betrachter einen lethargischen Zustand, wie wir anhand der drei miterleben konnten, während es andere wie Raluf rechtzeitig schafften, ihren Blick in eine andere Richtung zu wenden.
Jedoch noch bevor wir etwas unternehmen konnten, schraken wir zusammen, als die Glasfenster barsten, da durch jedes unvermittelt ein Maru hereinsprang und uns angriff. Die verbliebenen Kämpfer mit Waffen machten sich daran, die neue Gefahr abzuwehren, während andere versuchten, die Ikanariaschmetterlinge zu eliminieren, damit unsere lethargischen Kämpfer sich auf die eigentliche neue Gefahr konzentrieren konnten aber auch, damit sie Caradel und Shadruel nicht von ihrem Ritual abbrachten. Zumindest das gelang recht bald sodass wir uns an allen sechs Fenstereingängen formieren konnten, um die Marus abzuwehren, hinter denen bereits weitere standen, wie wir feststellen mussten. Schlimmer noch kamen hinter den von uns erschlagenen Marus recht bald Kobraflugechsen hervor, die größer und weit zahlreicher aber vor allem für uns unbekannte Gegner waren. Es entbrannte ein harter Kampf, in dem sich vor allem Raluf hervortat. Mehr als drei solcher Kobraflugechsen erschlug er, mindestens eine davon sogar mit nur einem Schlag! Allerdings auch alle anderen Kämpfer schlugen sich wacker und so erschlugen wir am Ende über dreißig dieser Kreaturen zu den neun Marus hinzu, die ich zählte. Viele davon wurden einfach nach hinten zurückgezogen von unseren Angreifern, um weiteren Kämpfern Platz zu machen. Schwer schnaufend und Blutbespritzt hatten wir uns ein Durchatmen mehr als verdient nur befanden wir uns auf feindlichem Terrain und waren selbst die Eindringlinge – schwer zu sagen also, wie lange man uns Ruhe gönnen würde bis zum nächsten Versuch, uns auszulöschen.
Vom Kampf Beorns zur Ablenkung indes bekamen wir nichts mit, versäumten es aber immerhin nicht, den Flugwesen ihren Halsschmuck abzunehmen: Ketten mit je einem zentralen Edelstein, von denen sich Valvavin unbedacht direkt eine umlegte. Ich erschrak vor seiner Naivität und fühlte mich mit einem Schauer den Rücken hinauf kriechend an etwas das vor Jahren in Gareth geschah erinnert. Damals hatte ich mir eine Kette – Beute von einem erschlagenen Gegner – umgelegt. Ich erzählte Valvavin, was mir damals geschehen war: ein Mann hatte uns auf der Straße aufgelauert, um uns zu töten. Doch wir erschlugen den sich ach so überlegen fühlenden Krieger und ich nahm das hübsche Kleinod an mich, um es sogleich anzulegen. Unvermittelt vernahm ich eine Stimme in meinem Kopf – ich hätte ein viertel Stundenglas Zeit, um mich meiner Freunde zu entledigen oder ich würde sterben. Es war der Herr der Rache, der mich heimsuchte, den wir jüngst um eine Paktiererin erleichtert hatten. Sie wollte dem Pakt entkommen, hatte Hilfe bei einem Phextempel erbeten und so hatten wir sie in die Stadt des Lichts gebracht – drei Magiebegabte am ersten Namenlosen Tag. Nun ja. Ja. Ich kann von Glück sagen, dass ich noch lebe, da einer meiner Begleiter ein magisches Bannschwert bei sich führte, von Berufs wegen, und der andere ein guter Heiler ist. Andernfalls hätte mich diese kleine Unbedachtheit wohl das Leben gekostet. Meror zerschnitt die Kette und Mandrion flößte mir einen Heiltrank ein. Ich hoffe derweil, dass der Herr der Rache das nicht persönlich nimmt und mich vergessen hat. Und ich hoffe meine kleine Anekdote war Valvavin eine Lehre, nicht so unachtsam mit Artefakten umzugehen deren Wirkung er nicht kennt.